12.12.06

Top 30 Grafikdesign Blogs

Dieses Blog soll ja gerade nicht ein Forum der Selbstbeweihräucherung sein, aber es ist bald Weihnachten, und da kann man sich mal was gönnen. Die schöne Netzpräsenz Top 100 Business Blogs bemüht sich, die besten und beliebtesten Blogs aus unternehmerischer Feder in deutschsprachigen Landen zusammenzustellen und zu reihen. Netterweise ist man dabei auch über das kreisrote Rundschreiben gestoßen und listet uns seither unter den Top 30 der Kategorie Grafikdesign, nach solchen unverzichtbaren Informationsquellen wie Fontblog und HD Schellnack. Ganz einsam leuchtet bei uns ein österreichisches Fähnchen unter ganz viel Schwarz-Rot-Gold. Ich würde ja gerne sagen, dass wir die einzigen sind, aber der Kollege Eixelsberger wurde fälschlicherweise eingedeutscht. Die Reihung der Blogs erfolgt übrigens auf Basis der Backlinks auf Technorati. Dementsprechend freuen wir uns, wenn fleißige Blogger auf den einen oder anderen interessanten Artikel im Rundschreiben verweisen.

5.12.06

Typography School

David Dabner von der London College School of Printing meint: Computer machen schlampig. Er hat insofern recht, als uns der Computer vorgaukelt, dass jeder alles kann. Selbst für Layout gänzlich ungeeignete Programme wie Microsoft Word geben jedermann Werkzeuge in die Hand, um schnell einmal einen Geschäftsbericht, eine Zeitschrift oder ein Kundenformular zu basteln. Das Resultat tendiert dazu, unübersichtlich, unleserlich und unprofessionell zu werden. Das sieht auch der Laie, doch nur der gelernte Typograf wird sehen, wo das Problem liegt. Im Detail. Am fehlenden Wissen.

Dabners Vorschlag, sich mal an die Druckerpresse zu stellen und auch mal zwischendurch Papier und Bleistift in die Hand zu nehmen, ist sinnvoll. Man lernt so das Handwerkszeug der Typografie, das bis heute die Basis guten Layouts ist; egal, wie es letztlich umgesetzt wird. Schließlich arbeiten wir bis heute trotz Desktop-Publishing und Digitaldruck mit Schriften, Begriffen und ästhetischen Prinzipien aus dem 16. Jahrhundert. Die Werkzeuge haben sich verändert. Das Prinzip des Lesens nicht.

27.11.06

Alibi-Identität

Ein neues Corporate Design beginnt mit der Arbeit an der eigenen Identität. Gute Designs können nur entstehen, wenn vor dem ersten Entwurf klar ist, welche Botschaft wir überhaupt kommunizieren wollen. Deshalb nötigen wir unsere Kunden, bevor wir irgend etwas tun, mit uns in einem kleinen Workshop die eigene Corporate Identity, also die Unternehmensidentität, genauer anzuschauen.

Ein fixer Bestandteil dieses Workshops ist die Suche nach Adjektiven, die zentrale Qualitäten des Unternehmens beschreiben. Erstaunlicherweise ist es für viele Kundinnen und Kunden nicht einmal so leicht, spontan fünf solche Adjektive zu produzieren. Im Alltagsgeschäft gehen die eigenen Stärken allzu oft vergessen. Noch öfter kommen bei dieser Übung jedoch Stichworte wie diese heraus:

  • Professionell
  • Verlässlich
  • Kundenorientiert
  • Innovativ
  • Dynamisch

Wie viel diese Begriffe wert sind, dass haben die Kollegen von Identitäter in ihrem Alibi-Leitbild auf wunderbare Weise dargestellt: Es sind nur nach Schema F reproduzierte Floskeln. Der Unternehmer und die Unternehmerin listet also auf, was heute für jede Firma selbstverständlich sein sollte.

Da hilft nur genaues Nachfragen. Was genau bedeutet »professionelles« Arbeiten für Sie? Und inwiefern sind anderen Anbieter am Markt weniger professionell? Was ist es ganz konkret, dass Sie von der Masse unterscheidet? So treten oft erstaunliche Dinge zu Tage, die man nie erfahren hätte, hätte man sich mit den Floskeln abspeisen lassen.

Warum das Nachbohren so wichtig ist? Ganz einfach: Die informierten Konsumentinnen und Konsumenten der Gegenwart haben inhaltsleere Versprechen satt. Sie wollen Fakten statt Superlative, handfesten Nutzen statt flüchtige Features. Sie wollen wissen, warum sie gerade bei diesem Unternehmen kaufen sollen, wo es doch so viele andere gibt.

Wenn das auch der Logo-Designer weiß, dann wird mehr herauskommen als bunter Schmuck für die rechte obere Ecke der Visitenkarte. Dann wird das Logo Ausdruck der einzigartigen Identität des Unternehmens, ein Zeichen mit dem Potenzial zur Marke.

20.11.06

Gar nicht lustig

Wohl keine Schriftart der Welt – mit der möglichen Ausnahme von Arial – ist unter Designern so unbeliebt wie Comic Sans. Der Grund dafür ist paradoxerweise in ihrer Beliebtheit bei Nicht-Designern zu suchen. Seit Windows 95 schickt Microsoft die Schrift mit seinem System mit, und seither schmückt die Comic Sans alles, was irgendwie lustig, freundlich und verspielt sein soll. Von der Menükarte über den Firmenfolder bis hin zum Plakat.

Dabei schreibt selbst der Designer der Comic Sans fast entschuldigend auf seiner Website, dass diese Schrift nur für die Sprechblasen eines lustigen Hundes in einem Microsoft-Programm gezeichnet wurde. Für längere Texte oder gar Beschriftungen war sie nie gedacht. Doch dann spielte das Prinzip «Microsoft Office»: Was an Schriften installiert ist, wird auch eingesetzt. Die Resultate sind unter anderem bei Flickr zu bestaunen.

Das macht Designer wütend. So wütend, dass sie eine Aktion gestartet haben, die Comic Sans verbieten will: Ban Comic Sans. Eine lustige Aktion gegen die nicht lustige Schrift? Nun, die Abneigung der Profis gegen Comic Sans hat Gründe jenseits des Branchendünkels. Comic Sans hat keine durchgehende Grundlinie, dadurch scheinen die Buchstaben herumzuspringen und das Auge wird nicht geführt. Die Bögen und Schenkel der Buchstaben sind krakelig, die Buchstaben mal nach links, mal nach rechts geneigt. Auch das hemmt den Lesefluss ungemein. Durch die unruhige Führung wird auch die Erkennbarkeit auf Distanz minimiert. Kurz: Comic Sans ist schlicht und einfach keine Leseschrift. Dann doch lieber Times New Roman.

9.11.06

Richtig gestrichen

Typografie ist die Lehre der pingeligen Fitzelei beim Schriftsetzen. Die Verbreitung der elektronischen Textverarbeitung hat dazu geführt, dass jeder und jede vollautomatisch gedruckte Texte produzieren kann, ohne sich weitere Gedanken zu machen. Das hat einerseits dazu geführt, dass man heute sorgfältig argumentieren muss, was die Kunst der Typografie ausmacht, und andererseits dazu, dass Typo-Fehler allgegenwärtig sind.

Am leichtesten lässt sich das an den diversen Strichen festmachen, welche die deutsche Schriftsprache strukturieren. So hat das Zollzeichen (") zu einer unglaublichen Verbreitung gefunden, ohne dass wir in Europa das metrische System aufgegeben hätten. Statt als Maßeinheit wird es als Ersatz für die guten alten „Anführungszeichen“ benutzt, die im Deutschen wie zwei kleine Neuner vorne unten und zwei kleine Sechser hinten oben gesetzt werden. Alternativ kann man es auch den Franzosen nachmachen und »französische« Anführungszeichen setzen. Die gehen auch mit der Spitze nach «außen». Ein Apostroph übrigens sieht so ’ aus und nicht wie ein französischer Accent so ` oder so ´. Auch ja, der deutsche Genitiv braucht kein Apostroph, außer das Wort endet auf einen S-Laut. Also «Aristoteles’ Schriften», aber NICHT «Mausi’s Würstelecke».

Durch die omnipräsente Textverarbeitung scheint auch der Gedankenstrich mehr oder weniger das Zeitliche gesegnet zu haben. Ihm hat der kürzere Trennstrich (= Divis) das Wasser abgegraben. Eine Rationalisierungsmaßnahme? Der Gedankestrich – eingesetzt, um eingeschobene Satzstücke abzutrennen oder Pausen im Text anzudeuten – ist etwas länger als der Trennstrich, der getrennte und zusammengesetzte Worte wie «Existenzanalytiker-Gemeinschaft» verbindet.

Eigentlich gar nicht so schwer, wenn man es mal verstanden und die notwendigen Tastenkombinationen auf seiner Tastatur gefunden hat. Ausführlichere Erläuterungen gibt es auf dieser Website.

28.10.06

Preisgekrönt

Ein offener Brief der deutschen Gestalterin Juli Gudenus hat diesen Sommer in PAGE und im FontBlog einiges ausgelöst. Sie stellte die berechtigte Frage, warum man zur Teilnahme am «Designpreis der Bundesrepublik Deutschland» eingeladen wird, um dann gleich zur Kasse gebeten zu werden. 210 Euro für die Einreichung, 2.900 Euro für Preisträger. Ob da gewinnen überhaupt noch Spaß macht? Im Internet-Fernsehsender Ehrensenf vermutete man jedenfalls eine geschickte Aktion zur Wiederbefüllung der deutschen Staatskasse.

In 4c ist nun zu lesen, dass die Dortmunder Anwältin Sabine Zentek als Reaktion auf solche Zustände den Verein «FIDIUS» gegründet hat. Die Idee: Ein Preis soll faire Designwettbewerbe auszeichnen und miese brandmarken. Denn bei Wettbewerben wird laut Zentek nicht nur Abzocke, sondern auch fleißig Ideenklau betrieben. «Gut 80 Prozent der uns vorliegenden Wettbewerbe sind nur Nepp», erklärte Zentek gegenüber 4-c. Demnächst sollen auch die österreichischen Designpreise unter die Lupe genommen werden. Wir sind gespannt auf die Resultate.

