23.12.08

Jahreswechsel

Das Administrative vorneweg: Heute ist mein letzter Tag im Büro, dann sind wir bis zum 7. Januar hochoffiziell auf Weihnachtsurlaub. Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern, allen KundInnen und ParterInnen von kreisrot schöne Feiertage und einen guten Start ins Jahr 2009. Wow, übernächstes Jahr klingt dann schon schwer nach Science Fiction ...

Ich nutzt die Gelegenheit für einen ganz persönlichen Jahresrückblick. Der Start ins Jahr 2008 war heftig: Umzug ins neue Büro und gleichzeitig ein Jahresbericht von 100 Seiten fertigzustellen. Ich war insofern sehr zufrieden, als wir uns selbst bewiesen haben, dass gerade unter Druck sehr viel weitergeht und die kreativen Säfte nur so fließen. Ich greife noch zwei weitere Projekte des Jahres heraus, weil sie ganz besonders befriedigend waren: enzo velo und Mixed Pasta (deren Website noch nicht wirklich soweit ist). Besonders befriedigens aus mehreren Gründen. Erstens saßen beide Kunden in meinem Unternehmensgründungsprogramm-Workshop und waren offenbar sehr überzeugt von dem, was ich den GründerInnen mitzugeben versuche. Zweitens waren beides Kunden, die uns als Partner und Berater akzeptiert und geschätzt haben (was vielleicht mit dem ersten Punkt zu tun hat). Drittens sind wir mit den Resultaten sehr glücklich (was sicher mit dem zweiten Punkt zu tun hat). Und viertens sind beides reale Geschäfte, womit sich unsere Ideen ganz greifbar in den Straßen Wiens manifestieren. Eine feine Sache!

Es gab aber auch weniger erfreuliche Dinge. Das durch die EURO verlängerte Sommerloch war heftig. Wir sind zudem zu mehreren Pitches eingeladen worden, haben uns gut geschlagen aber keinen einzigen gewonnen. Klar müssen wir uns da selbst an der Nase nehmen, mit besseren Ideen und Argumenten hätten wir vielleicht den ersten Platz geschafft. Klar ist aber auch, dass wir aus Sicht der potenziellen Kunden teilweise einfach zu klein waren. So angenehm es ist, im Mini-Team zu arbeiten und keine fetten Strukturen aufrecht erhalten zu müssen, so sehr stößt man manchmal einfach an Grenzen. Kleines Büro heißt halt oft auch kleine Jobs.

Und ganz am Ende dieses Jahres klopft nun auch die Weltwirtschaftskrise (ich darf sie wohl mittlerweile so nennen) an unsere Tür: Ein von uns auf der grafischen Seite mitgestaltetes Finanzprodukt ist dieser Tage eingestellt worden. Auch wenn wir daran keinen Anteil hatten – es tut weh. Gleichzeitig bin ich überzeugt, dass die Krise gerade im nächsten Jahr den Bereich der Dienstleister stark treffen wird, zu dem wir selbst und viele unserer Kunden gehören. Umgekehrt glaube ich aber auch, dass die Design-Branche weniger leiden wird als die Werbung. CI/CD lebt weder vom schnellen Geld noch vom schnellen Effekt, sondern von der langfristigen strategischen Planung. Es fragt sich nur, ob die Strategen in den Unternehmen angesichts der dauernden Feuerwehraktionen in den kommenden Monaten überhaupt Gehör finden werden.

Nun, wir leben in aufregenden Zeiten. Man darf gespannt sein, was das Jahr 2009 bringt.

4.12.08

(Un)Wort des Jahres

Es darf mal wieder gewählt werden. Nicht ganz anonym und dennoch im Internet. Dieses Mal geht es um Sprache, aber die politische Wahl hat ziemliche Spuren hinterlassen: Einige Wortschöpfungen sind wohl direkt den Spin-Doctors dieses überhasteten, etwas seltsamen Wahlkampfs entsprungen. Mir fällt besonders auf, dass die Grenze vom Wort zum Unwort des Jahres sehr, sehr fließend ist. Und manchmal hätte ich gerne zwei Stimmen gehabt. Aber egal, hier die Nominierten mit meinem Senf dazu.

Zum Wort des Jahres sind nominiert:

Ameisenrunde
Eine mäßig originelle Wortschöpfung. Obwohl das Thema Fernsehwahlkampf heuer doch erstmals interessant war, insofern als sich die Konkurrenten des ORF etwas haben einfallen lassen – und die Politiker sich darauf teils nur widerwillig oder gar nicht eingelassen haben.

Casinokapitalismus
Für mich nicht neu, sondern seit Jahr und Tag mit dem Schweizer Kapitalismuskritiker Jean Ziegler verbunden, der momentan natürlich wieder stark gefragt ist, wie kürzlich im Club 2, wo die Mitdiskutanten seinen leidenschaftlichen, informierten und polemischen Tiraden wie im Schockzustand gefolgt sind. Großes Kino.

Ego-Googeln
Touché. Ich liebe Ego-Googeln und verkünde immer wieder mal gerne, dass ich im Internet berühmt bin. Immerhin irgendwo, gell? Sollte das Wort gewinnen, dürfte eine gewisse Firma mit Markenrechten an diesem Namen nicht erfreut sein. Wenn eine Marke zu stark Eingang in den täglichen Wortschatz hält, können Schutzrechte verloren gehen.

Europhorie
Ist ja wohl hoffentlich ironisch gemeint? Ich bin davon überzeugt, dass die Euro08 für die Gesamtwirtschaft unterm Strich negativ ausgefallen ist. Und damit meine ich nicht die Wirte in der Fanzone, die eben willig einer blinden Europhorie zum Opfer gefallen sind. Ich meine Unternehmen wie unseres, die das traditionelle Sommerloch um vier Wochen verlängern mussten, weil sich zur Euro kein Mensch vom Fernseher weg bewegt hat. UNWORT!
Fremdschämen
Mein absoluter Favorit. Keine Ahnung, wer es erfunden hat, aber der Ausdruck war dringend notwendig für all jene Situationen, wo man vor dem Fernseher sitzt und denkt: «Schleichts euch von der Kamera weg!» Reality TV hat also doch sein gutes, zumindest lexikalisch.

Krocha
Ja, sehr Zeitgeistig. Man ist stolz, auch mal Ursprung einer Jugendkultur zu sein, selbst dieser. Die Medien gierten danach.

Lebensmensch
Zweiter Favorit. Wo ist eigentlich der Begriff «Nebenwitwe» (Copyright Misik) abgeblieben?

Stammhirnwähler
Ist an mir vorbeigegangen.

Teflonpolitiker
Gegenstück zum Goretex-Schüler, an dem alles Wissen wie Wasser abperlt.

Wachteleierkoalition
Danke, VdB, da hast du uns ein Schmuckstück hinterlassen. Würde gerne wissen, wer sich das ausgedacht hat.

Zum Unwort des Jahres sind nominiert:
Asylanten-Sonderanstalt
Interessant, dass fast alle Unwörter einmal mehr aus dem Themenkreis der Fremdenfeindlichkeit kommen. Überrascht mich allerdings nicht.

Ausgrenzungsfetischismus
Schön lang ist auch schön. Einfach vergessen.

Bankster
Immer gute Kandidaten für Unwörter: Wortspiele, die nicht recht funktionieren wollen.

Gewinnwarnung
Euphemismen schaffen es auch gernen ins Ranking. Das Wort hat Chancen, ist es doch Ausdruck der Haltung, die uns in diese Wirtschaftskrise geritten hat.

Heimatpartei
Eigentliches Unwort: Der Zusatz «sozial,» den sich gleich mehrere Parteien auf die Fahne geschrieben haben. Wäre mal spannend, eine völlig asoziale Partei zu gründen.

Kulturdelikt
Frau Fekter, was haben Sie uns angetan? Diese schöne Mischung aus politischer Korrektheit und verholenen Animositäten bringt auch keinen weiter. Delikte sind Delikte, illegal ist illegal. Eigentlich wäre vor dem Gesetz jeder gleich.

Migrationshintergrund
Noch einmal ein schönes Beispiel dafür, wie gut gemeinte Korrektheit zu einem Begriff führen kann, der gleich einen negativen Beigeschmack kriegt. Nun, mein Opa ist nach Kanada emigriert. Ich komme aus der Schweiz. Ein Kulturdelikt?

nachhaltig
Ein absoluter Dauerbrenner. Ich erinnere mich an eine Reihe von Kurzpräsentationen neu gegründeter Firmen. Mein Sitznachbar zu mir: «Wenn jetzt noch einmal jemand 'nachhaltig' sagt, dann schreie ich!»

situationselastisch
Hm. Wie? Ging ebenfalls an mir vorbei.

Vorratsdatenspeicherung
Nun ja, hier hat das Konzept, aber nicht das Wort den Preis verdient. Der Begriff an sich beweist, wie produktiv die deutsche Sprache sein kann. Es ist also durchaus möglich, vollkommen neue Konzepte in einem von Englisch dominierten Bereich deutsch zu benennen.

Abgestimmt werden kann hier. Am 11. Dezember werden die Sieger bekannt gegeben.

18.11.08

Typografie-Tipps 5: Textvorbereitung

Nach der Lektüre unserer letzten Typografietipps mag mancher darauf kommen, dass er/sie/es den Satz eines Textes vielleicht doch lieber einem Profi überlässt. Erst mal: Gute Entscheidung! Wir müssen ja auch leben, unsere Kinder sind hungrig. Aber auch hier gibt es einige Dinge zu beachten, um den Arbeitsaufwand und damit die Fehleranfälligkeit für alle Beteiligten so gering wie möglich zu halten. Das betrifft insbesondere die Zulieferung von Texten und Bildern bzw. Layout-Vorlagen.

Powerpoint-Vorlagen

Powerpointfolien sind zwar anschaulich, bringen fürs Layout aber sehr wenig. Insbesondere dann, wenn die Texte noch dazu in Textrahmen eingebettet sind. Wir können die Texte nicht importieren, sondern muss jeden Textrahmen einzeln per Copy/Paste ins Indesign-Dokument einfügen. In Powerpoint eingebettete Bilder sind fürs Layout wertlos, sie wurden beim Einbetten für Powerpoint optimiert. Schneller und nützlicher sind (durchaus handgekritzelte) Skizzen der einzelnen Seiten Sinne von: Text hierher, Bilder hierher.

Texte

Alle Texte für ein Layout sollten gemeinsam in ein Word- oder TXT-Dokument, und zwar möglichst unformatiert. Das heißt: Bei Überschriften zum Beispiel nicht fette Schrift auswählen, sondern z.B. ### Ü1 ### dazuschreiben, damit wir wissen, was wie zu formatieren ist. Moderne Layoutprogramme können allerdings die Formatvorlagen von Word importieren und ihnen die angepassten Formatvorlagen des Layouts zuweisen. Man kann also auch die Überschrift 1 als «Überschrift1» formatieren, das aber möglichst konsequent. Der Normalfall ist immer noch, dass beim Import eines Textdokuments sämtliche Formatierungen wegfallen.

