2.10.08

Typografie-Tipps 1: Zeilenabstand

Viele Satzfehler passieren bei den banalsten Dingen. Zum Beispiel beim Zeilenabstand, im Fachjargon auch Durchschuss genannt. Die aus MS Word bekannten Kategorien einfacher, 1,5-facher und doppelter Zeilenabstand sind etwas unpräzise. Doch selbst bei Word kann man genauer einstellen: Im Menü Format-Absatz einfach «genau» oder «mindestens» auswählen und dann eine Punktgröße einstellen. Die Punkte beziehen sich allerdings nicht eigentlich auf den Abstand, sondern auf die Zeilenhöhe. Stellt man bei einer 10-Punkt-Schrift also 13 Punkt Zeilenabstand ein, hat man tatsächlich 3 Punkt Durchschuss.

Einen «richtigen» Zeilenabstand zum quer Drüberbügeln gibt es nicht. Je nach Schriftgrad, Schriftart, Textmenge und Zeilenlänge ist mehr oder weniger davon erforderlich. Wenn ich mir Amateurtexte anschaue, ist da aber meistens zu wenig Durchschuss.

Wie entwickelt man nun ein Auge für den richtigen Zeilenabstand? Grundsätzlich ist der Zeilenabstand dafür da, dass die Augen beim Lesen auf der Zeile bleiben und nicht hoch oder runter hüpfen. Dafür sollte der optische Abstand zwischen den Zeilen mindestens so groß sein wie der Abstand zwischen den Wörter, eher etwas größer. So wie im ersten Absatz unseres Beispiels.

Ist der Durchschuss zu klein bzw. negativ, können die Unterlängen der oberen Zeile und die Oberlängen der unteren Zeile kollidieren, so wie das «p» und das «l» im zweiten Absatz. Das ist hässlich, stört den Lesefluss und verleitet zum Zeilenspringen.

Reichlich Zeilenabstand verbessert also die Leserlichkeit eines Textes und ist fast wichtiger als die Schriftgröße (Jargon: der Schriftgrad). Ein alter Designerschmäh ist jener: Kunde wünscht größere Schrift, Designer macht Schrift kleiner und Zeilenabstand größer, Kunde freut sich über die größere Schrift.

Größer ist natürlich nicht immer besser: Wenn der Zeilenabstand zu groß ist, fallen die Zeilen auseinander, es gibt keinen schönen Textblock mehr und es fällt schwer, vom Ende der einen zum Anfang der nächsten Zeile zu springen. So wie im untersten Beispiel.

Der richtige Zeilenabstand ist also immer relativ. Die Faustregeln dafür lauten:

  • Je kleiner die Schrift, desto größer der Zeilenabstand
  • Je länger die Zeile, desto größer der Zeilenabstand
  • Umgekehrt: Je kürzer die Zeile, desto kleiner der Zeilenabstand
  • Unterlängen und Oberlängen dürfen sich nicht berühren
  • Der Textblock soll einheitlich erscheinen, von der Ferne betrachtet weder schwarz noch weiß sein, sondern mittelgrau

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