Design-Wettbewerbe sind in der Theorie dazu da, guten Designern die Möglichkeit zu geben, die eigenen Arbeiten bekannt zu machen. Womöglich sogar jenen, die noch nicht so bekannt sind. Leider funktioniert das eher selten. Die Hürden sind zu groß. Finanzielle Hürden, wie beim Deutschen Designpreis, aber auch inhaltliche. Wer noch nicht bekannt ist, hat auch keine großen Kunden und damit selten die Möglichkeit, alle gestalterischen Mittel auszuschöpfen. Wenn man mit einem kleinen Logo für ein Kleinunternehmen gegen das Corporate Design eines Multis antritt, stehen die Chancen schlecht, selbst wenn die Qualität der Arbeit internationales Format hat. Die Folge: Die großen Namen gewinnen die großen Preise, sitzen im folgenden Jahr in der Jury und hieven wiederum die Kollegen aufs Podest.

Vielleicht sollte man sich als kleines Corporate-Design-Büro ja auch einfach aus dem Preisgeschäft zurückziehen. Was unsereiner entwickelt, sollen schließlich taugliche Werkzeuge für den Unternehmensauftritt sein. Die machen sich nicht so gut auf einem Designdiplom, verhelfen dem Kunden aber zu einer wirksamen Präsenz am Markt. In diesem Sinne: Genug gejammert und an die Arbeit!

Corporate Design
Fidius

12.10.06

Design ist effizient

Der Begriff Effizienz wird von Kreativen nicht gerne in den Mund genommen. Möglicherweise aus Angst davor, im Namen der Effizienz beim kreativen Prozess beschnitten zu werden und die besten Ideen den Zeit- und Geldbudgets der Auftraggeber opfern zu müssen. Was da aber unter dem Titel «Effizienz» passiert, ist in Tat und Wahrheit Verschleuderung von Ressourcen.

Effizienz bedeutet, dass Aufwand und Nutzen in einem guten Verhältnis zueinander stehen. Man möchte also einen möglichst hohen Nutzen mit möglichst geringem Aufwand erreichen. Ein Ziel, das die Überschrift für jedes Corporate-Design-Projekt sein könnte. Dabei sollte allerdings die Betonung auf dem maximalen Nutzen liegen; einem konkreten unternehmerischen Nutzen, der für jedes Projekt genau definiert werden muss. Es sind Dinge wie maximale Sichtbarkeit und Präsenz am Markt, Differenzierung von den Mitbewerbern, Zielgruppenaffinität der Geschäftsunterlagen, Visualisierung der Unternehmensbotschaften, rasche Einsatzfähigkeit von Werbemitteln, kostengünstige Druckproduktion und viele mehr.

Zu viele vermeintliche Effizienzdenker legen jedoch die Betonung auf den minimalen (finanziellen und zeitlichen) Aufwand und nehmen damit bewusst oder unbewusst in Kauf, dass es mit dem Nutzen nicht weit her ist. Oft spielt sich dann folgender Teufelskreis ab: Was man gerade braucht, zum Beispiel eine Website, wird so schnell und so billig wie möglich produziert. Danach muss ein Logo her und natürlich eine Visitenkarte. Schnell und billig. Das neue Logo führt allerdings zu einem Redesign der Website, weil beides nicht zusammenpasst. Leider knittert der Visitenkartenkarton und neue Mitarbeiter gibt es auch. Also alles neu, bitte. Aber billig!

Unternehmerisch gesehen ist das das Gegenteil von Effizienz. Der schnell zusammengeschusterte, in sich nicht stimmige Auftritt bringt weder Nutzen, noch spart er in Summe Kosten. Das geht nach dem etwas in Vergessenheit geratenen Motto «Wer billig kauft, kauft teuer.»

Effizientes Corporate Design bedeutet, einmal genügend Zeit und Geld zu investieren, um danach ohne Folgekosten von hohem Nutzen zu profitieren. Wenn einmal das Fundament eines passenden, stimmigen und praktischen Corporate-Design-Konzepts besteht, kann das ganze Marketing über viele Jahre und Jahrzehnte hinweg darauf aufbauen. Das betrifft auch die Effizienz des täglichen Geschäfts: Von der Ausstattung des neuen Mitarbeiters über die Aktualisierung der Website bis hin zum Messestand - alles geht schneller, günstiger und besser, wenn das Design-Fundament bereits steht.

Kosteneffizienz im besten Sinne ist also etwas, das gutem Corporate Design eigen ist. Es ist also unsere Aufgabe als Design-Unternehmen, die Scheu vor dem Begriff «Effizienz» zu verlieren und ihn statt dessen als gutes Verkaufsargument zu nutzen.

3.10.06

Forget Feng Shui

«Business Feng Shui» ist ein Schlagwort, das schon seit längerer Zeit durch die CD-Szene geistert. Dementsprechend verlangen auch immer mehr Kunden, den Aspekt Feng Shui in die Gestaltung von Logos mit einzubeziehen. Auch wenn man der ursprünglich chinesischen Philosophie einiges abgewinnen kann, führt dieser Trend doch klar in die falsche Richtung.

Feng Shui hat sich in der Gestaltung von Räumen bereits sehr breit gemacht. In der ursprünglichen Idee keine schlechte Sache, geht es doch darum, den Fluss von «Energie» in Räumen sicher zu stellen. Weniger esoterisch ausgedrückt: Unsere Umgebung beeinfluss unser Leben, deshalb ist es sinnvoll, Platz, Raum und Luft zu schaffen. Auch ohne Philosophie, mit etwas Nachdenken und Bauchgefühl kommt man darauf, dass Möbel nicht im Weg herumstehen sollten und Spiegel über dem Bett dem Schlaf nicht zuträglich sind.

Die westliche Esoterik-Welle hat unter dem Titel «Feng Shui» allerdings ein Set von Faustregeln aufgestellt, in denen das Applizieren von Windspielen und ähnlicher Hokuspokus eine große Rolle spielen. Wände werden gemäß Geburtsjahr und -element gestrichen, Bilder dem korrekten Symbolgehalt entsprechend aufgehängt. So wird aus einer Philosophie eine bunte Hexenküche mit Selbstbedienung.

Nicht anders im «Business Feng Shui». Selbstverständlich ist es wichtig, den symbolischen Gehalt eines Logos genau so zu beachten wie eine dynamische Linienführung. Logisch können scharfe Kanten und spitze Winkel negativ wirken, wenn sie falsch eingesetzt werden. Und natürlich passen gewissen Farben besser zu einem Unternehmen als andere. Dazu brauche ich keine Philosophie außer jene des sorgfältigen Designs.

Die Hexenküche des Business Feng Shui schreibt jedoch fixe Zutaten für Firmenfarben und Firmenlogos vor, die sich nach dem Geburtsjahr der Gründerin oder des Gründers und deren/dessen Position im chinesischen Elementesystem richten. Dazu kommt ein sehr beschränktes Set asiatischer Symbole, bei denen man sich je nach Erfolgswunsch bedienen kann. Die Folge davon: Alle «Feng Shui Logos» sehen ungefähr gleich aus. Sie sind meistens rund, blau und verwenden dazu Metalltöne wie Silber und Blau. Sie sind damit verwechselbar, schlecht reproduzierbar und alles andere als individuell. Aber was für ein Qi!

Patentrezepte wie jene der westlichen Feng-Shui-Esoterik sind kontraproduktiv. Sie verstellen Unternehmern wie Designern den Blick auf das, worum es eigentlich geht; mit aller Kreativität Zeichen zu schaffen, die auf einzigartige Weise die Botschaft des Unternehmens kommunizieren. Ob das Resultat gut ist oder nicht, das sollte aufgrund von objektiven Kriterien gemessen werden, nicht mit dem «I Ging».

26.9.06

Redesign aktuell

In der Bundesrepublik Deutschland gehen derzeit die Wogen hoch. Der Grund: Gleich zwei bekannte Unternehmen haben sich diese Woche entschlossen, massive Änderungen in ihrer Markenstrategie vorzunehmen. Schon länger am Horizont abgezeichnet hat sich die Aktion des Einzelhandel-Riesen und Billa-Besitzers Rewe. Das Unternehmen hat am Montag 3.000 Supermärkte für die neue Dachmarke »Rewe« fit gemacht. 350 Arbeiter montierten unter anderem 24.000 Quadratmeter Acrylglas, um innerhalb eines Tages Kleinmärkte namens »HL« oder »Minimal« verschwinden zu lassen. 60 Millionen Euro habe die Großaktion gekostet. Die gut etablierte Marke »Penny« bleibt erhalten, die österreichischen Marken »Billa«, »Bipa« und »Merkur« bleiben wohl auch unangetastet.

Gleichzeitig wurde bekannt, dass sich das rasend erfolgreiche Online-Netzwerk »openBC« ab morgen offiziell »XING« nennen wird. Der neue Name und das neue Logo haben in der Blogosphäre einiges an Aufregung und Häme produziert. Der Wechsel wäre unnötig, man werfe eine erfolgreiche Marke weg und warum, bitte, hat niemand die fast zehn Millionen User gefragt? Das neue Logo scheint sowieso niemandem zu gefallen. So einfallslos!

Viel Hintergrund zu den beiden Rebrandings gibt es derzeit nicht. Klar ist jedoch, dass es sich um klare strategische Entscheidungen handelt, für die durchaus gute Argumente sprechen. Die Rewe Gruppe hat in den letzten Jahren ihr öffentliches Profil gestärkt, um vom Image des Tante-Emma-Laden-Killers weg zu kommen. Da ist es nur logisch, im nächsten Schritt ein paar mäßig bekannte Marken zu opfern, um die Identifikation zwischen Markt und Unternehmen herzustellen. Unternehmen wie Spar oder die Schweizer Migros sind und waren mit der Monobrand-Strategie ausgesprochen erfolgreich. Man riskiert zwar, dass sich negative Nachrichten über den Konzern direkter aufs Konsumverhalten im Markt auswirken. Umgekehrt hat aber zum Beispiel Migros bewiesen, dass kulturelles, soziales und ökologisches Engagement des Unternehmens den Umsatz an der Kasse positiv beeinflussen kann. Wenn sich also Rewe als Unternehmen gut verkauft, werden auch die Märkte profitieren.