Der Text sollte einerseits korrekturgelesen sein, denn Korrekturen im fertigen Layout können die Arbeit verdoppeln, wenn es zum Beispiel um die händische Korrektur von Zeilenumbrüchen geht. Andererseits sollte der Text so «sauber» wie möglich sein, also: keine doppelten Leerzeichen, keine doppelten Zeilenschläge (Leerzeilen werden besser mit Abständen vor dem Absatzformat erzeugt, so kann man sie auch anpassen), keine Leerzeichen vor Satzzeichen, keine Textblöcke, keine Tabulatoren, keine Notizen oder nachverfolgten Änderungen. Einfach nur sauberer Text. Den können wir dann unter Umständen mit einem Mausklick automatisiert über die vorgefertigten Masterseiten fließen lassen. Wieder mal Deppenhacken gespart.

Bilder

Sämtliche Bilder sollten als JPG, TIFF oder PSD vorliegen, jeweils mit einer Auflösung von 300 DPI und im Farbmodus CMYK. Beides lässt sich in Photoshop eruieren bzw. einstellen. Bitte nicht wundern, wenn die riesigen 72-DPI-Bilder plötzlich so klein werden. Wir brauchen die hohe Auflösung für den Druck, und die Anzahl Pixel wird bei größerer Auflösung nicht höher. Vierfärbige Bilder sollten übrigens nie als GIF abgespeichert werden, da GIFs nur 256 Farben haben und damit der Großteil der Farbinformation verloren geht. Die Bilder kommen in einen eigenen Ordner, möglichst aussagekräftig benamst und nicht ins Word-Dokument eingebettet. Es gehört zu unseren Job, die Bilder noch etwas zu bearbeiten und fürs jeweilige Druckprodukt zu optimieren. Kleine JPGs aus dem Internet sind aber, abgesehen von den urheberrechtlichen Problemen, kaum je zu gebrauchen; da hilft aller Photoshop-Zauber nichts. Auch hier besser etwas Geld in die Hand nehmen, einen Fotografen engagieren oder in den mittlerweile sehr günstigen Stockfoto-Archiven wie iStockphoto.com hochauflösendes Material einkaufen.

Abgesehen von der möglicherweise aufwändigeren Bildrecherche sollten diese Tipps den Arbeitsaufwand beider seiten nicht erhöhen, sondern drastisch reduzieren. Es ist eine klare Arbeitsteilung: Inhalte und eventuell Skizzen von den Auftraggebern, Layout und Druckvorlagen vom Grafikbüro. Damit kümmern sich beide um das, was sie am besten können und bringen sich entsprechend ein. Eine generell brauchbare Definition guter Teamarbeit.

13.11.08

Typografie-Tipps 4: Flattersatz

In unserem Artikel über Blocksatz könnte der Eindruck entstanden sein, dass der linksbündige Flattersatz die völlig problemlose Alternative ist. Dem ist nicht ganz so. Auch der Flattersatz hat seine Tücken.

Eingesetzt werden kann der Flattersatz praktisch überall: im ein- und mehrspaltigen Satz, für Prosatexte, Lyrik, lange Texte, kurze Texte. Wie beim Blocksatz wird er schöner, wenn die Zeilen lang genug sind. Aber gerade bei kurzen Zeilen ist der Flattersatz absolut notwendig, da diese nur löchrigen Blocksatz hergeben. Abgesehen davon ist die Entscheidung zwischen Flattersatz und Blocksatz vor allem Geschmackssache. Manche mögen das rhythmische Flattern am rechten Rand und die regelmäßigen Wortabstände des Flattersatzes, andere haben lieber die rigiden Rechtecke des Blocksatzes.

Zu den Tücken. Die meisten Textverarbeitungs-Programme und selbst viele Layout-Programme beherrschen den Flattersatz nicht. Sie können eigentlich nur Rauhsatz. Das heißt: Sie füllen die Zeile so weit, bis das Textfenster zu Ende ist. Keine Zauberei, aber eben Rauhsatz, der manchmal wie ein schlecht gemachter Blocksatz aussieht.

Im eigentlichen Flattersatz wechseln sich idealerweise kurze und lange Zeilen ab, und es gibt eine mehr oder weniger breite Flatterzone zwischen der kürzesten und der längsten Zeile. Dieser Effekt lässt sich durch zwei Maßnahmen erreichen: Erstens wird die automatische Zeilentrennung abgedreht. Im Flattersatz trennt man händisch und schön, also nur dort, wo es inhaltlich einen Sinn ergibt. Wörter unter fünf Buchstaben sollte man zum Beispiel nicht trennen. Zweitens: Korrektur per Hand. Wenn man der Automatik vertraut, können unerwünschte Effekte eintreten, zum Beispiel ungewollter Formsatz. Es kann irritieren, wenn das, was eigentlich flattern sollte, plötzlich wie eine Kurve oder eine Nase aussieht. Hin und wieder ein erzwungener Zeilenwechsel bringt die notwendige Korrektur.

Man sieht schon: Flattersatz ist keine faule Lösung, sondern, wenn man es ordentlich macht, aufwändiger als Blocksatz. Jedenfalls braucht es dafür Schriftsetzer, die auch den Text lesen.

5.11.08

Von Obama lernen

Barack Obama wird also der neue US-Präsident. Und das mit einem Sieg, den trotz Prognosen in dieser Klarheit keiner erwarten konnte. Natürlich hat er als Person und mit seinen Inhalten überzeugt, natürlich kamen ihm die Anti-Bush-Stimmung und die Finanzkrise zupass. Dennoch: Dieser überragende Erfolg ist vor allem auch das Resultat einer modernen Marketing-Kampagne, wie es sie in dieser Form noch nie gegen hat. Ich bin kein Insider, dennoch nehme ich mir einige Lektionen mit, inspiriert durch Blog-Artikel der Marketing-Gurus Seth Godin und Laura Ries.

Schon in den ersten Analysen wird klar, warum Obama rein rechnerisch gewonnen hat. Er konnte neue Schichten und wesentlich mehr Menschen als in den Wahlen zuvor dazu motivieren, wählen zu gehen. Angeblich hat er unter den NeuwählerInnen (vor allem den -Innen) sogar einen Anteil von 70 Prozent erreicht. Wie hat er das geschafft, und was können wir auch vom Scheitern seines Gegners McCain lernen?

Lektion 1: Klare Botschaften, Konsequenz bis hin zur Sturheit. Obama hat seit dem Tag seines Eintritts ins Kandidatenrennen eine Botschaft gehabt, ein Stichwort besetzt: «Change», vielleicht noch ergänzt durch «Hope». Diese Botschaft hatte einerseits den Vorteil, dass sie fast jeder wollte, andererseits verkörpter Obama den Anspruch auf ein neues Amerika wie kein anderer. Er ist jünger, hat eine andere Hautfarbe, spricht anders, denkt anders als das Bush-Establishment. Und sein Programm unterscheidet sich radikal von jenem der Republikaner. Das ist auch ein Pluspunkt für Obama: Er hat sich nie als besserer Republikaner, sondern immer als eher liberal denkender Demokrat positioniert, mit Themen wie Gesundheitsversorgung, Umverteilung, Energiewende. Durchaus mutig, wenn man weiß, wie man sich mit diesen Themen in den USA lange Zeit ins radikale Eck hatte stellen lassen müssen.

Doch es war klar, dass Obama nicht nur mit den Stimmen der registrierten Demokraten gewinnen konnte. Er brauchte neue Wähler. Jene nämlich, die bisher nicht oder wechselnd gewählt haben. Junge Menschen, Frauen, Unabhängige. Sie zu mobilisieren war das klare Ziel der Kampagne. Obamas Team hat es geschafft, indem es von Anfang an den Weg der «Grassroots» gegangen ist. Das heißt: Der viel zitierte Kleine Mann sollte nicht nur Zielgruppe sein, der über die klassischen Medien mit Werbung abgefüttert wird, er sollte selbst Wahlhelfer werden. Das Obama-Team hat, wie Seth Godin beschreibt, von Anfang an eine Liste mit Menschen geführt, die sich für Informationen über Obama interessieren. Diese wurden gezielt (und nicht übermäßig oft) mit relevanten Informationen versorgt und dazu motiviert, weitere Engagierte zu finden. Gleichzeitig hat Obama wie kein anderer vor ihm die neuen Medien genutzt. Weblogs, Twitter, YouTube und viele anderen Services waren voll mit Inhalten, die von den Usern selbst (und vom Obama-Team) geschaffen wurden. Berühmt geworden ist das iPhone-Tool, das im Adressbuch des Users Freunde in den so genannten Swing-States herausgesucht hat, mit der Bitte, diese doch von Obama zu überzeugen. Wie viel mächtiger ist es, wenn ein begeisterter Freund mich anruft, als wenn (wie bei McCain) ein Automat vom Band über Obama herzieht.

Das ist für mich die zweite wichtige Lektion aus dem US-Wahlkampf: Negativwerbung geht meistens schief. McCain hat versucht, sich selbst als den wahren Reformer hinzustellen – «Change» war aber schon von seinem Gegner besetzt. Dann blieb nur noch der Schmutzkübel mit dem Versuch, Obama ins linksextreme Eck zu stellen. Das hat beim letzten Wahlkampf noch gut funktioniert, dieses Mal aber nicht. Obama war schon positioniert, McCain nicht. Er hat mehr oder weniger gesagt: «Wählt nicht den da.» Er hatte aber sonst kein Argument für «Wählt mich». Wir lernen daraus: Botschaften zu klauen funktioniert nicht, und wer attackiert, sollte auch eine echte Alternative bieten. Weiters hat McCains Team nicht mit der Macht der Grassroots gerechnet: Obamas Anhänger identifizierten sich mit seiner Bewegung. Jeder Angriff McCains war ein Angriff auf sie und nur noch mehr Motivation, ihrem Kandidaten zum Sieg zu verhelfen

Letzte Lektion: Das Spiel ist erst gewonnen, wenn es vorbei ist. Obama hat angeblich seinem Team immer gesagt: Wir arbeiten so, als lägen wir zehn Prozent hinter McCain in den Umfragen. Hoffnung alleine reicht nicht, die Menschen müssen auch hingehen zur Wahl, unter Umständen stundenlang anstehen. Die Devise war also: Mobilisieren bis zum letzten Tag. Was auch in diesem YouTube-Video schön zum Ausdruck kommt:

So ist es ja nun nicht gekommen. Wir dürfen also gespannt sein auf den Präsidenten Barack Obama. Aber da zeigt sich die letzte Lektion, die wir von ihm lernen können: Obama hat bei seinem Wahlkampf immer auch an seine Präsidentschaft gedacht. Er hat immer gesagt: «Ich bin nicht perfekt, ich habe viel zu lernen, es gibt viel zu tun.» Gleichzeitig gab es aber immer seine Visionen, Ziele und Projekte: Abzug aus Irak, Reform des Gesundheitswesens, Steuerreform zugunsten des Mittelstandes. Die Basis, die Obama für sich geschaffen hat, wird ihm Zeit geben für seine Projekte, wird ihm Fehler verzeihen, ihn aber auch an seine Visionen erinnern, sollten sie links liegen bleiben. Gute Aussichten für ein neues politisch-gesellschaftliches Klima in den USA. Den Vergleich mit den Wahlen in Österreich spare ich mir jetzt.

27.10.08

Ausstellung: Schwanger sein.

Ulrike Wieser ist seit frühesten Zeiten unsere liebste Kooperations-Partnerin, wenn es um Fotos geht. Sie hat nicht nur technisch alles drauf, sondern auch diesen besonderen Blick für Menschen. Im Tagesgeschäft hat sie sich auf zwei besonders schöne und schwierige Themen spezialisiert: Schwangerschaft und Kinder.