Der Name »openBC« ist dagegen ein Opfer des eigenen Erfolgs geworden. Man ist in internationale Märkte vorgestoßen, in denen die englische Sprache und Aussprache zu Schwierigkeiten führt. Das größere Problem ist aber, dass mit dem Erfolg auch die Nachahmer gekommen sind. Und dass »open Business club« kein guter Markenname ist, weil er das Produkt zu generisch beschreibt. Das Unternehmen wird kaum verhindern können, dass andere »Business Clubs« oder »Open Clubs« entstehen. Deshalb heißt »Ebay« eben nicht »Webaction.com« und »Amazon« nicht »onlinebookstore.com«. Der Begriff »XING« ist sowohl im westlichen als auch im asiatischen Raum positiv besetzt und stellt einen Bezug zum Netzwerk her, denn »X-ING« kann auch für »Crossing« stehen. Klar ist der Name nicht einzigartig, aber das gilt für praktisch jedes Wort, das nicht komplett per Zufallsgenerator entstanden ist und klingt wie der zweite Vorname eines Marsbewohners.

Das Logo dazu wird in den openBC-Foren einfallslos und nichtssagend geschimpft. Ich würde sagen, dass es simpel, klar und geradlinig ist, nicht zu viel vorwegnimmt und dennoch im Icon Kommunikation und Verbindung andeutet. »XING« wird sich bewähren.

Die derzeitige Diskussion zeigt auch, dass es wenig sinnvoll gewesen wäre, alle 9,6 Millionen User zu ihrer Meinung zu befragen. Die Debatte hätte sich nur um das Thema »wem gefällt was« gedreht, die guter Markenpolitik nicht zuträglich ist. Am Ende wäre nur ein kleinster gemeinsamer Nenner herausgekommen, der das Unternehmen nicht weiter gebracht hätte. Es hat einen mutigen, klaren und radikalen Schritt der Geschäftsleitung gebraucht, um die Versäumnisse der Pionierzeit wettzumachen. In ein, zwei Jahren wird das alles vergessen sein, und wir werden alle fröhliche Xinger und Xingerinnen sein.

21.9.06

Farben im Kopf

Die Frage nach guten Farben ist mindestens so beliebt wie die Frage nach guten Schriften. Vorbilder wie das Milka-Lila oder das Manner-Altrosa beweisen schließlich, dass eine gute gewählte Firmen- oder Produktfarbe an sich schon einen Markenwert ausmachen kann. Farben sprechen unmittelbar an, wirken emotional, haben das Potenzial zu polarisieren.

Wenn nun nach wirksamen und passenden Farben gesucht wird, zitiert man gerne die so genannte Farbpsychologie oder auch die Farbsymbolik. Beide Lehren gehen davon aus, dass Farben in der Mehrheit der Menschen gewisse Assoziationen auslösen, jeder Farbe ist eine Bedeutung zugeordnet. Rot ist die Liebe, Gelb ist der Neid, Grün ist die Hoffnung.

Solche Typologien kommentarlos zu verbreiten, halte ich aber für falsch. Der erste Grund: Die verschiedenen Modelle widersprechen einander. Und je nach Kultur ändert sich auch die symbolische Bedeutung. Die Farbe der Trauer kann Weiß oder Schwarz sein. Grün ist im Christentum die Farbe der Auferstehung, dominiert jedoch auch die Flaggen islamisch geprägter Staaten. Orange ist hierzulande ein Zeichen für Lebensfreude, im asiatischen Raum steht die Farbe für mönchische Entsagung. Alles klar?

Zudem wird oft vergessen, dass es neben dem kulturellen noch einen weiteren wichtigen Kontext gibt: Die Wirtschaft. Mindestens so wichtig für die Wahl meiner Produktfarbe ist die Farbe der Konkurrenzprodukte. Selbst wenn Grün symbolisch gesehen die ideale Farbe für Traktoren ist – John Deere hat sie nun einmal schon besetzt. Umgekehrt scheint Magenta eine denkbar unpassende Farbe für einen Telekommunikationsriesen zu sein. T-Mobile hat sich aber mit dem Mut zum Anderssein durchgesetzt.

Bei der Bewertung von Farben muss man also den gesamten Kontext betrachten. Rot kann demnach für den Kommunismus, Blut, Liebe, Glück (China), Wein, Sünde, Zorn, Freude oder Coca Cola stehen. Ist Grün nun Natur, Gift, Hoffnung oder ein Zeichen herannahender Übelkeit? Warum ist die Kombination Rot/Gelb/Orange einerseits als Warnfarbe, andererseits als Fast-Food-Logo so verbreitet? Alles eine Frage des Kontexts.

Glücklicherweise funktioniert auch die Wahrnehmung kontextbezogen. Niemand denkt beim Postgelb an Neid, keiner glaubt, dass unter dem McDonald's-Logo Gefahr droht. Wir haben die verschiedenen Farbbedeutungen gut eingelernt. Das bedeutet für die Erstellung von Logos und Markenzeichen, dass wir den Kontext des Produkts genau kennen müssen, uns in die Wahrnehmung der Zielgruppe hineinversetzen. Und dann entscheiden, ob wir Erwartungen entsprechen wollen oder mutig quer in die Farblandschaft hinein pinseln.

7.9.06

Redesign für Dummies

Wieder mal ein Linktipp für zwischendurch. Es geht um die hohe Kunst des Corporate Redesign, die allzu oft dazu genutzt wird, dem Unternehmensauftritt eine gesunde Portion marketingtauglicher Effekthascherei einzuspritzen. Das Resultat ist Arbeitsbeschaffung für Designer, denn ein Logo, das dem Trend hinterher rennt, wird nach zwei, drei Jahren schon wieder ausgebrannt sein. Auf zum nächsten Redesign!

Herzlichen Dank den Kollegen vom FontBlog, die in Armin Vits Blog eine wunderbar böse Anleitung zum Redesign gefunden haben. Anschauen! Und sich an den Kopf bzw. die eigene Nase greifen.

5.9.06

Der Logo-Friedhof

Nichts bleibt für die Ewigkeit. Nicht einmal gute Logos. Manchmal legt die Vergänglichkeit aber auch den Turbo ein. Zuletzt gesehen beim Logo für die Magistratsabteilung 61 (Standesämter und Staatsbürgerschaft), das wir für die Stadt Wien entwickelten.

Eigentlich ein Traumjob. Die Abteilungsleitung will in die Tiefe gehen und lässt uns 140 Mitarbeiter in Teams interviewen, um zu wissen, in welche Richtung wir inhaltlich gehen sollen. Nach den Interviews sind die Schwierigkeiten offen gelegt, aber auch Lösungsansätze vorhanden. Wir entwickeln Entwürfe und nach einem längeren Entscheidungsprozess entschließt man sich für den "Scheideweg". Es steckt viel drin in diesem Zeichen: eine Geburt, eine Heirat, eine neue Staatsbürgerschaft, ein Todesfall sind entscheidende Stationen im Leben, wo wichtige Richtungsentscheidungen getroffen werden. Der Mensch steht an der symbolischen Weggabelung und muss sich für eine Richtung entscheiden. Gleichzeitig kann das Logo auch für die vier Unterabteilungen der MA61 stehen, eine Puzzle, das zusammen ein Gesamtbild ergibt.

Ergab. Denn knapp ein Jahr nach Einführung des Logos wurden in der Stadt Wien die MA 61 und die MA 22 zur Magistratsabteilung 35 zusammengelegt. Und damit wanderte der Scheideweg in die Schublade.

Unser Trost: Wir sind nicht allein. Im Buch "Logo R.I.P." wird all jenen Logos gedacht, die nach kurzem oder langem Leben das Zeitliche gesegnet haben. Zum Teil wurden sie durch frischere Grafik ersetzt, zum Teil Opfer von Fusionen oder Pleiten. So konnte auch das schönste Zeichen konnte eine Firma wie Enron nicht retten. Liebe Logos, ruht in Frieden!

28.8.06

Ich-AG-Design

Das Konzept namens Corporate Design kommt aus der Welt der Konzerne. Ölkonzerne, Telekommunikationsriesen oder Markenartikler müssen sich selbstverständlich darum kümmern, dass sich durch ihre weit verzweigten Kommunikationsmaßnahmen ein halbwegs roter Faden zieht. Tatsache ist jedoch, dass die Großunternehmen die Minderheit sind. Zahlenmäßig weit überlegen, besonders in Österreich, sind Klein- und Kleinstbetriebe. Immer größer wird die Masse derer, die nicht klassische Unternehmen gründen, sondern als Arbeitslose, Wiedereinsteigerinnen oder Nebenerwerbstätige in die Selbständigkeit rutschen. Vieles, was für den Unternehmer nach Lehrmeinung selbstverständlich ist, bleibt für die EinzelunternehmerInnen undenkbar: Kreditfinanzierungen und damit Investitionen, Büro-Infrastruktur, Werbebudget, doppelte Buchhaltung und vieles mehr. Corporate Design ist deshalb für die meisten ebenfalls kein Thema.

Das hat durchaus seine Richtigkeit. Dort, wo keine Notwendigkeit und/oder kein Budget für irgend eine Form von Marketing vorhanden ist, hat Corporate Design wenig Platz. Wozu ein Logo, wenn es doch nicht eingesetzt wird? Wenn Logos nur aus dem Gedanken heraus entstehen, dass jedes Unternehmen ein Logo braucht, dann geht es meistens schief. Mangels Budget entschließen sich viele JungunternehmerInnen, sich selbst ein Logo zu basteln, weil man ja eh einen Computer hat. Die Resultate sind, pixelig auf 80-Gramm-Papier gedruckt und handgefaltet, fast überall zu bestaunen. Auch hier entsteht eine bestimmte Wahrnehmung, nur halt nicht die beste. Eine weniger kontraproduktive Strategie für No-Budget-Unternehmen wäre, sich einfach in der (Digital-)Druckerei seines Vertrauens nach einer Vorlage ganz schlichte aber professionelle Visitenkarten drucken zu lassen. Ohne Logo und ohne zu versuchen, nach mehr auszusehen, als man ist.

Ist Corporate Design für KleinstunternehmerInnen also sinnlos? Durchaus nicht. Wie bei den Großunternehmen geht es darum, konsequent aufzutreten und die zentralen Botschaften so klar wie möglich zu kommunizieren. Was bei einer One-Man- bzw. One-Woman-Show nicht immer leichter ist als bei den ganz Großen. Die Entwicklung eines Corporate-Design-Konzepts kann dabei helfen, das eigene Profil zu schärfen und sich am Markt von der Masse der dahin strudelnden Ich-AGs abzugrenzen. Es ist wie bei den Großen: Corporate Design kann den Unterschied machen, aber nur dann, wenn ich diesen Wert sehe und ihn einzusetzen weiß.

21.8.06

Schutz vor Kupfer

Unser Kollege Robert Salzmer hat wieder einmal Überblick bewiesen. Auf seinem Corporate-Identity-Portal CIdoc.net beschreibt er, wie erschreckend ähnlich das neue Logo der Messe "Genusswelten – Agraria Wels" dem bereits vor drei Jahren vorgestellten Zeichen der Bahamas sieht. Zufall ist das keiner, auch kein ein halb bewusstes Zitieren. Schockiert? Dabei gehört das Abkupfern zum Alltag. Der aktuelle Markenanzeiger des österreichischen Patentamts stellt uns zum Beispiel die neu registrierte Wort-Bild-Marke eines Hotels im Glemmtal vor, die doch nicht unwesentliche Ähnlichkeit mit einer bekannten Eismarke hat.

Wie kann jemand überhaupt eine Marke schützen, die ihm oder ihr offensichtlich nicht gehört? Nun, das Kupfern steht der Markenregistrierung nicht im Weg, wie das Patentamt informiert: "Die Existenz älterer identer oder verwechslungsfähiger Marken steht der Registrierung eines später angemeldeten Zeichens an sich nicht im Wege. Insbesondere kann der Inhaber einer älteren identen oder verwechslungsfähigen Marke mangels Parteistellung die Registrierung nicht verhindern." Erst nach der Registrierung kann der Inhaber der älteren Markenrechte eine Löschung beantragen oder gleich eine Unterlassungsklage gegen den Kopierer einbringen.

Der Registrator einer abgekupferten Marke kann sich allerdings nicht auf seine Ignoranz ausreden. Bei einer Markenregistrierung wird eine Ähnlichkeitsrecherche erstellt, die sowohl ähnlich klingende Produkt- und Firmennamen als auch optische Übereinstimmungen untersucht. Wer seine Marke als Wort oder Wort-Bild registrieren lässt, weiß also, aus welcher Ecke Gefahr droht.

Was bedeutet das für jene Unternehmen und Personen, die wirklich neue Logos und Firmennamen schützen lassen wollen? Die Markenregistrierung als "Markenschutz" zu bezeichnen scheint heikel. Als Inhaber von Markenrechten hat man keinerlei gerichtliche Garantie. Noch einmal ein Zitat aus dem Info-Blatt des Patentamts: "Die Marke verschafft ihrem Inhaber jedoch keine unanfechtbare Rechtsposition; das Ausschließungsrecht besteht lediglich gegenüber Rechten, die nach dem Anmeldetag oder Prioritätstag der Marke entstanden sind. Ältere (registrierte und unregistrierte) fremde Rechte (...) bleiben hingegen von der Markenregistrierung unberührt und sollten vom Anmelder vor der Registrierung der Marke – u.a. anhand der ihm vom Patentamt übermittelten Ähnlichkeitsrecherche – abgeklärt werden."

An sich eine gute Regelung: Das Markenrecht lässt dem Ideenklau keine Chance, selbst wenn der Urheber des Originals keine Registrierung durchgeführt hat. Lohnt es sich dann überhaupt, eine Marke zu registrieren? Es lohnt sich dann, wenn meine Wort-(Bild-)Marke wirklich neu ist. Das Patentamt klärt dann über die Ähnlichkeitsrecherche ab, ob tatsächlich niemand die Idee vor mir gehabt hat. Wenn dem so ist, habe ich im Markenregister einen eindeutigen Beweis dafür, dass ich der Erste war. Einen Beweis, der nützlich sein wird, wenn es darum geht, die Kupferer vor Gericht zu bringen.

8.8.06

Mein guter Name

Manche Firmen brauchen keinen Namen, weil sie schon einen haben. Der Eigenname des Gründers oder der Gründerin wird einfach auf das Unternehmen übertragen. Beispiele gibt es sonder Zahl, von "Lottes lustiger Bastelkiste" über den "Installateur Müller" bis hin zu Konzernen wie Henkel, Hewlett-Packard oder Siemens. Das funktioniert unter drei Voraussetzungen. Erstens: Man heißt nicht unbedingt Müller oder Meier. Zweitens: Mein Name ist schon bis zu einem gewissen Grad bekannt, oder es ist mir besonders wichtig, meinen Namen bekannt zu machen. Drittens: Es existiert tatsächlich eine hundertprozentige Identifikation des Unternehmens mit der Gründerpersönlichkeit und umgekehrt. Unter diesen Bedingungen kann Unternehmensidentität im positivsten Sinn entstehen, gekoppelt an die engagierte Persönlichkeit eines Gründers oder einer Gründerin. Viele gute Beispiele gibt es in der Technologie, wo Erfinderpersönlichkeiten wie James Dyson die Identifikationsfigur darstellen, bei großen Modemarken großer Designer wie Helmut Lang oder Coco Chanel und auch im Trainingsbereich mit Persönlichkeiten wie Dale Carnegie oder Emil Hierhold.

Zu den Eigennamen zählen aber nicht nur Vor- und Familiennamen, sondern zum Beispiel auch geografische Bezeichnungen. Diese sind bei Versicherungen besonders beliebt: Wiener Städtische, Zürich, Winterthur, Basler. Aber auch Amazon.com hat sich bei einem brasilianischen Fluss bedient. Geografische Namen können Identität stiften. Gerade die Schweizer Versicherungen verkaufen ihre Herkunft intensiv und erhoffen sich dadurch ein Plus an Seriosität und Vertrauenswürdigkeit in ihrem Image. Die Probleme geografischer Namen liegen auf der Hand: Eine Stadt wie Zürich hat an ihrem Namen die älteren Rechte, bei der Verteilung von Markenrechten und Domainnamen kann es deshalb zu Konflikten kommen, Verwechslungen sind an der Tagesordnung.

Geografische Namen haben also das Potenzial, die bestehende Identität einer Person oder eines Ortes auf ein Unternehmen zu übertragen. Das Übernehmen eines bekannten Namens bringt aber auch die Gefahr der Verwechslung und markenrechtliche Schwierigkeiten. Herausforderungen, die mit etwas Kreativität durchaus zu meistern sind.

Der Duden hilft

Die erste Station für jemanden, der auf der Suche nach einem Firmennamen ist, sollte der Duden sein. Eine zufällig aufgeschlagene Seite kann viel Inspiration bringen, das Synonymwörterbuch neue Ansätze. Nicht selten steht der perfekte Firmen- oder Produktname bereits im Duden – lexikalische Begriffe eigenen sich, richtig eingesetzt, für Markennamen.

Die einfachste Variante ist natürlich, eine Bezeichnung für das, was man verkauft, zu suchen. Wieso sollte man ein Geschäft für geländegängige Fahrräder nicht "Mountainbiker" nennen? Meistens gibt es einen Grund: Die allzu generischen Begriffe werden bereits von der Konkurrenz benutzt, zumindest in Form einer reservierten Netzadresse. Dazu kommt das Problem der Markenregistrierung, denn allgemein gültige Begriffe (jedenfalls alle, die im Duden stehen) können nicht geschützt werden. Das Wort "Haus" gehört allen und damit niemandem.

Spannend werden lexikalische Begriffe als Firmennamen, wenn der Name mit dem Produkt nur über Umwege in Verbindung steht. Das Wort "Apfel" ist allgemein gebräuchlich, wenn aber jemand seine Computer so nennt, dann entstehen neue Bilder. Man wird provoziert, die Verbindung zwischen dem Apfel und dem Computer zu finden. Sind die Rechner frisch und saftig? Stellen sie eine Versuchung dar, wie der Apfel im Paradies? Oder handelt es sich um den Apfel, der Newton angeblich zur Gravitationstheorie inspiriert hat?

Lexikalische Namen können also kreativ sein. Sie eignen sich auch besonders für Wortspiele. "Zweigstelle" ist kein besonders lustiges Wort. Außer, man nennt sein Blumengeschäft so. Der Friseurladen namens "Stufenschnitt" liegt direkt über einer schönen alten Stadtstiege in Wien. Auch die "Schererei" ist im Haargeschäft und deutet einen Begriff aus dem Wörterbuch um.

Der Duden ist demnach ein reicher Schatz an kreativen Namen. Sie sind nur nicht immer auf der Seite zu finden, auf der man sie vermuten würde.

26.7.06

Neue Wörter

Alles, was ich über Kreativität weiß, habe ich von Pippi Langstrumpf gelernt. Eine Disziplin, die Frau Efraims Tochter besonders gut beherrscht, ist das Erfinden von neuen Wörtern. So kam der "Schpunk" in die Welt, der dann gleich mittels Schpunkfalle dingfest gemacht wurde.