Jetzt gibt es einige ihrer Bilder in einer Ausstellung zu bewundern: Die Vernissage findet am 31. Oktober 2008 um 17 Uhr im Nanaya statt (Zollergasse 37, 1070 Wien). Entstanden sind diese Bilder aus einer Zusammenarbeit mit der Künstlerin Christina Regorosa, die Erfahrungen aus ihrer eigenen Schwangerschaft in Texte verarbeitet hat. Fotografisches Thema der Ausstellung (und des dazu gehörigen Bildbandes) ist das neue weibliche Körperbewusstsein, das aus der einzigartigen Situation des Schwangerseins entsteht. Entstanden sind ehrliche, authentische Bilder, die von dem so ganz anderen, natürlichen Schönheitsideal der Schwangeren erzählen.

Übrigens: Auch für jeden Mann, der diese wundersame Verwandlung einmal miterlebt hat (oder es einmal vor hat), eine empfehlenswerte Veranstaltung.

15.10.08

Typografie-Tipps 3: Blocksatz

Eine immer noch stark verbreitete Binsenweisheit ist: Linksbündiger Flattersatz ist besser als Blocksatz. Grundsätzlich. Das stimmt so nicht, ich kann mir aber denken, woher die Faustregel kommt: Beim Blocksatz kann man viel mehr falsch machen.

Wenn wir einfach in unserem Textverarbeitung- oder Satzprogramm auf den Blocksatz-Knopf klicken und uns nicht weiter darum kümmern, sind meistens Löcher die Folge. Löchriger Blocksatz entsteht, wenn die Wortabstände zu unregelmäßig werde, die Wörter in einzelnen Zeilen also zu weit auseinander stehen (wie im zweiten Absatz des Beispiels). Verhindern kann man das durch drei Maßnahmen. Erstens müssen wir die automatische Silbentrennung einschalten. Blocksatz ohne Trennung funktioniert nicht, weil uns sonst jedes längere Wort die Wortabstände auseinanderzerrt. Man sollte zwar nicht mehr als drei Trennungstriche untereinander stehen haben oder zu kurze Wörter (unter fünf Buchstaben) trennen, aber selbst das ist weniger störend als die Löcher im Textfluss.

Zweitens dürfen die Zeilen im Blocksatz nicht zu kurz sein. Unter 40 Anschlägen wird es einfach haarig, weil uns bei so wenig Platz einfach die Optionen ausgehen. Wir müssen dann meistens hässlich trennen und Löcher in Kauf nehmen, wie auf dem zweiten Bild zu sehen ist. Bei kurzen Zeilen ist Flattersatz also angebracht.

Die dritte Maßnahme macht nun etwas Arbeit: Wir dürfen uns nicht auf die Routinen der Satzprogramme verlassen, weil diese weder sehen noch lesen können. Unschöne Löcher und problematische Trennungen müssen also immer noch von Hand ausgeglichen werden (bitte mit bedingtem Trennstrich, nicht einfach ein Minus reinhauen – das bleibt dann am Schluss immer irgendwo mitten in der Zeile über).

Wenn wir diese drei Tipps befolgen, müssen wir auch nicht auf schmutzige Tricks zurückgreifen. Gemeint ist vor allem das unschöne Ausweiten der Buchstabenabstände, wie wir es aus der Bezirkszeitung kennen (siehe Absatz drei in den Bildern). Sperren ist eine Wortauszeichnung, dadurch irritieren komplett gesperrte Zeilen (oder gar einzelne Wörter, die plötzlich eine ganze Zeile füllen) im Text sehr. Manche Textverarbeitungen machen das automatisch, also dringend abdrehen!

Die Faustregeln für den Blocksatz sind also:

  • Blocksatz immer mit Silbentrennung
  • Zeilen nicht kürzer als 40 Anschläge
  • Trennungen manuell ausgleichen
  • Sperren hilft nicht

7.10.08

Typografie-Tipps 2: Zeilenlänge

Mindestens so oft, wie ich zu engen Zeilenabstand sehe, kommen mir zu lange Zeilen unter. Der Folder im Bild ist mir gestern zugesteckt worden. Ganz abgesehen von der entstellten Typografie des Logos, dem auspixelnden Bild, dem Logofriedhof am rechten Rand und der für Lesetexte absolut ungeeigneten Kapitälchenschrift «Bank Gothic» sind die Zeilen viel zu lang, gehen sie doch (über zwei Falzungen hinweg) quer über fast eine ganze A4-Seite. Der Effekt ist folgender: Wenn meine Augen am Ende einer Zeile angekommen sind, können sie den Anfang der nächsten kaum mehr finden. Der Weg ist einfach zu weit. Weil wir aus Büchern und Magazinen so lange Zeilen nicht gewohnt sind, ist die Versuchung groß, in der Mitte der Zeile gleich zur nächsten zu springen. Leserlichkeit ist anders.

Auch in einer wenigen extremen Ausprägung fallen lange Zeile negativ auf. Schuld ist mal wieder MS Word, das sehr sparsame Seitenränder und damit recht lange Zeilen voreingestellt hat. Wer sehr auf Leserlichkeit achtet, zum Beispiel weil er oder sie Bücher setzt, hält sich an folgende Faustregel: Eine Zeile sollte nicht mehr als ungefähr zehn Wörter bzw. rund 60 Anschläge haben. Darüber wird es mühsam, darunter geht es eher. Kurze Zeilen sind wir aus Magazinen und Zeitungen gewohnt; sie sind für diese Art von mehrspaltigen Rasterlayouts einfach notwendig. Hier ist wieder der Ausgleich des Zeilenabstands wichtig, denn sehr schmale Spalten müssen enger gesetzt werden, damit der Text noch kompakt wirkt. Natürlich dürfen in schmalen Spalten auch die Zeichen selbst nicht zu groß sein, sonst werden zusammengehörige Satzteile über zu viele Zeilen verteilt.

Wie also sind zu lange Zeilen zu verhindern? Eine Möglichkeit ist das Anpassen des Schriftgrads (der Schriftgröße) – die Zeile bleibt gleich, aber ihr Inhalt wird damit geringer. Das führt jedoch oft zu übertrieben großen Schriftgraden, die der Leserlichkeit nicht zwingend dienlich sind. Besser ist meistens, entweder auf mehrspaltigen Satz umzusteigen und/oder die Seitenränder massiv zu vergrößern. Entgegen der volkstümlichen Meinung dient dieser großzügigere Satzspiegel nicht allein dem Strecken von Seminararbeiten, sondern vor allem der Leserlichkeit. Weißraum und der mittelgraue Textblock werden so ausbalanciert, das Auge geführt, Ablenkung links und rechts des Blattes minimiert.

Die Faustregeln für Satzbreite bzw. Zeilenlänge lauten also:

  • Zeilen nicht länger als ca. 60 Anschläge setzen
  • Lange Textblöcke sind mehrspaltig oft übersichtlicher
  • Großzügige Seitenränder sorgen für Übersicht und angenehme Spaltenlänge

Damit verabschiede ich mich für den Rest der Woche. Heimaturlaub!

2.10.08

Typografie-Tipps 1: Zeilenabstand

Viele Satzfehler passieren bei den banalsten Dingen. Zum Beispiel beim Zeilenabstand, im Fachjargon auch Durchschuss genannt. Die aus MS Word bekannten Kategorien einfacher, 1,5-facher und doppelter Zeilenabstand sind etwas unpräzise. Doch selbst bei Word kann man genauer einstellen: Im Menü Format-Absatz einfach «genau» oder «mindestens» auswählen und dann eine Punktgröße einstellen. Die Punkte beziehen sich allerdings nicht eigentlich auf den Abstand, sondern auf die Zeilenhöhe. Stellt man bei einer 10-Punkt-Schrift also 13 Punkt Zeilenabstand ein, hat man tatsächlich 3 Punkt Durchschuss.

Einen «richtigen» Zeilenabstand zum quer Drüberbügeln gibt es nicht. Je nach Schriftgrad, Schriftart, Textmenge und Zeilenlänge ist mehr oder weniger davon erforderlich. Wenn ich mir Amateurtexte anschaue, ist da aber meistens zu wenig Durchschuss.

Wie entwickelt man nun ein Auge für den richtigen Zeilenabstand? Grundsätzlich ist der Zeilenabstand dafür da, dass die Augen beim Lesen auf der Zeile bleiben und nicht hoch oder runter hüpfen. Dafür sollte der optische Abstand zwischen den Zeilen mindestens so groß sein wie der Abstand zwischen den Wörter, eher etwas größer. So wie im ersten Absatz unseres Beispiels.

Ist der Durchschuss zu klein bzw. negativ, können die Unterlängen der oberen Zeile und die Oberlängen der unteren Zeile kollidieren, so wie das «p» und das «l» im zweiten Absatz. Das ist hässlich, stört den Lesefluss und verleitet zum Zeilenspringen.

Reichlich Zeilenabstand verbessert also die Leserlichkeit eines Textes und ist fast wichtiger als die Schriftgröße (Jargon: der Schriftgrad). Ein alter Designerschmäh ist jener: Kunde wünscht größere Schrift, Designer macht Schrift kleiner und Zeilenabstand größer, Kunde freut sich über die größere Schrift.

Größer ist natürlich nicht immer besser: Wenn der Zeilenabstand zu groß ist, fallen die Zeilen auseinander, es gibt keinen schönen Textblock mehr und es fällt schwer, vom Ende der einen zum Anfang der nächsten Zeile zu springen. So wie im untersten Beispiel.

Der richtige Zeilenabstand ist also immer relativ. Die Faustregeln dafür lauten:

  • Je kleiner die Schrift, desto größer der Zeilenabstand
  • Je länger die Zeile, desto größer der Zeilenabstand
  • Umgekehrt: Je kürzer die Zeile, desto kleiner der Zeilenabstand
  • Unterlängen und Oberlängen dürfen sich nicht berühren
  • Der Textblock soll einheitlich erscheinen, von der Ferne betrachtet weder schwarz noch weiß sein, sondern mittelgrau

Typografie-Tipps

Jeder kann heute Texte schreiben, setzen und drucken. Oder sagen wir es so: Die Werkzeuge dafür sind allen zugänglich. Das Problem dabei ist nur, dass man, um mal ein Bild zu bemühen, noch lange kein toller Koch ist, bloß weil man einen teuren Herd hat. Bei der Typografie ist die Sache noch tückischer, denn die meisten Augen sind nicht für dieses Handwerk geschärft. Und weil alles dank Computer scheinbar so leicht ist, machen wir es uns so. Leicht.

Nun war die Heimtypografie bisher auf kleine Auflagen beschränkt: Handzettel, Einladungen, Briefe, Handouts. Dank Digitaldruck und Print-on-Demand schaut die Sache heute anders aus. Jeder kann seinen Namen auf einen Buchdeckel drucken lassen, ohne große Investitionen, ohne Risiken; aber auch ohne Lektor und Setzer. Selbst bei klassischen Verlagen wird es immer üblicher, solche Arbeiten den Autoren zu überlassen und sich auf Produktion und Marketing zu konzentrieren. Das Resultat: Alles ist möglich, aber vieles läuft falsch. Dabei hat das System, in Verbindung mit den individuellen Vertriebsmöglichkeiten des Internets, ein großes Potenzial. Dieser neue Aufschwung des Selbstverlages kann dazu führen, dass auch Publikationen unters Volk kommen, die eben nur eine sehr kleine Gruppe interessieren.