Neue Unternehmen und Produkte sind oft auf der Suche nach ihrem eigenen Schpunk. Sie suchen einen Namen, der in keinem Wörterbuch steht. Ein Wort, das nicht missverstanden oder verwechselt werden kann, weil es kein Mensch im Wortschatz hat. Ein Kunstwort ist der Traum jedes Markenrechtlers, denn als geistige Leistung kann dieses Wort auch geschützt werden, im Gegensatz zu allgemein gültigen Begriffen wie "Baum" oder "Hund". Ein Kunstname kann mir also tatsächlich gehören.

Die Einzigartigkeit des Kunstworts ist gleichzeitig seine größte Schwierigkeit. Das menschliche Hirn verwehrt sich gerne gegen allzu neue und ungewohnte Begriffe. Das Kunstwort muss also so klingen, als ob es ein ganz normales Wort wäre. Es muss sich in seiner morphologischen Struktur der Sprache der Zielgruppe anpassen und idealerweise an Klänge und Bedeutungen anlehnen, die wir kennen. So kann ein neues Wort durch seine Teile eine Bedeutung erhalten, ohne dass sie uns Marketingstrategen beibringen müssen.

Es gibt im Wesentlichen drei Ansätze für die Kreation von Kunstwörtern: die Kombination von Silben, die Veränderung lexikalischer Wörter und die Komposition von bestehenden Wortstämmen zu neuen Komposita. Firmennamen wie "Avaya" oder "Arvato" sind wohl nach der Silbenmethode entstanden; oft helfen Software-Namensgeneratoren bei der Ideenfindung nach. Das Suchmaschinen-Unternehmen Google lehnt sich an das Wort "Googol" (seinerseits ein Kunstwort von fast langstrumpfscher Dimension) an und hat praktisch nur die Schreibweise geändert. Wir unsererseits haben einfach Form und Farbe zum Kunstwort "kreisrot" kombiniert, das genauso gut als Mischung von "kreisrund" und "blutrot" gelesen werden kann.

Paradoxerweise funktionieren Kunstnamen umso besser, je näher sie der tatsächlichen Sprache sind. Die softwaregestützte Silbenmethode führt dagegen immer öfter zu Begriffen, die zu sehr nach Zufallsgenerator klingen. Überzeugender sind Namen, hinter denen eine Idee, eine Geschichte steht. Eine Geschichte, die man im Marketing erzählen kann. Die beste Schpunkfalle ist eben doch die eigene Fantasie.

17.7.06

Z.B. Abk.

Aussagekräftige und möglichst einzigartige Namen für neue Produkte, Dienstleistungen und Unternehmen zu finden ist kein Kinderspiel. Besonders wenn man von zwölf Millionen weltweit registrierten Markennamen ausgeht. Da ist es zumindest hilfreich zu wissen, welche Möglichkeiten man hat. Es sind letztlich nur vier: Eigennamen, Kunstnamen, lexikalische Begriffe und Abkürzungen.

Zu letzteren greift man als unerfahrener Namensfinder am schnellsten, denn schließlich machen es ja alle Großen so: IBM, HP, OMV, ÖBB und so weiter und so fort. Das ist ein doppelter Trugschluss. Erstens wurden viele Großunternehmen erst an dem Punkt abgekürzt, als sie bereits eine bekannte Marke waren. Zweitens ist es keine schlaue Strategie, es den Großen nachzutun, wenn man nicht ihr Marketingbudget zur Verfügung hat.

Die typischen Drei-Buchstaben-Firmennamen haben tatsächlich viele Nachteile. Sie sagen an und für sich nichts aus, müssen sozusagen übersetzt werden in einen meist langen, umständlichen und allzu allgemeinen Namen. "International Business Machines" war in der Pionierzeit der Schreibmaschine ein guter Name, heute wäre er viel zu nichts sagend. Weil die Abkürzungen so abstrakt und beliebig wirken, fast wie Codes, bleiben sie schlechter im Gedächtnis haften als andere Namen und werden entsprechend weniger leicht wieder erkannt. Da wir nur 26 Buchstaben haben, ist die Zahl der Buchstabenkombinationen endlich und sind Mehrfachbelegungen die Regel. So steht das Kürzel VÖZ für den Verband Österreichischer Ziegelwerke, die Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie und den Verband Österreichischer Zeitungen. Die Verwechslungsgefahr ist sogar bei unterschiedlichen Namen groß, denn viele Buchstaben werden sehr ähnlich ausgesprochen. Den Unterschied zwischen ÖGB und ÖBB erschließt einem oft nur der Kontext, manchmal wird es auch zwischen der SPÖ und der FPÖ eng, zumindest phonetisch.

Abkürzungen völlig zu verteufeln wäre jedoch falsch. Es gibt ja auch noch die Königsdisziplin der Verkürzung: das Akronym. Ein Akronym ist eine Abkürzung, die wie ein Wort wahrgenommen und ausgesprochen wird, wie zum Beispiel Aids, Uno, Laser, CERN, RAM, Dink, FIFA oder LAN. Innerhalb kürzester Zeit gehen die durch Akronyme abgekürzten Wörter selbst vergessen. Oder wer weiß heute noch, dass der Lackfarbenstandard RAL ausgeschrieben "Reichs-Ausschuss für Lieferbedingungen" bedeutet? Oder wofür IKEA steht? Das ist aber gar nicht wichtig. Akronyme sind nämlich in Wirklichkeit neue Wörter. Und neue Wörter sind gute Namen, da sie einzigartig und leicht zu merken sind. IMHO.

11.7.06

Linktipp für Visitenkartenfreunde

Ein kleiner Tipp zwischendurch: Die Kollegen von der Riesenmaschine haben auf gewohnt treffende Art beschrieben, wie mit überflüssigen und unschön gestalteten Visitenkarten zu verfahren ist. Was es nicht alles für den USB-Port gibt!

10.7.06

Man spricht Deutsch

Wenn man uns Agenturen einen berechtigten Vorwurf machen kann, dann jenen, dass wir keine vernünftigen Fachbegriffe haben. Wir sprechen von Corporate Identity, Slogans, Marketing, Headlines und Copy Text ohne uns die geringsten Gedanken zu machen, ob der englische Jargon überhaupt verstanden wird. Dementsprechend sorglos ist der Umgang vieler Werber mit der englischen Sprache. Werbesprüche wie "Come in and find out" (Douglas) oder "Powered by Emotion" (Sat1) werden von den Konsumentinnen und Konsumenten einfach nicht verstanden, wie die berüchtigte Endmark-Studie im Jahr 2003 gezeigt hat. Von zwölf vorgelegten englischen Slogans konnten die Testpersonen nur zwei mehrheitlich richtig übersetzen. So dachten einige, Douglas werbe mit "Komm rein und finde wieder raus" und Sat1 setze auf "Kraft durch Freude". Nach der Studie haben diese beiden und viele andere Unternehmen wieder auf deutsche Werbesprüche umgestellt – mit messbarem Erfolg.

Doch selbst wenn man deutsche Texte zu schreiben versucht, schleichen sich englische und pseudo-englische Begriffe ein. Das geschieht manchmal aus Anbiederung an eine falsch verstandene Jugendsprache, oft aber einfach nur, weil ein entsprechender deutscher Begriff fehlt. Dinge wie Laptops, Fast Food oder E-Mail kamen aus dem anglo-amerikanischen Raum zu uns und haben ihre Bezeichnung unverändert mitgebracht. Das müsste nicht so sein: Die Franzosen machten aus dem Mountainbike das "vélo tout terrain" (kurz VTT) und aus "to download" "télécharger". Bis ins 19. Jahrhundert hielten es auch deutschsprachige Autoren und Übersetzer so. Aus dem Kosmos wurde das Weltall, aus dem Acteur der Schauspieler, aus der Passion die Leidenschaft. Nur wer macht sich heute noch die Mühe, Fast Food, Event oder Laptop zu übersetzen?

Wer? Die "Aktion lebendiges Deutsch"! Ins Leben gerufen von der Stiftung Deutsche Sprache macht die Aktion monatlich zwei Vorschläge für Übersetzungen unnötiger Anglizismen und bittet gleichzeitig um Vorschläge für weiter Lehnübersetzungen. So kamen Vorschläge wie "Schnellkost" für Fast Food und "Klapprechner" für Laptop zustande. Heute, 10. Juli 2006, endet die Einsendefrist für Übersetzungsvorschläge für das Wort "Event". Zu gewinnen gibt es nichts. Außer der Genugtuung, mit dem eigenen Grips vielleicht den Duden des 21. Jahrhunderts mit zu gestalten. Vorschläge für eine griffige Übersetzung von "Corporate Design" bitte an uns!

26.6.06

Designleiter

Selbständige Designer sind wie alle Unternehmer gefordert, ihre Dienstleistungen zu verkaufen. Das heißt, wir argumentieren gegenüber unseren potenziellen Kunden, dass sie Geld investieren sollen, um einen entsprechend Mehrwert heraus zu bekommen. Beim Thema Design wird dieser Mehrwert kaum je beziffert, weil er angeblich nicht zu beziffern ist.

In Skandinavien wird der Wert von Design dagegen regelmäßig gemessen und beziffert. In groß angelegten Designstudien wird aufgezeigt, welche Korrelation es zwischen dem Einsatz von Design in Unternehmen und wirtschaftlichem Erfolg gibt. Es gibt diese Korrelation eindeutig – und nicht nur in Skandinavien.

Die Wiener Creative-Industries-Initiative "departure" hat die "1. Österreichische Designleiter" in Auftrag gegeben und letzte Woche präsentiert. In der Studie wurden 1.000 österreichische Unternehmen ab 20 Mitarbeiter zu ihrem Einsatz von Design befragt. Dabei wurden vier "Stufen" von Design unterschieden.

1. Non-Design: Design ist kein Thema
2. Design als Styling: Design als ästhetische Schlusskorrektur am Ende einer Entwicklung
3. Design als Prozess: Design wird sehr früh im Produktentwicklungsbereich eingesetzt.
4. Design als Strategie: Designer arbeiten sowohl mit den Produktentwicklern als auch mit dem Management zusammen. Design gilt als eine zentrale Geschäftsgrundlage.