In diesem Sinne starten wir hier jetzt eine kleine Reihe, die weniger für die geneigten Kollegen der Branche gedacht ist, sondern ganz bewusst für all jene, die ihre Inhalte veröffentlichen wollen, sich aber kein professionelles Layout leisten wollen oder können. Es geht um Typografie-Faustregeln für den Hausgebrauch. Im nächsten Post geht es los!

17.9.08

Graphic Avenger

Wenn der Kunde Comic Sans will, kann nur noch einer helfen: Graphic Avenger! Lustiges Video von ein paar Kollegen, denen es offensichtlich gereicht hat. Kleiner Tipp: Lass nie, nie, nie einen Auftraggeber auf deinen Bürostuhl. Halt ihn auch von deinem Mac fern. Die Versuchung ist einfach zu groß, dass «Können-wir-nicht-noch»-Spiel zu spielen. Viel Spaß!

Wahlplakate 2

Die zwei (noch) großen Parteien haben wir uns ja schon angeschaut, jetzt sind die (noch) kleinen dran. Beginnen wir mit den Grünen.

Alexander Van der Bellens bekannter Aversion gegen Fotografen kommt man hier mit dem Zoom bei. Wenigstens werden so die gekünstelten Posen und vielsagenden Handhaltungen verhindert (siehe Jörg Haider). Das Foto wirkt persönlich, direkt, vertrauenserweckend, vielleicht etwas zu knuddelig für einen Oppositionspolitiker. Gut, damit soll es ja dann nach der Wahl vorbei sein, wenn es nach den Grünen geht. Der schwarze Hintergrund hebt sich wohltuend von der restlichen Wahlwerbung ab, das Logo der Grünen ist klein und diskret, dafür im eigenen weißen Kastl. Typografisch bedient man sich der guten, alten Futura Bold (Wink mit dem Zaunpfahl?). Die grüne Blase mit den verzerrten Buchstaben «vdb 08» schaut verdächtig nach Anhängsel aus. Da hat sich wohl jemand gedacht, dass man doch irgendwie eine Art Logo und was total Modernes haben sollte für den Alex. Wäre nicht nötig gewesen.

Das Liberale Forum startet als Überraschungskandidat in diese Wahl – dafür mit der einzigen Spitzenkandidatin. Auch Grau/Gelb/Blau ist keine übliche Farbkombination für Wahlpropaganda, insofern schon einmal interessant. Die Sache mit den Farbbalken hinter der Schrift ist ein alter Schmäh (nicht nur) von Meta Design. Seit der ORF seine Texteinblendungen weiß hinterlegt, machen das auch hierzulande wieder alle. Schmidt schaut träumerisch in die Hoffnungsecke rechts oben, kein Wunder, bei der Botschaft! Naja, man wird ja wohl noch hoffen dürfen, dass Macht vielleicht mal nicht korrumpiert. Insgesamt wirkt das Plakat etwas farblos und nichtssagend. Gar nicht so unpassend für die Partei!

Ja, jetzt wird's schon fetziger! Allein Straches Grinser ist mehr «in your face» als alle anderen Wahlplakate zusammen. Das Plakat ist reinster Boulevardstil: knallig, bunt und vollgeräumt. Dazu passen die schräggestellten Botschaften, die schmale, fette Serifenlose und der Reim von Wolf Martins Gnaden. Rot-Blau-Weiß ist bei der FPÖ schon gelernt, die Adler-Illustration ein perfekter Ausdruck des Nationalismus-Chique der jüngsten Wählergeneration. Es ist nur konsequent, dass Strache einen alten Haider-Spruch als Slogan klaut. Dass man dabei die zu betonenden Wörter in Versalien schreiben muss, legt allerdings Rückschlüsse auf die Lesekompetenz der Zielgruppe nahe… Aber ganz ehrlich: Ich würde mir wünschen, dass auch Parteien mit einem halbwegs annehmbaren Programm so viel von Branding verstehen würden wie die F.

Also nun zum «Original» Jörg Haider. Ein Plakat, dass extrem viel über sein politisches Projekt aussagt. Erstens mal: Klotzen statt kleckern, wir plakatieren im 24-Bogen-Format. Das BZÖ-Logo hat man in der rechten unteren Ecke versteckt, dort, wo im zugeparkten Wien eh die Autos davorstehen. Der freigestellte Haider wurde so offensichtlich vor das Kornfeld montiert, dass man schließen muss: Ich packe an, aber mein Büro verlasse ich dafür sicher nicht. Die Botschaft hat das «Original» von der Bawag geklaut. Und dabei vergessen, dass Ärmel aufkrempeln auch heißen kann: Gleich haue ich dir eine rein! Deinetwegen. Österreich. Aber hey, ich schätze das korrekte Deutsch. Strache hätte "Wegen dir" plakatiert.

15.9.08

Worliczek ITSM

Wir haben hier zwar nicht sooo fleißig gebloggt, waren aber ansonsten ganz produktiv. Zum Beispiel haben wir wieder ein Corporate-Design-Paket fertiggestellt. Der Auftraggeber: Wolfgang Worliczek, erfahrener Berater im Bereich IT-Service-Management. Er ist also kurz gesagt der Mann, der den berüchtigten EDV-Servicecenter-Leuten beibringt, was Kundenfreundlichkeit eigentlich heißt, und welche Prozesse dazu führen könnten. Unser Auftrag: eine einfache, geradlinige Visualisierung des Unternehmenscharakters, passend zum Motto «Keep it simple».

Im Entwicklungsprozess kam es zu einem seltenen Fall: Die drei präsentierten Logos wurden für einmal beiseite gelegt, dafür kam ein Entwurf zum Zug, den wir ursprünglich aussortiert hatten. Wir können halt doch nicht ganz in den Auftraggeber hineinsehen. Und offenbar hat auch das, was wir (vorläufig) verwerfen, Qualität. :-)

Heraus kam ein Logo, ein Visitenkartendesign, Geschäftspapiere (die als Word-Vorlagen umgesetzt wurden) und das Basisdesign für die Website. Alles relativ streng im Rasterlayout, dafür mit satten Primärfarben.

Wir wünschen dem neuem Unternehmen Worliczek ITSM-Management jedenfalls einen guten Start und viel Erfolg bei der Begrünung der Einöde namens IT-Service!

27.8.08

Gute Kunden

Meine Landsfrau und Mitemigrantin Swiss Miss hat einmal mehr einen großen Fund gemacht: Der nicht ganz ernst gemeinte Leitfaden für gute Kunden aus dem Hause Number 17

Es mag auf den ersten Blick ein wenig arrogant wirken, was sich Designer alles von ihren Auftraggebern wünschen. Tatsächlich funktioniert eine gute Zusammenarbeit aber nur so; auf Augenhöhe. Wenn sich Auftraggeber und Auftragnehmer als Partner sehen, werden beide alles dafür geben, dass das Endresultat perfekt ist. Wenn der Auftraggeber nur anschafft und unsereiner zum Erfüllungsgehilfen wird, passiert etwas anderes. Entweder wir resignieren und machen Dienst nach Vorschrift (mit den entsprechenden Resultaten), oder wir rebellieren und fragen mal nach, wofür wir eigentlich engagiert wurden. Hoffentlich als Berater in der Welt der visuellen Kommunikation. Und nicht als Pixelschieber.

Übrigens: Ich versuche auch dann, wenn ich selbst Auftraggeber bin, ein guter Kunde zu sein. Und vor allem den letzten Punkt der Liste zu beherzigen, nämlich meinem Partner zu vertrauen. Schließlich habe ich mich für ihn entschieden.

16.8.08

Augen statt Regeln

Ein feiner Fund von YouTube. David Carson über die alte Frage, ob man die Regeln kennen muss, um sie zu brechen. Er als Autodidakt sagt natürlich nein. Carson hat so gestaltet, wie es für ihn passend erschien, und andere haben das als Regelbruch interpretiert.

Was er dabei vergisst: Er hat die Regeln vielleicht nicht gelernt, wusste aber wie wir alle, wie regelkonformes Design aussieht. Carson müsste blind durchs Leben gelaufen sein, um nicht gesehen zu haben, was lesefreundliche Typografie oder was Raster ist. Es ist aber sicher relevant, dass er diese traditionellen Begriffe nicht als Vorschriften aus einem Lehrbuch gelernt hat. Als relativ unbeschriebenes Blatt war er vielleicht freier, die Dinge so zu interpretieren, wie er sie sieht.

So hat er jedoch die wohl wichtigsten Regeln im Grafikdesign eingehalten: Denk nach, bevor du gestaltest! Beschäftige dich mit dem Inhalt dessen, was du gestaltest! Und vergiss dabei niemals jene, die dein Produkt ansehen werden!

Insofern ganz klassisch. Dass er mit diesem Prozess eine Stilrichtung geschaffen hat, die heute durch hunderte Nachahmer zum Standardrepertoire gehört, liegt an der Radikalität seines Denkens. Schade, dass sich seit Carson bisher niemand gefunden hat, der einen gänzlich neuen Weg beschreitet.

7.8.08

Design im Wahlkampf

Wahlpropaganda ist ein heikles Thema. Aber manchmal muss man halt dorthin gehen, wo es weh tut. Die Voraussetzungen sind schwierig, aber auch interessant. Eine Koalition, die offenbar eh niemand wollte, ist gescheitert, Neuwahlen wurden sehr kurzfristig anberaumt. Noch sind viele auf Sommerurlaub, erst die beiden großen Parteien und Ex-Koalitionäre haben ihre Sujets schon bekanntgegeben. Nun ist Österreich ein Plakatland und Wahlkampf ein Plakatjob. Dementsprechend ist zu erwarten, dass das Land in den nächsten Wochen sukzessive zuplakatiert wird. Ein Grund mehr, die Plakate etwas genauer anzuschauen.

Bei der gerade noch stärksten Partei setzt man auf das Gesicht des neuen Chefs, Werner Faymann. Sein Gesichtsausdruck erinnert ein bisschen an Tommy Lee Jones in Men in Black II (danke @Karli); ein leicht zerknautschtes Lächeln, nicht zu fröhlich ob der eigenen Zerknirschtheit, aber optimistisch against all odds. Dazu die passende Botschaft: Genug gestritten. Und die wehende rote Flagge im Hintergrund. Die Sozialdemokraten positionieren sich also als Harmoniesuchende, doch das einzige, was sie dafür anzubieten haben, ist ein neues Gesicht. Ein von Skandalen, aber auch jeglichen Positionen unbelastetes Gesicht. Könnte funktionieren. Wenn die Wählerinnen und Wähler nicht argumentieren, dass die Zugeständnisse der Roten, der Harmonie halber, das Anfang vom Ende der jetzigen Regierung waren.

Die ÖVP hat kein neues Gesicht zu bieten und mit Wilhelm Molterer auch niemanden, der seines besonders gern in die Kamera hält. Die konsequenz wohl auch daraus: Rein typografische Wahlplakate, farbkodiert je nach Themengebiet. Die Typo ist soweit modern und fein gemacht (bis auf die unseligen Schlagschatten), das Plakat jedoch mit Botschaften überfrachtet. Den Zungenbrecher-Slogan «Neustart statt Stillstand» (sag das mal schnell drei mal hintereinander) hat man zum Glück unterm ÖVP-Logo versteckt. «Es reicht!» kommt dafür fett in der verzerrten Sprechblase, wohl den Vizekanzler während seiner Pressekonferenz zum Koalitionsende zitierend. Auch die ÖVP will sich also von der Verantwortung für das Scheitern der Regierung abputzen und mit diesem Slogan quasi zur eigenen Opposition werden. Auch die schwarzen Wahlstrategen wissen wohl, dass diese Neuwahlen ein großer Tag für Protestwähler werden wird und wollen das Feld nicht kampflos den Oppositionsparteien links und rechts überlassen. Ein wenig Familien-Sozialkuscheln nach links, ein wenig Ausländer-Hardliner nach rechts. Dass das ganze ungefähr so glaubwürdig ist wie die plakatierten Wahlversprechen der ÖVP, sagen uns schon die Plakate. Die Bombardierung mit Slabserif-Großbuchstaben, Stehsätzen und Schlagzeilen erinnert an die alte Weisheit: «Wer schreien muss, hat nicht viel zu sagen».

Wir sind gespannt, wie die Oppositionsparteien auf so viel Protest reagieren werden. Und wann die Schlammschlacht beginnt.

24.7.08

Font-Konferenz

Was wäre, wenn die bei Windows vorinstallierten Fonts ihre Namen etwas zu ernst nehmen würden? Ganz lustig, aber ich möchte schon festhalten, dass Comic Sans KEIN Superheld ist, sondern eindeutig ein Super-Schurke! Im übrigen fordere ich die Löschung von Comic Sans

via Stefano Picco

21.7.08

Logo-Trends 2008

Wenn von Trends die Rede ist, dann gelten folgende Gesetze:

1. Trend wird immer das, was kurz zuvor noch vollkommen unmöglich war.

2. Wer dem Trend nachrennt, wenn er schon abflaut, wird ebenfalls vollkommen unmöglich.

Der wichtigste Indikator in der Trendforschung ist deshalb, zumindest für mich, die Trendumkehr. Wann wird etwas so angesagt, dass das Gegenteil davon schon wieder der nächste Trend ist? Dieses Phänomen ist derzeit im Corporate Design zu beobachten. Neue Möglichkeiten in Software, Hardware und Druckproduktion stießen den Trend an, Logos aufwändiger zu gestalten. Mit Schatten, 3D-Effekten, Spiegelungen und zarten Verläufen. Konservative Kollegen wie unsereiner mochten darauf hinweisen, dass aller Bildschirme und 4c-Verfahren zum Trotz dennoch einige Produktionsmöglichkeiten bei dieser Entwicklung nicht mitziehen konnten, zum Beispiel große Teile der Werbeartikel-Herstellung. Für Luftballons und Zuckerpäckchen musste man dann doch wieder auf 2D-Versionen eines Logos zurückgreifen. Dennoch: Der Trend lief los und erfasst viele. UPS, Bosch, Vodafone und viele mehr nahmen ihre Logos und ließen sie aufblasen.

Zwei ganz große, internationale Marken gehen gerade den Weg in die andere Richtung und setzen damit starke Signale für eine Trendumkehr. Mercedes-Benz hat schon vor einiger Zeit sein dezent dreidimensionales Logo zugunsten eines reinweißen Sterns aufgegeben. Der Mercedesstern ist ein starkes, gut mit Botschaften aufgeladenes Zeichen. Je einfacher und klarer er ist, desto wirkungsvoller kommt er an.

Mittlerweile sind auch die neuen Flaschen und Dosen von Coca-Cola in Österreich angekommen. Anstelle des aufwändigen, voll beladenen Designs der alten Verpackungen kommt das einzig wahre Cola jetzt daher, wie man es seit Jahrzehnten nicht gesehen hat: Weißes Logo auf rotem Grund. Aus. Fertig. Vorbei. Coca-Cola ist Coca-Cola. Was soll man aus Design-Sicht da noch mehr sagen?

Die Großen machen es also vor: Die große Welle des Logo-Aufblasens ist vorbei. Papier ist eben doch nicht gleich Bildschirm, und ein Photoshop-Effekt noch keine Garantie für gutes Design. Mal schauen, wer als nächstes nachzieht.

23.6.08

Werbekritik

Dieser Tage landeten unerwartet das Telefonbuch und die Gelben Seiten vor meiner Haustür und mit ihnen auch viele Beispiele für ausgesprochen gut gemeinte Werbung. Leider landen solche Maßnahmen oft zu schnell zumindest im mentalen Mülleimer, deshalb wollen wir hier wenigstens eine liebevoll gemachte Einschaltung besprechen.

Das werblich tätige Unternehmen hat es sich nicht leicht gemacht und etwa einen professionellen Grafiker engagiert. Nein, man hat dem ganzen einen ausgesprochen persönlichen Touch gegeben, das Flair echter Handarbeit versprühend.

Nehmen wir zum Beispiel das Bildmotiv, das Photoshop zum Trotze sorgfältig mit der Nagelschere freigestellt wurde. Dabei fielen zurecht die wohl unschönen Ohren des Models und Teile der Brille des Herrn mit Krawatte unter den Tisch. Achten Sie auch auf die feine Art, wie sich das Hemd des Herrn auf fast anzügliche Weise am Bein der Dame hochräkelt.

Individuell sind auch die Sprechblasen, einmal in Eurostile, einmal in Bank Gothic gesetzt, mit jeweils anders abgerundeten Ecken, fein umrahmt mit einer kaum sichtbaren roten Linie. Sehen Sie, wie die eine Spitze dem unsympathischen Glatzkopf ins Hirn schneidet? Preiswürdig!

Auch an die Kraft der Symbolik hat man gedacht. Die Frau, in ihrer Rolle als Beschützerin und Mutter, gebiert das embrional zerknautschte Prozentzeichen. Die Botschaft: Hier werden Sie für wenig Geld gut betreut. Oder so ähnlich.

P.S. Die Rückseite spar ich mir. Jetzt mal ohne Schmäh: Das Ding klebt als Beihefter auf dem Titel des Telefonbuchs. Dafür legt man schon etwas ab. Ob nicht eventuell ein Teil des Budgets für eine einfach nur ordentliche Gestaltung gut investiert gewesen wäre?

17.6.08

Typomanie

In diesem Video kommen Typomanie, kalligrafisches Talent und eine gute Portion Exhibitionismus zusammen. Sehr hübsch!

Und noch ein Beispiel, was man aus Schrift alles machen kann: Typographic Illustration.

via ilovetypography

12.6.08

Promo-Velo

Es gibt sie doch noch, die neuen und originellen Werbeformen. Die Firma Kemper Fahrradtechnik in Deutschland zum Beispiel macht großartige – und wirklich große – Promo-Velos. Wer des Schweizerischen nicht mächtig ist: Velos sind Fahrräder. Das erste dieser Art in Österreich steht frisch aus der Schweißerei bei enzovelo im 9. Wiener Gemeindebezirk und zieht schon jetzt alle Blicke auf sich. Kein Wunder! Wenn man mit dem Ding vor der Ampel steht, kann man den Fuß auf den Autodächern neben sich abstellen. Macht Freude, dass ein Logo aus unserem Büro drauf ist! Der Mann auf dem Rad ist übrigens Enzo persönlich.

10.6.08

Steve – Das Buch

Nachdem Apples Gründer und CEO Steve Jobs gestern wieder einen großen Auftritt gehabt hat, nutze ich die Gelegenheit für eine Buchvorstellung: «Inside Steve's Brain» von Leander Kahney. Es handelt sich dabei weder um eine Biografie, noch um ein Interview in Buchlänge. Kahney, seines Zeichens Journalist bei Wired und Autor des Blogs Cult of Mac, versucht eher, die Essenz eines Masterminds zu destillieren, eben in Steve's Gehirn einzudringen und daraus Prinzipien zu formulieren, die über den Einzelfall Jobs oder das Phänomen Apple hinausgehen. Gerade das macht das Buch interessant – auch für Leute, die keinen Computer mit Apfel besitzen. Kahney ist dabei zu gleichen Teilen Apple-Fanboy und gründlicher Journalist; Jobs-Bashing wird man hier nicht finden, auch wenn die negativen Seiten seiner Persönlichkeit durchaus vorkommen.

Der Autor widmet sich besonders einem essentiellen Moment in der Firmengeschichte Apples, der Rückkehr des Gründers Steve Jobs zum Unternehmen als iCEO (i für interimistisch), Jahre nachdem er vom eigenen Vorstand hinausgeekelt worden war. Apple musste sich von einem in die Jahre gekommenen, aufgeblasenen Hippie ohne Vision innerhalb kürzester Zeit zu einem schlanken, modernen Unternehmen mit klaren Zielen wandeln. Jobs hatte alles für diesen Job: die Vision, die Klarheit, die Härte. In dieser Zeit entstand der Ausdruck «to be steved» im Slang des Silicon Valley, weil meinen: entlassen, gestoppt, abgedreht werden. Apple machte zu dieser Zeit von allem ein bisschen, eine breite Masse an Rechnern, Laserdrucker, Monitore, einen PDA und viel, viel mehr – machte aber damit kaum Profit. Steve Jobs wollte zurück zu den Grundwerten von Apple: durchdachtes, benutzerfreundliches Produktdesign mit perfekt integrierter Hardware und Software. Und er konzentrierte sich, ein Schock für viele, auf vier Maschinen; je einen Standrechner und einen Laptop für Heimanwender und Profis. Alle vier wurden Hits und moderne Designklassiker: iBook und Powerbook, iMac und G3. Durch radikales Fokussieren (und den radikalen Sprung zu Mac OS X) hat sich Apple aus der Krise gerettet.

Den zweiten großen Teil von Kahneys Buch nimmt die Suche nach dem Geheimnis von Apples Design- und Innovationsprozess ein. Er zeigt auf, dass bei Apple nur die besten Leute arbeiten, immer unter großem Leistungsdruck, aber auch hoch motiviert und überzeugt davon, am größten Ding schlechthin zu arbeiten. Die Teams sind klein und nicht hierarchisch organisiert, jede gute Idee zählt. Typisch für Apple sind die endlosen Reihen von Prototypen, eine an Besessenheit grenzende Vorliebe für kleine Details und die manische Unzufriedenheit des obersten Steve. Erst wenn das Ding perfekt ist, geht es in Produktion.

Als Fallstudie kommt der iPod zum Zug, das Produkt des frühen 21. Jahrhunderts, mit dem Apple sich endgültig saniert hat. Hier konnte Jobs sämtliche seiner Obsessionen ausleben, vom Fokus auf das Userinterface bis zur totalen Kontrolle über Software, Hardware und Content (iTunes Musicstore). Kahneys erstaunlicher Schluss aus der Fallstudie: Apple hat eigentlich immer dasselbe gemacht und gewollt, seit dem ersten Macintosh im Jahre 1984. Doch erst nach dem Jahr 2000, mit der durchdringenden Digitalisierung unseres täglichen Lebens, gab es den dringenden Bedarf für das integrierte Designmodell der Marke Apple. Erst heute brauchen wir ein digitales Zentrum, das dafür sorgt, dass Digitalkamera, Telefon, Walkman, Handycam und Fernseher zusammenspielen und die Daten frei hin- und zurück fließen. Die Welt hat sich zum «Digitalen Lifestyle» hin gewandelt – und Apple scheint das Unternehmen zu sein, dessen Produktphilosophie am besten dazu passt.

Krieg ich jetzt ein iPhone?