Die Ergebnisse sind klar. Fast drei Viertel der Befragten sind der Meinung, dass Design die Profitabilität eines Unternehmens erhöht. Diese Einschätzung lässt sich mit einem Blick auf die Unternehmensdaten bestätigen: 94 Prozent aller Unternehmen, die Design als Strategie einsetzen haben positive oder ausgeglichene Geschäftsergebnisse. Bei den Unternehmen, die auf Design verzichten, sind es nur 76 Prozent. In Schweden konnte man auf Umsatzdaten zugreifen und stellte ein Umsatzplus von 9 Prozent der designorientierten Firmen gegenüber Non-Design-Companies fest.

Dennoch setzen in Österreich nur 43 Prozent der Unternehmen Design als Strategie oder Prozess ein. Ein schwacher Wert im Vergleich zu 61 Prozent in Schweden. Dementsprechend stagnieren hierzulande auch die Investitionen in Design. Einzig die ganz großen Unternehmen nehmen mehr Geld in die Hand und haben mehr Erfolg dank Design.

Eine mögliche Schlussfolgerung aus der Studie: Das Bewusstsein für den Wert von Design wächst, den Worten folgen aber kaum Taten. Und je tiefer im Entwicklungsprozess Design eingesetzt wird, desto höher ist der wirtschaftliche Wert. Ästhetisches Drüberbügeln lässt sich vielleicht leichter verkaufen, wirklich wertvolles Design setzt aber dort an, wo es im Inhalte, Nutzen und Prozesse geht.

22.6.06

Gute Schriften

Eine Frage, die mir bei Workshops und Vorträgen über Corporate Design gerne gestellt wird, ist: "Welche Schriftarten sind gut?" Eine Gretchenfrage, die simpel klingt, aber kaum in einem Satz beantwortet werden kann. Am ehesten noch mit der Gegenfrage: "Gut wofür?"

Es gibt natürlich Qualitätskriterien für Schriftarten, die als absolut gelten können. Sie betreffen vor allem die Lesbarkeit. Wie gut wird der Abstand zwischen Buchstaben angepasst (Kerning)? Bleibt sie auf ihrer Grundlinie, die das Lesen leitet, oder hüpfen die Buchstaben herum? Gibt es Wörter, bei denen die Buchstaben aneinander stoßen und dadurch verschwimmen?

Mit solchen Kriterien lassen sich tausende "witzige" Schriftarten ausscheiden, zumindest dann, wenn man sie als Lesetext und nicht für einen typografischen Effekt einsetzt. Man entscheidet sich dann gerne für die Klassiker, womit nicht zwingend Times New Roman und Arial gemeint sind. Schriftfamilien wie Helvetica, Futura, Gill, Bodoni, Rotis oder Bembo sind zwar nicht auf jedem PC vorinstalliert, haben sich aber mehr Eigenständigkeit und Charakter erhalten können.

Auch wenn man sich auf klassische, qualitativ hochwertige und nicht überbenutzte Schriften einschränkt, bleibt eine große Auswahl übrig. Auf myfonts.com finden sich über 49.000 Fonts, von denen geschätzte 1.000 bis 3.000 einer strengen Überprüfung standhalten würden. Für eine gute Auswahl braucht es deswegen Erfahrung, Fingerspitzengefühl und ein klares Ziel: Wo und wie wird die Schriftart eingesetzt, welchen Charakter soll sie vermitteln?

Eine Faustregel gibt es dabei: Schriften mit Serifen (den Füßchen am Ende der Buchstabenstriche; Times, Bodoni, Garamond) wirken traditioneller, Schriften ohne Serifen (Arial, Verdana, Helvetica) moderner. Das hat historische Hintergründe. Die Antiquaschriften mit Serifen wurden von den Römern erfunden und kommen daher, dass Inschriften vor dem Einmeißeln mit einem flachen Pinsel aufgemalt wurden. Vom Ansatz des Pinsels kommen die Serifen. Grotesk-Schriften ohne Serifen wurden Ende des 19. Jahrhunderts von Menschen geometrisch konstruiert, die man heute Designer nennen würde. Bis heute haben sie sich den Touch des Modernen erhalten. Deswegen verwenden Anwaltskanzleien und Steuerberater gerne Antiquaschriften, während Architekten und Möbeldesigner eher auf Grotesk setzen.

Wie bei jeder Faustregel gibt es in der Frage Antiqua gegen Grotesk allerdings fast so viele Ausnahmen wie Regelfälle. So arbeitet die Firma Apple Computer, die für ihre Designkompetenz bekannt ist, mit einer topmodernen Serifenschrift. Was eine passende und damit gute Schrift ist, muss also immer im Einzelfall entschieden werden. Allgemeine Aussagen stehen auf sehr wackligen Füßen.

13.6.06

Gute Worte

Mindestens so wichtig wie die Optik eines Unternehmens ist seine Sprache. "Corporate Wording" nennt sich das im Fachjargon. Dass dabei Worte, Sätze und Phrasen dabei ebenso den Wirren der Mode unterworfen sind wie Grafik oder Kleidung, belegt das Branchenportal slogans.de. 22.436 Slogans aus mindestens 6 Jahrzehnten sind hier in der Datenbank versammelt.

Slogans sind ja die Verdichtung von Corporate Wording, der Schlachtruf eines Unternehmens, der in wenigen Worten alles auf den Punkt bringen soll. Umso interessanter ist es, die Wandlung der Worte in Slogans auf dem "Slogometer" von slogans.de zu beobachten. Der Slogometer misst einfach, wie oft gewissen Worte in Slogans vorkommen und generiert so Top-Listen für unterschiedliche Jahre und Jahrzehnte.

Im Jahr 2006 belegen "Wir", "Mehr" und "Sie" die Spitzenplätze. "Wir" deutet darauf hin, dass die meisten Unternehmen in ihrem Slogan die Antwort auf die philosophischste aller Fragen suchen, die Frage "Wer sind wir?". Die hohe Platzierung von "Sie" zeigt, dass uns Unternehmen gerne direkt ansprechen und uns mitteilen, was wir wirklich wollen. Das Wort "Mehr" ist ein Dauerbrenner der letzten Jahre – ein Zeichen dafür, dass sich Quantität in der Konsumgesellschaft zum höchsten Wert mausert. Im Direktvergleich dazu die Fünfzigerjahre. Platz 1: "Gut." Platz 2: "Güte." Platz 3: "Man." Da schwingt schon etwas irrationale Sehnsucht mit nach einer Zeit, in der es noch gereicht hat, ein Produkt als "gut" zu bezeichnen. Einer Zeit, in der "man" noch gewusst hat, was "gut" heißt. Das zeigt aber vor allem, dass Slogans ein Spiegel ihrer Zeit sind.

Gute Slogans schaffen es auch heute, jenseits von inhaltsleerem Werbegewäsch gesellschaftliche Strömungen und Tendenzen, wenn nicht sogar die Sehnsüchte der Konsumenten auf den Punkt zu bringen. Die kontroverse Diskussion um Slogans wie "Geiz ist geil" oder "Weg mit dem Speck" haben gezeigt, wie tief solche Schlagworte schürfen können.

6.6.06

In Namen investieren

Amerikanische Forscher sind immer für Erkenntnisse gut, die oberflächlich betrachtet banal scheinen. Wenn man genauer nachdenkt, erschließen sich durch die empirische Überprüfung von Binsenwahrheiten jedoch tiefe Erkenntnisse. So haben Psychologen der Universität Princeton herausgefunden, dass bei einem Börsengang Unternehmen mit einem Namen, der einfach auszusprechen ist, besser abschneiden, als solche, die nicht so zungenschmeichlerisch benamst sind. So hat beim fiktiven IPO eine Testfirma namens "Mayville" besser abgeschnitten als eine andere namens "Ulymnius". Nach ein paar Tagen nimmt der Effekt ab, in den ersten Tagen beträgt der Unterschied zwischen dem Portfolio mit "guten" Namen und jenem mit "schlechten" Namen über zehn Prozent der Investition.

Investoren lassen ihr Geld also lieber bei einem Unternehmen, dessen Namen irgendwie bekannt klingt. Das belegt einerseits, dass geschäftliche Entscheidungen nicht so rational sind, wie sie gerne dargestellt werden. Andererseits stellt das UnternehmensgründerInnen und Markenmacher vor eine große Herausforderung: Es gilt, einen Namen zu schaffen, der noch nie da war, aber so klingt, als wäre er schon immer da gewesen.

Schon der erste Teil, die Einzigartigkeit, ist mehr als fordernd. In unserer Erfahrung fallen zwischen 80 und 90 Prozent aller Namensideen weg, weil sie schon von anderen Unternehmen benutzt werden oder zumindest die entsprechenden Internet-Domains besetzt sind. So kommen jene komplizierten und wenig nachvollziehbaren Marken- und Unternehmensnamen zustande, die in der Princeton-Studie abgewertet werden: Die einfachen Lösungen waren scheinbar schon alle weg. Oft verlässt man sich deshalb auf computergenerierte Silbenkombinationen, die maximale Einzigartigkeit und gute Voraussetzungen für den Markenschutz bieten.

Mit dem entsprechenden Budget kann man selbstverständlich jedes Wort zur Marke machen. Die Princeton-Studie belegt aber, dass es diese Kunstprodukte schwerer haben als Namen, die Anleihen an bekannte Sprachen nehmen und dadurch Assoziationen wecken. Der Weg zu diesen Namen ist zugegebenermaßen steiniger geworden, der Schlüssel bleibt aber derselbe: menschliche Kreativität, gepaart mit gesundem Durchhaltevermögen. Denn wer schon nach der 40. Idee aufgibt, wird kaum fündig werden.

29.5.06

Kartenspiele

Versetzen wir uns einmal ins viktorianische England, Ende des 19. Jahrhunderts. Ein hübsch befrackter Gentleman stattet einer adligen Lady einen Besuch ab. Um sich höflich anzukündigen, legt der Gentleman dem Butler ein Kärtchen aufs silberne Tablett. Auf diesem Kärtchen steht nichts als der Name und Titel des Gentleman, unter Umständen geschmückt durch die heraldischen Zeichen seiner Familie. Dank dieser Besuchskarte weiß die Lady des Hauses, wer sie aufsuchen möchte und kann sich, falls der Besuch nicht schicklich ist, höflich durch den Butler entschuldigen lassen.

Es lohnt sich, den historischen Ursprung der Visitenkarte zu studieren. Dadurch wird einem wieder gegenwärtig, wofür die Visitenkarte da ist: Sie sagt mir, wer vor mir steht. Das bedeutet in einem geschäftlichen Kontext auch, dass ich erfahre, für welches Unternehmen und in welcher Funktion diese Person tätig ist. Und als kleinen Bonus erhalte ich noch wichtige Daten wie Telefonnummer, Fax und Adresse, um später wieder mit ihm oder ihr in Kontakt treten zu können.

Mehr Information ist unnötig und schadet der Übersicht, schließlich haben wir normalerweise nicht mehr als 47 Quadratzentimeter Platz. Dennoch werden Visitenkarten oft überfrachtet. Neben den Adressen, Telefonnummern und Durchwahlen sämtlicher Filialen müssen die Werbebotschaften des Unternehmens und die Produktliste Platz finden. Das ganze wird garniert von überbordender grafischer Gestaltung (bloß nicht im Visitenkartenhaufen untergehen!) und einem Foto der Person, die einem die Karte gerade überreicht hat.

Solche Karten führen sich schnell selbst ad absurdum, denn die einzelnen Daten sind im Schwall der Informationen kaum mehr auszumachen. Auch die Fotos verlieren jeden Sinn, weil sie zu klein sind, um noch eine befriedigende Bildauflösung zu erreichen, und so meistens mehr einem verschwommenen Phantombild gleichen. Dann doch lieber persönlich einen guten Eindruck machen, damit das Gesicht nicht so schnell vergessen geht.

Die bessere Strategie ist der Minimalismus. Wenn weniger Informationen auf der Karte stehen, erhält jede Information ihren Platz und damit ihren Wert. Wenige Farben und klare Flächen lassen auch das Logo, so klein es sein mag, seine Wirkung entfalten. Wenn dazu noch der Karton eine gute Stärke und der Druck gute Qualität hat, dann darf sich der Geschäftsmann von heute dem viktorianischen Gentleman verwandt fühlen. Und die Geschäftsfrau der edlen Dame.

23.5.06

Grafische Trends

Im letzten Rundschreiben war vom Zahn der Zeit die Rede, passend dazu haben wir auf der Website der Zeitschrift "Graphic Design USA" einen Artikel gefunden, der 15 aktuelle Trends im Logodesign kritisch beleuchtet. Besonders interessant sind die Widersprüchlichkeiten, die sich aus der Fülle der Trends ergeben. So spricht der Artikel einerseits von einer Tendenz zurück zum klassischen Logodesign, also klaren geometrischen Formen, Zweidimensionalität und professioneller Einfachheit. Andererseits haben IT-Marken wie MSN das Brechen dieser klassischen Regeln schick gemacht: Vielfarbige Transparenzen sind heute akzeptiert, auch wenn in Wirklichkeit nur auf dem Bildschirm und auf Hochglanzpapier gut aussehen. Selbst der Einsatz von Fotos als Logo-Icons wird, trotz all seinen produktionstechnischen Herausforderungen, immer populärer.

Was die Sujets der Logoicons betrifft, lassen sich laut "Graphic Design USA" ebenfalls Trends ausmachen. Ineinanderfließende Tropfen haben in der Zeit der Fusionen und Unternehmensnetzwerke Hochkonjunktur. Auch der Bio-Boom hat sich optisch in großen Corporate Designs niedergeschlagen: natürliche Spiralformen, Tiere und die Farbe Grün sind en vogue. Freehand, Illustrator und Co. machen es heute sehr leicht, zweidimensionalen Logos eine dritte Dimension zu geben: In die Perspektive gekippte geometrische Zeichen, Schattenwürfe und mit eleganter Linie stilisierte Drahtkonstruktionen lassen Icons plastisch und greifbar erscheinen.

Einige dieser Strömungen sind durchaus inspirierend und dürften noch für einige gute Logos Pate stehen. Andere haben ihren Zenit bereits überschritten und werden so häufig gesehen, dass sie Logos einen schalen Beigeschmack geben. Der Unterschied ist äußerst fein, viel Sensibilität ist gefragt, um nicht mit einem Logo dazustehen, dass schon in wenigen Jahren überholt wirkt. Da ist der Weg eines Studios wie Chermayeff & Geismar doch der bessere: Die beiden Herren haben so lange konsequent ihren Stil verfolgt, dass er heute wieder im Trend ist.

15.5.06

Zeichen der Zeit

Die Qualität eines guten Logos zeigt sich oft erst mit der Zeit. Wenn sich die erste Begeisterung über einen knalligen Entwurf einmal gelegt hat, stellen sich möglicherweise Zweifel ein. Was einst originell wirkte, geht einem oft schon nach einigen Monaten auf die Nerven. Umgekehrt kann bei einem guten Logo, das zunächst keinen Aha-Effekt ausgelöst hat, die Wertschätzung mit der Zeit steigen. In der täglichen Arbeit, im praktischen Einsatz bei Kunden, Partnern und im Marketing kann sich das Zeichen bewähren. So zeigt sich, ob das Logo nachhaltig und umsichtig entwickelt wurde. Es zeigt sich auch, besonders nach jahre- und jahrzehntelangem Einsatz, ob das Logo zeitlos ist oder ihm sein Alter anzusehen ist.

Ist jedes gute Logo also zeitlos? Man würde es sich wünschen. Echte Zeitlosigkeit existiert jedoch praktisch nicht. Sowohl Logodesigner als auch Kunden gehen auf der Straße ihrer eigenen Zeit und können nicht seitlich aus ihr ausbrechen. Deshalb ist auch die Vorstellung von Zeitlosigkeit (wie die Vorstellung von Realität, Realismus, Kunst oder Moral) zeitbedingt. Mode, die in den 80er-Jahren als zeitloses Design galt, ist aus heutiger Sicht leicht als das zu erkennen, was sie ist: Mode aus den 80er-Jahren. Und so lassen sich heute zwar mit etwas Gespür allzu flüchtige Trends erkennen und ausschließen – echt zeitlos wird Design dennoch nie sein.

Der Schluss daraus ist klar: Auch das beste Design muss seiner Zeit angepasst werden, damit ein Unternehmen nicht lebenslänglich im Stil seiner eigenen Gründerzeit herumläuft. Um die Kontinuität zu wahren, lassen viele große Unternehmen ihren Auftritt regelmäßig, aber vorsichtig überarbeiten. Das hat auch den Vorteil, dass altes und neues Design durchaus eine Zeit lang koexistieren können, ohne einander zu konkurrenzieren. Der Öl-Multi Shell praktiziert dieses Modell sehr erfolgreich. Manchmal verändert sich ein Unternehmen jedoch so sehr, dass auch das beste Lifting zu wenig ist. Shells Konkurrent BP zum Beispiel fusionierte 1998 mit Amoco und investierte so viel in Alternativenergien, dass der alte Auftritt einfach nicht mehr passte. BP positionierte sich mit dem Helios-Logo als moderner Energiekonzern. Mit Erfolg, wie die stetig steigenden Imagewerte des Unternehmens zeigen.

Es lohnt sich also, hin und wieder zu überprüfen, ob der Auftritt eines Unternehmens noch zeitgemäß ist. Und zu sehen, ob sich die tatsächliche Identität des Unternehmens und sein Auftritt möglicherweise auseinander entwickelt haben.

8.5.06

Eye Catcher

Jeder Mensch in einem Industrieland ist täglich zwischen 1.500 und 7.000 Werbeimpulsen ausgesetzt – die Zahl variiert je nach Schätzung, Studie und Quelle. Vom Logo auf der Zahnbürste über die Plakate auf dem Weg zur Arbeit bis zum Werbespot im Fernsehen; lauter Impulse. Etwa vier Mal pro Minute melden sich also Auge und/oder Ohr mit einer Marke, die gemerkt werden soll. Um das Zahlenspiel noch etwas weiter zu treiben: Ein Mensch greift im Schnitt auf ein Vokabular von 50.000 Worten zurück. Würde ein Mensch also die ganze restliche Sprache vergessen und sich nur Markennamen merken, wäre trotzdem nach etwa zwei Wochen die mentale Festplatte voll.

Zum Glück für die geistige Gesundheit des Menschen filtert unser Gehirn die meisten dieser Eindrücke weg. Die Mehrheit landet am Rande unserer Aufmerksamkeit im Arbeitsgedächtnis und wird Millisekunden später durch den nächsten Eindruck überschrieben. In einem gnadenlosen Auswahlverfahren landet nur das im Langzeitgedächtnis, was für das Gehirn relevant erscheint.

Diese kognitiven Filter sind eine wesentlich größere Herausforderung für neue Marken als Popup-Blocker im Internet oder das Wegzappen aus der Fernsehwerbung. Die Marke muss im Brimborium der Eindrücke so viel Aufmerksamkeit erregen, dass sie so bewusst wie möglich wahrgenommen und mit der Zeit auch im Gedächtnis gespeichert wird.

Was bedeutet das für die Kreation von Logos? Logos müssen Eye-Catcher sein, ins Auge springen. Das wird zum Beispiel mit einem Irritationsmoment erreicht. Gute Logos sind zwar harmonisch und balanciert, vermitteln dem Gehirn aber im ersten Moment die Botschaft, dass da irgend etwas nicht ganz stimmt. Dadurch löst man einen zweiten Blick aus, der die Sache aufklärt. So hat das Logo des Projekts "Graz Zweitausenddrei" die erwartete Jahreszahl durch "0003" ersetzt. Das Auge wird auf die "falsche" Null und damit auf das zentrale Gestaltungselement des CD gelenkt.