2.6.08

Good Bye Logo

Eine Entwarnung vorweg: Wir sperren nicht zu, noch wechseln wir den Unternehmensgegenstand. Der Titel des Artikels ist jener eines Buchs von Neil Boorman, das ich hier bespreche. Das ist gleichzeitig der erste Teil einer Reihe von Buchbesprechungen, die fürs Rundschreiben geplant sind.

«Good Bye Logo» ist für mich doppelt interessant; einerseits geht es um Marken und darum, wie sie unsere Welt bestimmen, andererseits ist das Buch aus einem Blog namens «Bonfire of the Brands» geboren. Wer weiß, vielleicht wird's ja bei mir doch auch noch was.

Neil Boorman ist Journalist, Eventmanager und war, vor seinem Projekt, bekennender Marken-Junkie. Er hat, im Buch haarklein aufgelistet, tausende britische Pfund für Schuhe, Jacken, Kappen, Elektronik und Küchengeräte ausgegeben, weil ... es sich gut angefühlt hat. Er hat die Markenbotschaften der großen Designer dermaßen verinnerlicht, dass er sich und andere gemäß ihrer Brandnutzung definierte. Da konnte es schon mal passieren, dass eine wunderschöne Frau im Bus sämtliche Ausstrahlung verlor, weil sie Puma-Schuhe trug.

Startpunkt des Blogs war eine Selbsterkenntnis: So kann es nicht mehr weitergehen. Die Markenware muss weg, ein markenfreies Leben her. Mit der Radikalität eines Alkoholikers auf Entzug beschloss Boorman, seine Markensammlung in der Londoner Innenstadt anzuzünden, vollkommen zu vernichten. Danach wollte er sicherstellen, dass er komplett ohne Logos lebte. T-Shirts ohne Etikett, selbstgemachte Zahnpasta, Lebensmittel vom Markt. Selbst seinen Apple-Laptop ließ Boorman deart umbauen, dass sämtliche Äpfel von ihm verschwanden.

Interessant an der Form des Buches ist, dass ihm die Blog-Herkunft anzumerken ist. Schon vor dem Tag des Scheiterhaufens kommen die Reaktionen darauf, von Medien, aber auch durch Kommentare im Blog. Wir erleben den Autoren also nicht nur in der Selbstreflexion, sondern immer auch wieder im Rechtfertigen seiner Idee.

Aus dieser Struktur heraus entstehen leider auch immer wieder Längen und Redundanzen – das Buch hätte bestimmt noch gekürzt werden können. Boormans Interpretationen von Markenbotschaften, Markenwirkung und deren Auswirkung auf seine Persönlichkeit sind sehr individuell und sicher nicht allgemein gültig. Die Bemühungen um ein markenfreies Leben sind witzig zu lesen, werden aber für die wenigsten nachzuvollziehen sein. Dennoch habe ich einiges mitgenommen. Einmal die Bestätigung, dass Markenbotschaften mächtige Instrumente sind, die auch gewisse Gefahren in sich tragen. Wenn man Boorman gegen den Strich liest, kann man aber auch lernen, wozu gute Marken in unserer Zeit da sind: Sie bieten Orientierung. Es ist nun einmal fast unmöglich, die beste Kompakt-Stereoanlage für mich zu finden. Zu wenig kenne ich mich mit der Technik aus, zu lang sind die Feature-Listen der einzelnen Produkte, zu groß ist die Auswahl. Ganz abgesehen davon, dass Produkte austauschbar geworden sind, seit sowieso alle in China produziert werden. So wird die Marke zu einem der wichtigsten Auswahlkriterien (wenn ich mich nicht ausschließlich nach dem Preis richten will). Kenne ich sie, spricht sie mich an, was verspricht sie? Das kann natürlich dazu führen, dass ich alleine für die Marke einen höheren Preis bezahle, was Boorman kritisiert. Ich sehe das etwas anders: Orientierung, Klarheit und Vertrauen sind Werte, die man mitkauft. Und dagegen ist nichts einzuwenden, solange wir uns dessen bewusst sind.

Designtechisch gesehen haut mich das etwas zu offensichtliche Cover nicht um, fein allerdings ist diese kleine Idee: Das Logo des Verlags ist nur aufgeklebt, damit das Buch markenfrei gemacht werden kann.

29.5.08

Twitter

Die neusten Innovationen des Web 2.0 darf man heute mit einer gewissen Skepsis betrachten. Zu viele angeblich grandiose Ideen sind im Beta-Stadium versumpft, zu viel ist nur abgeschaut und aufgewärmt. Manchmal gibt es aber diese unscheinbaren Ideen, die sich innerhalb kürzester Zeit zu einem echten Phänomen entwickeln.

So ging es mir im Falle von Twitter, dessen Sinn ich zunächst überhaupt nicht eingesehen habe. Twitter ist, um es kurz zu erklären, eine Art Blog-Tool im SMS-Stil. Wie beim Bloggen geht es darum, technisch unkompliziert und ohne Hintergrundwissen Texte ins Netz stellen zu können. Während es die meisten Blogger auf nicht mehr als ein, zwei Einträge pro Tag/Woche/Monat bringen, zwitschert es bei Twitter schnell dahin: Jeder Eintrag hat nicht mehr als 140 Zeichen, es ist sozusagen eine Kurznachricht ans Netz. Wie die RSS-Feeds eines Blogs können diese Nachrichten abonniert werden, im Browser, via Instant-Message-Tool oder über einen Client wie Twitterific. Man kann sich die Zwitschereien sogar per SMS aufs Handy schicken lassen.

So weit, so unaufgeregt. Aber wie bei allen Social Networks gibt es eine soziale Dynamik, die Twitter explosiv wachsen lässt. Irgendwer im eigenen Netzwerk beginnt damit, den eigenen Gedankenfluss in Echtzeit auf Twitter zu verbreiten. Um da mitzulesen, braucht man ein kostenloses Twitter-Konto. Und wenn man schon ein Konto hat, schaut man, wer noch twittert, um schließlich selbst seinen Senf dazu zu geben. Und es macht erstaunlich viel Spaß, im kleinen oder großen Kreise diese SMS-Rundschreiben im Netz zu teilen. Und wenn es nur ist, um die am Handy meistgestellte Fragen zu klären: «Wo bist du gerade?» und «Was machst du gerade?».

Mich hat es jedenfalls ordentlich reingezogen, was mir seit den Phänomenen Bloggen und Podcasting nicht mehr passiert ist. Wer mir twittertechnisch folgen will, bitte hier.

19.5.08

Budgetvergleich

Bei Spar Österreich gibt es seit einigen Tagen eine neue Produktlinie: «S-Budget». Das Konzept dahinter ist klar: Die bekannten Diskont-Einzelhändler graben den traditionelleren Supermarktketten die Kundschaft ab. Also generiert man eine eigene Billig-Linie, die parallel zu anderen Eigenmarken und den bekannten Markenprodukten angeboten wird.

So weit, so schlau. Nur ein bissi spät. Rewe Austria hat das bei Billa und Merkur mit «Clever» schon längst im Programm. Noch viel länger gibt es «M-Budget» in der Schweizer Migros, wo sich die Linie von einer Lachnummer zum Verkaufsschlager gemausert hat, der keineswegs andere Produktlinien kannibalisiert. Spar wusste das wohl und hat sich gleich den Namen und das Design von M-Budget abgeschaut, schließlich musste man ja irgendwo sparen. Siehe auch das Plakat und die Website von S-Budget; man konnte sich nicht einmal korrekte Anführungszeichen leisten.

13.5.08

Styria: Neues Logo

Noch eine Meldung von der Redesign-Front: Die Mediengruppe «styria.MULTI MEDIA» hat sich nach einer weiteren Fusion (Sportmagazinverlag) ein neues Logo gegönnt. Zur Gruppe gehören Printmagazine wie Wienerin, Wiener, Diva, Skip oder Business People. Die Styria produziert auch viele Kundenmagazine, «active beauty» für DM ist das prominenteste Beispiel.

Das Redesign war sicher angebracht, war das alte Logo doch viel zu kleinteilig und vielfarbig. Der Firmenname war jedenfalls kaum je groß genug, als dass er gelesen hätte werden können. Im neuen Design steht der Name im Vordergrund, dazu kommt eine rote geschwungene Klammer, die für einen Medienkonzern ziemlich auf der Hand liegt. Aber insgesamt eine saubere Sache. Trotzdem eine offene Frage in die Runde: Muss man Firmennamen komisch schreiben, um modern zu sein? Sind Kleinbuchstaben cooler? Und was soll das Leerzeichen zwischen MULTI und MEDIA? Es ging wohl darum, dass es sich eben nicht um einen Multimedia-Verlag handelt, sondern um einen klassischen Verlag mit vielen Medien. Aber wenn dem so ist, dürfte wohl der Name nicht so passend sein. Schließlich werden Leerzeichen nicht ausgesprochen.

Quelle: Horizont

Mixed Pasta

Ich bin zwar nicht so fleißig am bloggen, sonst aber schon. Wir dürfen wieder ein (fast) fertiges Projekt präsentieren: «Mixed Pasta». Die Website ist noch nicht online, dafür das Geschäft eröffnet. Mixed Pasta bietet Nudeln im Becher zum Mitnehmen und vor Ort essen. Vor Ort, das ist die Währingerstraße 49 (Ecke Nussdorferstraße) in Wien. Ich habe am Donnerstag ein paar Fotos geschossen und test-gegessen; ich empfehle die feine Carbonara. Das Saucenrezept kommt übrigens direkt von der Mutter des Chefs!

Mixed Pasta hat das Potenzial für Systemgastronomie, folgt aber einem neuen Konzept: Wir mussten deshalb im Design sicherstellen, dass das ganze problemlos auf neue Filialen übertragbar ist und das Grundprinzip sofort verstanden wird. Konkret: Du musst dich für eine Sorte Nudeln, eine Sorte Sauce und eine Bechergröße entscheiden. Wenn das Design funktioniert, muss der Mensch an der Theke das vielleicht ein paar mal weniger erklären.

Wer in Wien ist, bitte mal vorbeischauen und testessen. Es lohnt sich!

28.4.08

Eiserne Gesetze

Mein Freund Ilja, seines Zeichens Universalgelehrter, machte mich mit den Parkinsonschen Gesetzen vertraut. Der Mann hat nichts mit der Krankheit zu tun, sondern war Soziologe – allerdings einer mit Sinn für Humor. Er formulierte in den 40er- und 50er-Jahren zwei so genannte Gesetze, die in Wirklichkeit natürlich eher feinsinnige Beobachtungen sind.

1. Arbeit dehnt sich in genau dem Maß aus, wie Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht – und nicht in dem Maß, wie komplex sie tatsächlich ist.

2. In Diskussionen werden die Themen am ausführlichsten diskutiert, von denen die meisten Teilnehmer eine Ahnung haben – und nicht die Themen, die am wichtigsten sind.

Das Beispiel zum zweiten Satz ist auch berühmt: Beim Planen eines Atomkraftwerks werden sich Manager und Politiker relativ schnell über die Konstrution des Reaktors einigen, weil sowieso keiner eine Ahnung hat, wie dieser funktioniert. Sie können aber stundenlang debatieren, welche Farbe der Fahrradschuppen für die Mitarbeiter haben soll. Da hat jeder etwas zu sagen.

In unsere Branche übersetzt kommt mir das sehr, sehr bekannt vor. Wenn es um komplexe drucktechnische Abläufe und unter Umständen hohes finanzielles Risiko geht, ist die Sache schnell durch. Wir können aber stundenlang darüber diskutieren, ob ein Name auf der Visitenkarte einen Millimeter weiter links oder rechts stehen soll.

Man kann die Regel sogar auf Projektvolumen herunterbrechen. Je kleiner das Projekt, desto größer das Palaver. Geschäftsberichte werden mit lockerem Handschlag abgesegnet, über einem Flyer wird stundenlang gebrütet.

Ich würde das Gesetz allerdings folgendermaßen abändern: «... werden jene Themen am ausführlichsten diskutiert, von denen die meisten Teilnehmer GLAUBEN eine Ahnung zu haben». Gerade beim Thema Corporate Design kennt sich ja jeder irgendwie ein bisschen aus und muss dementsprechendes Gewicht in die Diskussion werfen. Erstaunlich ist auch der Umkehrschluss: Je mehr Ahnung die Auftraggeber tatsächlich von der Materie haben, desto mehr vertrauen sie unseren Vorschlägen. Letztlich haben diese anderen, allzu kleinteiligen Diskussionen wohl am ehesten mit Unsicherheit zu tun. Wir versuchen das abzufedern, indem wir von Anfang an so viel Information, Hintergrund und Wissen weitergeben. Das muss man aber auch nehmen wollen.

21.4.08

Pandamarke

Eine Entschuldigung vorweg: Wegen eines Festplattencrashes war ich ein paar Tage weg vom Fenster. Ja, auch in Macs steckt fehlbare Hardware. Der Unterschied ist nur, dass das Neuaufsetzen wesentlich komfortabler ist. Jedenfalls bin ich jetzt wieder live mit dabei.

Die Nachricht zum Tage: Der Newsletter des Österreichischen Patentamtes meldet einen Markenrechtsstreit Fu Long, das Pandababy im Schönbrunner Tiergarten. Populär ist es ja, wie ich gestern vormittag feststellen konnte. Die Schlange vor dem Gehege war mit zwei kleinen Kindern jedenfalls nicht zu machen. Populär war auch das Prozedere zur Namensfindung: Per Internet-Voting wurde «Fu Long» gekürt. Am 2. November 2007 war das fix, erst am 30. November meldete der Tiergarten den Namen als Marke an. Ein Kärtner war dem Zoo zuvorgekommen, wohl auf den Sieger des Votings spekulierend. Gegen diese Meldung läuft jetzt eine Löschungsklage von Seiten des Tiergartens.

Hier zeigt sich ein weiterer Nachteil von «Crowdsourcing»: die schiere Öffentlichkeit des Namensfindungsprozesses. Nur nachträglich kann man Dritte daran hindern, sich Namen oder Namensmöglichkeiten zu sichern. Man darf gespannt sein, wie das österreichische Patentamt mit diesem prominenten Fall umgeht.

7.4.08

Ermessensfrage

Es ist mal wieder Zeit, zur «Aktion Lebendiges Deutsch» zu verweisen, wo monatlich zur Eindeutschung sinn- und gedankenlos verwendeter Ausdrücke aus dem Englischen aufgerufen wird. Zitat:

«Essen nach Ermessen», das ist deutscher als «All you can eat». Ist es nicht auch hübscher? fragt die Aktion «Lebendiges Deutsch», die diesen aus 578 verschiedenen Vorschlägen ausgewählt hat.

Sehr fein! Eigentlich wäre ja die Übersetzung fremdsprachlicher Ausdrücke für neue Phänomene bzw. Ideen ein Quell sprachlicher Produktivität. Statt dessen beschränken wir uns meistens darauf, oft falsch verwendetes Englisch (bzw. Pseudoenglisch, wie «Handy» für Handfernsprecher) in unsere Sprache zu flechten, was gerade bei Verben zu schlimmen Ergebnissen führt. Heißt es jetzt upgedated, geupdated oder upgedatet? Oder einfach aktualisiert?

Fremdsprachen und Fremdwörter haben grundsätzlich einen positiven, produktiven Einfluss auf unsere Sprache, aber nur dann, wenn kreativ mit ihnen umgegangen wird. Max Goldt hat in einer Kolumne im Übrigen zurecht darauf hingewiesen, dass englisch-deutsche Lehnübersetzungen noch omnipräsenter und damit ärgerlicher sind, als eingestreute englische Vokabeln. «Es macht Sinn» oder «ich denke, dass» haben sich ins Deutsche geschlichen und verdrängen schöne Redewendungen wie «es ist sinnvoll» oder «meiner Meinung nach».

Das Resultat all dieser Entwicklungen zeigt die feine Diplomarbeit von Udo Schäfer namens «Anglizismus und Konsequenz».

Was ist also zu tun? Ver- und Gebote sind natürlich der falsche Weg, konsequente Schulbildung könnte helfen, ein etwas strengerer Duden auch. Am wichtigsten ist aber, dass wir als Sprachnützer und -schöpfer kreativ bleiben und Begriffe schaffen, wenn sie uns fehlen. Hier sucht die Aktion Lebendiges Deutsch nun ein deutsches Wort für «canceln». Mitmachen!

1.4.08

Kleiner Scherz

Wir sind ja normalerweise selbst lustige Kerle, aber hier sollen mal die anderen zu Wort kommen und melden, was es am 1. April so zu melden gibt:

So ist tief in den Archiven der Enkelin von Max Miedinger ein Entwurf für die HELVETICA SERIF aufgetaucht, die heute erstmals von FontFont herausgebracht wird, berichtet The Serif. Endlich, mir ist die neutrale Schnörkellosigkeit der Helvetica schon auf die Nerven gegangen.

Die Kollegen von JohnsonBanks müssen sich heute für ihren viel gelobten Logo-Entwurf für den Microsoft-Mouse-Preis entschuldigen. Dummerweise hat bereits ein Schampoohersteller, der nicht genannt werden darf, praktisch dasselbe Logo registriert. Hmmm, Freunde, darüber macht man aber echt keine Scherze! *schauder*

Der Mac-Blogger Apfelquak führt ein innovatives neues System zur Finanzierung von Blogs ein: Vergesst Werbung, Pay-per-Use ist die Zukunft. Eine kleine Spende, und man kriegt statt der Vorschau den gesamten Artikel zu sehen.

Und noch einmal Apple: Bei MacLife hat man erfahren, dass das nächste Mac-Betriebssystem «Gepard» heißen wird. Es unterstützt bahnbrechende neue Funktionen wie die Maussteuerung per Augenbewegung. Die Eye-Sight-Kamera kann auch Mimik und Gestik interpretieren: Ein Lächeln öffent iChat! Toll...

13.3.08

Lustiger Flyer

LustigerFlyer

Unerwünschte Postwerbung ist an sich schon nervig genug, zumindest dann, wenn sie nicht hervorragend gestaltet ist. Wenn nun ein Adressverlag uns anschreibt, und zwar unter unserer vor-vorletzten Firmenadresse, ist das schon peinlich. Wenn sich derselbe Verlag, der sich gerne so businesslike gibt, anbiedert, indem er mich duzt, eine peinliche Illustration und die grausame Comic Sans verwendet; wenn sich der Flyer mit dem CD des Unternehmens nur so prügelt und wenn sich die Headline sogar noch reimt, ja, dann ist das schon einen Blogeintrag wert. Nicht?

P.S. Ich gönne mir jetzt eine Woche Heimaturlaub. Bis dann! Und weg.

UPC: Neues Logo

upc_logo_redesign

Seit kurzem steht bei mir zuhause ein digitaler Videorekorder von UPC Telekabel, einem hiesigen Anbieter für (digitales) Kabelfernsehen, Internet und Telefon. Ich dürfte nicht der einzige sein, denn aus dem UPC-Shop gleich bei meinem Hauseingang stehen die Leute täglich Schlange und gehen glücklich mit einer roten Kiste heim. Sicher das richtige Produkt zur richtigen Zeit, weil die VHS-Rekorder langsam aus den Wohnzimmern fliegen oder kaputt gehen, wie meiner nach über zehn Jahren, Festplattenrekorder aber immer noch eher umständlich zu bedienen und hochpreisig sind. Da kommt eine günstige Mietlösung mit guter Content-Software-Hardware-Integration gerade recht.

Das ist aber nicht das eigentliche Thema. Wer die Box genau anschaut, wird da statt dem gewohnten UPC-Schriftzug (abgerundeten serifenlose Versalien mit transparenten Überlagerungen) etwas Neues entdecken. Es sieht ein bisschen aus wie eine Artischocke, könnte aber auch, besonders in der einfärbigen Variante, ein zur Saison passendes Osternestchen sein.

Wer zur niederländischen Mutter von Telekabel schaut, wird des Rätsels Lösung finden: Der UPC-Konzern hat ein neues Logo, das offenbar noch nicht ganz den Weg nach Österreich gefunden hat. Erst heimlich, auf einigen Produkten, ist das neue Markenzeichen zu finden.

Was die Motivation für das Redesign war, ist schwer nachzuvollziehen. Das restliche Designkonzept dürfte sich, zumindest wenn man von der Website ausgeht, nicht stark verändert haben, bis auf die orangen Hintergrundflächen, die durch kleine Tropfen bzw. Blätter ersetzt wurden. Es schaut nach einem klassischen Fall von «Modernisierung» aus, nach dem offensichtlichen Vorbild von BP, aber längst nicht so durchdacht. Zumindest in Österreich ist UPC ein Unternehmen mit sehr vielen unabhängigen Partnern, kleinen Anmeldeshops und Außendienstlern mit einem dicken Packen von Formularen. Schon das jetzige Logo mit seinen diffizilen Farben und Transparenzen wird von bzw. auf diesen oft bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Was wird erst mit dieser Ansammlung von Verläufen und Schatten passieren? Man sieht es schon gut auf dem DVR: Eierkorb statt Artischocke. UPC goes Web 2.0, hängt sich also einem Trend an, der schon jetzt einen Bart hat. Und dann noch diese seit den Zwanzigerjahren verbreitete Masche, Buchstaben zu modernisieren, indem man sie klein schreibt – siehe auch hier BP bzw. bp.

Kurz: Das neue UPC-Logo ist nicht modern oder zeitgeistig, es ist einfach nur «me too». Corporate Design wäre ja eigentlich dazu da, sich zu differenzieren, ein klares Statement abzugeben. Es wäre auch dazu da, mutig Zeichen zu schaffen, welche den Zahn der Zeit aushalten. Na gut, vielleicht schafft es Österreich ja noch ein paar Jahre, die holländische Artischocke zu umschiffen.

12.3.08

Farbensehtest

Sehtest

Über die Problematik der Farbdarstellung am Computermonitor habe ich mich hier schon einmal ausgelassen. Abgesehen von der Technik werden Farben auch von jedem Individuum anders wahrgenommen. Das merkt man immer dann, wenn über Farben gesprochen wird. Mein Blau ist nicht dein Blau ist nicht ihr Blau ist nicht sein Blau. Immer gut, für solche Fälle einen Pantonefächer dabei zu haben, um wenigstens die Illusion eines Farbstandards zu erhalten.

Mehr Menschen als man glaubt sehen Farben aus physiologischen Gründen anders, viele von ihnen wissen es gar nicht. Am weitesten verbreitet ist die Rot-Grün-Sehschwäche, von der immerhin 9% aller Männer betroffen sind (das fehlende X-Chromosom ist schuld). Es gibt jedoch noch viele weitere Formen dessen, was man umgangssprachlich als Farbenblindheit bezeichnet.

Helmut hat am Institut für Physiologie der Universität Wien einen kurzweiligen und aussagekräftigen Test gefunden, der einem sofort Auskunft über das eigenen Farbsehen gibt. Es gilt, Farbpunkte nach ihrer Tönung richtig anzuordnen. Heraus kommt idealerweise eine Kurve im Farbraum (siehe Bild). Sollten sich die Verbindungen zwischen den Punkten irgendwo kreuzen, ist ein Gang zum Augenarzt angebracht.

5.3.08

enzovelo eröffnet

enzovelo

Es gibt sie, diese Herzensprojekte. Zum Glück immer wieder. Das Fahrradgeschäft enzovelo ist ein solches. Einerseits weil uns das Thema nahe liegt. Aber vor allem deshalb, weil Heinz «Enzo» Wipplinger eben Herz, Leib und Seele in sein Unternehmen wirft, und wir uns nur noch von der Begeisterung anstecken lassen müssen. Gleichzeitig ist er einer jener Auftraggeber, die uns ihr Baby vertrauensvoll in die Hände geben und die es sehr schätzen, wenn wir unsere Erfahrung einbringen, beraten und kritisch sind. So war es auch möglich, dass wir innerhalb kürzester Zeit ein komplettes Corporate-Design-Paket (minus Website, die nicht von uns kommt) geschnürt haben, das hoffentlich dabei mithilft, dem neuen Geschäft einen guten Start zu bescheren.

Wer Lust hat, kann sich morgen davon selbst überzeugen: enzovelo schmeißt eine kleine Eröffnungsfeier. Zu erleben gibt es Fahrräder jenseits von Mountainbike oder Rennrad, ebenso extravagant wie alltagstauglich: Liegeräder, Elektrobikes (Pedelecs) oder auch handgeschweißte Designvelos aus Deutschland. Ich kann selbst leider nicht dort sein, aber Helmut wird die kreisrote Stellung halten.

velos

enzovelo

Ort: 1090 Wien, Spittelauer Lände 11

Zeit: 6. März, ab 19:00 Uhr

27.2.08

Schnittige Autos

Es ist immer wieder schön, nicht nur luftige Designideen zu entwickeln, sondern letztendlich auch ein Ding in die Welt zu stellen. Auch wenn es nichts Anderes ist, als dass jemand nach unseren Anweisungen ein paar bunte Folien auf Autos klebt. Im Falle des Immobiliendienstleisters Real Care sind sie aber, so finde ich, doch sehr schnittig geworden.

25.2.08

18.2.08

Lustiges Logo

Mein Freund Reinhard hat mir dieses Juwel zugespielt. In diesem Fall muss ich es dazu sagen: Es geht um nichts Schlüpfriges, sondern um Gartengestaltung. Was möchte uns also diese Tafel sagen? Zehn Theorien dazu:

1. Wir pflanzen genügend Büsche und Unterholz, um für Sichtschutz zu sorgen.

2. Wir sind lustige Kerle und können uns durchaus erlauben, Scherze über sexuelle Belästigung zu reißen; ein Schuft, der etwas Böses denkt.

3. Damit die Dame des Hauses auch etwas davon hat, gärtnern wir unter unserer Schürze grundsätzlich nackt.

4. Der aufgerissene Mantel steht für transparente Preisgestaltung.

5. Unsere Leute haben immer ein Lächeln für Sie übrig. Auf Anfrage auch ein schmutziges Grinsen.

6. Unser Schriftzug ist dermaßen haarsträubend gesetzt, dass wir ihn grundsätzlich mit einem Mantel überdecken.

7. Wozu ein Logo, wenn man auch eine lustige Illustration haben kann?

8. Sex sells Rollrasen

9. Gärtner tendieren zu Krähenfüßen.

10. Wozu Geld ausgeben, wenn mein 12-jähriger Neffe eh so gut zeichnen kann?

13.2.08

Achtung, Marke!

Sie kommt so unvermeidlich wie das Tauwetter: Die neue Markenartikelkampagne unter dem Motto «Achten Sie auf die Marke». So schaut das momentan aus. Markenartikel, die aus dem weißen Plakat fliegen, manchmal mit, manchmal ohne angepeiltes Zielpublikum, das ihnen nachhüpft. Dazu kommt die Website mit dem obligaten Gewinnspiel, das auch in Fernsehspots beworben wird. Vor allem wird aber flächendeckend plakatiert.

Laut Marktforschung haben 45 Prozent der befragten Personen aufgrund der letzten Kampagne mehr Markenartikel gekauft. Ein Zeichen dafür, dass der dicke Werbeeuro halt doch noch wirkt - zumindest in Kombination mit einer Marktforschung, die die «richtigen» Fragen stellt.

Für mich jedenfalls ist die Kampagne und alle ihre Vorgänger eher ein Symptom für den Niedergang des klassischen Markenartikels, flankiert vom Niedergang der klassischen Push-Werbung. Allein schon die Tatsache, dass die Aufforderung «Achten Sie auf die Marke» notwendig ist, zeigt, wie sehr der Markenartikel von seiner unehelichen Schwester, der Handelsmarke, unter Druck gesetzt wird. Das ist selbstverständlich auch die Motivation für die unglaublichen Budgets, die in diese Kampagne gesteckt werden. Eigentlich wäre es ja die primäre Eigenschaft einer gut eingeführten Marke, dass sie in den Köpfen des geneigten Konsumpublikums verankert ist – und daher auch beachtet wird. «Achten Sie auf die Marke» ist daher weniger ein selbstbewusster Slogan, als die manifestierte Befürchtung, dass es mit den beworbenen Marken nicht mehr weit her sein könnte.

Dazu kommt noch die Wortwahl der Kampagnensujets, die sich an den jeweiligen Werbelinien der Markenartikel orientiert. Da finden sich Headlines wie «Unerreichter Rindsgeschmack», »Unerreichte Zuckerseiten» oder «Unerreichtes Wascherlebnis». Ich habe zwei kleine Kinder und schon unzählige Waschgänge hinter mir, aber ganz ehrlich: jegliches Wascherlebnis ist mir bisher dabei abgegangen. Wahrscheinlich, weil ich eine Waschmittel-Handelsmarke benutze. In ihrer Geballtheit zeigt die Kampagne also auch, wie sehr sich die Werbesprache in der Marktenartikelreklame von allem entfernt hat, was nachvollziehbar oder auch nur in der normalen Sprache zu verwenden wäre.

Das bedeutet nicht, dass der Markenartikel tot wäre. Oder drücken wir es so aus: Der klassische Markenartikel ist tot, aber die Marke lebt. Damit meine ich echte Marken, die ihre Einzigartikeit nicht nur behaupten. Marken, die eine klare Botschaft haben, ein klares Versprechen abgeben und dieses dann auch halten. Marken, die mit ihrem Auftritt quer in der Landschaft liegen, gegen den Strom schwimmen und Trends lieber selbst setzen, als ihnen nachzurennen. Marken, die sich ihre eigenen Märkte schaffen, weltweit oder auch nur in Wien und Umgebung. Es gibt sie, und man muss nicht lange nach ihnen suchen, weil sie gut im Kopf verankert sind: Red Bull, iPod, Bugaboo oder auch die Wurst mit dem wohl schicksten Design der Welt, Neuburger. Die Liste könnte noch einiges länger sein: Wer Lust hat, möge Sie in den Kommentaren ergänzen!

Bild: Gewista

29.1.08

Andruck

Da ich kürzlich wieder mal zum Andruck CMYK-geschwängerte Luft einatmen durfte, hier ein paar Tipps, worauf man dabei achten sollte.

Zunächst einmal für alle geneigten Leserinnen und Leser, die nicht so offset-firm sind: Der Andruck, auch Farbabgleich genannt, ist ein Termin, den man sich mit der beauftragten Offset-Druckerei ausmacht. Besonders dann, wenn es beim Endresultat auf die Farben ankommt – also fast immer. Die Idee dabei ist folgende: Trotz PDF, Farbmanagement, hoffentlich gut kalibrierten Profi-Bildschirmen und farbverbindlicher Proofs ist es nach wie vor schwer, das gedruckte Endresultat auf dem Originalpapier vorherzusagen. Gleichzeitig kann beim Einrichten einer Druckmaschine einiges schief gehen. Ganz nett, wenn man als Auftraggeber da einen kontrollierenden Blick drauf werfen kann. Bei der Gelegenheit kann man zwar kein Motiv mehr verändern (außer man hält die Maschine an und beginnt von vorne – das wird aber teuer), aber doch die Farbbalance des Druckprodukts beeinflußen.

Worauf sollte man also achten, wenn die einem die Druckbögen vorgelegt werden?

1. Passgenauigkeit Da beim Offsetdruck vier Platten nacheinander auf den Bogen drucken, können sich kleine Verschiebungen ergeben. Wenn dem so ist, wirken Bilder unscharf, farbige Schrift erhält einen unschönen Schatten. Deshalb schaut man sich, meist mit einer Lupe (Fadenzähler) die so genannten Passerkreuze (siehe Bild) genau an. Liegen die Linien des Kreuzes übereinander, passen die Platten.

2. Zulaufen Besonders aufpassen sollte man auf negative Schrift, also weiße Buchstaben auf farbigem Grund. Wenn das Papier sich zu sehr mit Farbe vollsaugt, können sie zulaufen. Das heißt, der Rand der Buchstaben wird von der Farbe angenagt, sie werden dünner und weniger scharf. Die Leserlichkeit leidet. Das sollte man schon bei der Gestaltung beachten, beim Andruck kann möglicherweise ein Papierwechsel helfen.

3. Farbflächen Flächig einfärbig gedruckte Farbbereiche wie Balken oder Hintergründe sollten gleichmäßig sein. Die Gefahr besteht, dass sich bei zu hoher Luftfeuchtigkeit oder dem falschen Papier wolkenartige Muster bilden. Unschöne Geschichte.

4. Schmuckfarben Schmuckfarben von Pantone oder wem auch immer sollten ja immer gleich aussehen, dafür ist der Standard ja da. Zumindest theoretisch. Praktisch hat natürlich wieder der Bedruckstoff, also das Papier, viel Einfluss. Also: Pantonefächer daneben legen und den Direktvergleich machen. Etwas Farbtoleranz muss allerdings sein.

5. Farbbalance Das ist nun der wirklich haarige Teil, bei dem sich entscheidet, ob an der Maschine ein Profi steht. Trotz Farbmanagement und Standardisierung ergeben sich beim Druck oft Farbstiche oder unausgeglichene Farbtemperaturen. Ein Profi hat das schon ausgeglichen, bevor wir kommen. Aber Farbwahrnehmung ist auch individuell, und Farbbalance ist immer ein Kompromiss. Manchmal nehme ich also blaustichige Fotos in Kauf, damit das Logo in der richtigen Farbe erscheint, manchmal ist es umgekehrt. Ein guter Indikator für die Farbbalance sind Hauttöne. Menschen auf Fotos sollten nicht unbedingt wie frisch aus dem Solarium aussehen, genau so wenig ist aber ein Zombie-Teint erwünscht. Hier kann man mit ein bisschen Drehen an den Farbreglern beim Andruck noch viel erreichen.

6. Vergleich mit dem Proof Der Andruck wird immer mehr durch farbverbindliche Proofs, also sehr sorgfältig gemachte digitale Vordrucke, ersetzt. Der Idealfall ist aber beides: Gute, vom Auftraggeber abgesegnete Proofs und ein Direktvergleich des Druckbogens mit dem Proof beim Andruck.