Sinnvoll kann es auch sein, das Gehirn arbeiten zu lassen. Wenn man zum Beispiel einen Mörser nur andeutet, statt ihn realistisch darzustellen, komplettiert das Gehirn automatisch das Bild, um es verstehen zu können. Gute Logos können deshalb oft unterschiedlich gedeutet werden; positiv oder negativ, zwei- oder dreidimensional zum Beispiel. Das Bild kann umspringen und beschäftigt damit das Gehirn. Und womit sich das Gehirn beschäftigt, das wird auch leichter gemerkt.

Allerdings darf das Irritationsmoment dabei nicht zur Verwirrung werden. Verwirrende Zeichen filtert unsere Wahrnehmung mindestens so schnell wie irrelevante. Womit wir wieder bei dem Punkt wären, dass jedes gute Logo einfach ist.

2.5.06

Eines wie keines

In Deutschland sind derzeit über 1,25 Millionen Markenzeichen registriert, in Österreich dürften es nur unwesentlich weniger sein. Dazu kommen noch all jene Bildmarken- und Unternehmensnamen, die nicht registriert sind. Was bedeutet das für jemanden, der die Marke Nummer 1.250.498 entwickeln will? Es bedeutet, dass er sich mit folgendem Paradoxon herumschlagen muss: Es gibt nichts Neues mehr, da alles schon einmal gemacht und hundertfach kopiert wurde. Um aber aus dieser Masse der Zeichen herauszuragen, muss das neue Logo so einzigartig wie möglich sein.

Einzigartigkeit ist schon rein logistisch schwer zu erreichen. Ähnlichkeiten mit anderen Logos oder Markenzeichen können kaum ausgeschlossen werden. Nur eine kostenpflichtige Recherche beim Patentamt bringt mehr Klarheit in diese Sache. Es ist jedoch ein Ding der Unmöglichkeit, jeden Entwurf auf diese Weise abzutesten, um dann vielleicht wieder von vorne anfangen zu müssen.

Tatsächlich ist Einzigartigkeit aber keine Frage der Logistik, sondern einer der Einstellung. Viele Unternehmen wollen gar nicht einzigartig sein. Sie wollen wie die anderen aussehen, um die Erwartungen ihrer potenziellen Kunden zu erfüllen. In Wirklichkeit macht sich ein Unternehmen mit dieser Strategie aber nur verwechselbar und reiht sich ein in die lange Kette derer, die auch gerne so wären wie Firma X. Profitieren wird einzig und allein Firma X, die zuerst da war.

Wenn die Einstellung einmal stimmt, kommt auch die Logistik auf die Reihe. Tatsächlich hat es nämlich wenig Sinn, mehr als den eigenen Markt zu recherchieren. Sind es doch meistens die eigenen Mitbewerber und möglicherweise auch die eigenen Partner, von denen man sich als Unternehmen abgrenzen will und muss. Oft reicht schon eine einfache Recherche im Internet, um die Dos und Don'ts fürs eigene Logo sehr klar zu sehen.

Der beste Weg zur Einzigartigkeit ist jedoch kreative Disziplin. Das heißt: die ersten paar Ideen, die einem kommen, werden aufgeschrieben, skizziert und dann weggeworfen. Denn die ersten Ideen sind meistens so nahe liegend, dass sie jedem einfallen. Deswegen kein Yin-Yang fürs Esoterikgeschäft, keine Sonne fürs Altersheim, kein Baum für den Gärtner, keine Schere für den Friseur, keine ineinander verschachtelten Initialen. Alles schon zu oft gesehen. Und sollte die endgültige Idee noch nicht ganz einzigartig sein, dann wird sie zumindest auf einzigartige Weise umgesetzt. Damit stehen die Chancen gut, dass auch das Patentamt kaum ähnliche Logos finden wird.

24.4.06

K.I.S.S.

Zunächst ein Hinweis in eigener Sache: Wir gratulieren unserem Kunden REiNTEGRA zum silbernen Columbus, dem österreichischen Direct-Marketing-Preis 2005 für ihr Mailing "Kugelschreiber". Die Marke "REiNTEGRA" wurde im Sommer 2005 als Nachfolger der "Wiener Geschützten Werkstätten" neu eingeführt. Name, Logo und das Corporate Design Konzept wurden von kreisrot corporate design entwickelt. Wir freuen uns, dass auf dieser Basis effektive und preiswürdige Marketingmaßnahmen entstehen.

Nun zum Thema dieser Woche:

Das Wort "Qualität" nehmen Designer gerne in den Mund, wenn es um den (monetären) Wert ihrer Arbeit geht. Der Begriff an sich ist schwammig – jeder reklamiert schließlich für sich, Qualität zu bieten. Dabei lässt sich Qualität gerade im Bereich Corporate Design und Logo Design an einigen ganz objektiven Kriterien festmachen.

Eines dieser Kriterien ist, so banal es klingt, Sichtbarkeit. Logos müssen sich heute in einem äußerst aggressiven Umfeld behaupten. In einer typischen Sponsorenliste drängen sich die Logos auf kleinstem Raum. Auf den ersten Blick wird hier klar, welche Logos aus praktischer Sicht funktionieren und welche nicht. Sichtbarkeit ist die Voraussetzung für alles andere: Ein Logo mag noch so einzigartig, kreativ und kommunikativ sein – wenn es nicht gesehen wird, ist es sinnlos. Sichtbarkeit lässt sich relativ leicht testen. Verkleinern wir das Logo, kopieren es auf Schwarz-Weiß und schicken es durch ein Fax. Von problematischen Logos bleibt nach dieser Tortur nur noch graue Schlieren übrig, gute Logos bleiben leserlich.

Logos mit hoher Sichtbarkeit entstehen, wenn man sich an die KISS-Formel hält: "Keep it simple, stupid!" Einfachheit und Reduktion ist die oberste Regel für Logo-Designer, da überladene oder zu komplexe Logos einfach zu wenig schnell wahrgenommen und verstanden werden. Das bedeutet übrigens nicht, dass es leicht ist, zu einer einfachen Lösung zu finden. Um es mit Konrad Adenauer zu sagen: "Man muss die Dinge so tief sehen, dass sie einfach werden."

Ein hervorragendes Beispiel ist das Logo der debra-austria, jener Organisation, die den Begriff Schmetterlingskinder bekannt gemacht hat. Diese Kinder leiden unter der seltenen Hautkrankheit Epidermolysis Bullosa (kurz: eb), einer erblichen, unheilbaren Krankheit. Ein komplexes Thema, das jedoch mit dem Bild der "Schmetterlingskinder" (die Haut der Kinder ist so empfindlich wie der Flügel eines Schmetterlings) auf den Punkt gebracht wird. Ein einfaches Bild ist auch das Logo: Zwei Striche, zwei Buchstaben, zwei Farben ein Schmetterling. Dieses Beispiel zitiere ich gerne, wenn Unternehmen ihre Botschaften für "zu komplex" für ein einfaches Logo halten.

20.4.06

Abstract Art

Logos können auf beschreibende, symbolische oder typografische Art ihre Botschaft kommunizieren. Der vierte Ansatz für den Logo-Designer ist die Abstraktion. Man entwirft also ein Zeichen, das nichts darstellt. Statt dessen steht die Grafik für sich; geometrische Formen werden so kombiniert, dass sich bestimmte visuelle Effekte ergeben. Ein Quadrat bleibt ein Quadrat, ein Kreis ein Kreis.

Klingt noch etwas abstrakt? Ist es in Wirklichkeit nicht. Aus der Sicht des Betrachters gibt es nämlich kaum abstrakte Logos. Menschen haben diesen unstillbaren Drang, alles und jeden zu interpretieren. Man könnte im Logo von Audi einfach vier Kreise sehen, die einander überschneiden. Statt dessen fragt man sich, wofür die Kreise stehen, interpretiert die Überlappung als Kette, Synergie oder Zusammenschluss. Jeder halbwegs mit der Automarke vertraute Konsument wird Ihnen auch erklären können, was das Audi-Zeichen bedeutet. Viele abstrakte Logos kommen mit solchen Geschichten.

Das ist das Interessante an abstrakten Logos – der Betrachter (und auch der Designer) sieht sie nicht als reine geometrische Formen, sondern deutet sie als Symbole oder Icons. Das Quadrat wird zum Rahmen, der Kreis zum Kopf. Gute abstrakte Logos legen solche Deutungen nahe, lassen aber auch genügend Platz für individuelle Assoziationen. Wenn der Funke zwischen dem Zeichen und dem Markennamen springt, öffnet das abstrakte Logo den Raum zu ganzen Bilderwelten. Das Logo der Olympischen Winterspiele in Turin ist ein gutes Beispiel dafür. Was sehen Sie? Schneeflocken oder weiße Punkte? Ein zweidimensionales oder dreidimensionales Gebilde? Einen Berg, eine Schneepiste, einen Pfeil oder gar die Gemeinschaft der Nationen? Viele Deutungen sind möglich, alle passen zu den Winterspielen, dennoch bleibt das Zeichen nicht beliebig.

Langfristig eingesetzt werden durch diesen Interpretationsdrang und die Geschichte, die mit dem Logo mitlaufen, aus abstrakten Logos neue, individuelle Symbole und Icons, die für eine bestimmte Qualität stehen. Heute würde wohl niemand mehr den Mercedes-Stern als abstrakt bezeichnen. Er ist zu einem Symbol unserer Kultur geworden, das die Botschaft „Prestige“ verinnerlicht hat. So sehr, dass es einige Jugendliche für prestigeträchtig halten, den Stern in Form der Kühlerfigur zu stehlen. Wenn sie schon nicht den Wagen selbst haben können, so doch wenigstens das Symbol.

10.4.06

Einfach Typo

In unserer kleinen Logo-Typologie kommen wir nun zur Typografie. Typografische Logos kommunizieren mit Schriftzeichen, ohne Symbole oder Icons. Das heißt aber noch lange nicht, dass solche Logos entstehen, indem man einfach eine Schriftart auswählt und den Firmennamen rechts oben aufs Briefpapier schreibt. Interessanterweise sieht man gerade den vermeintlich simplen Typo-Logos schnell an, ob sie von professioneller Hand gestaltet wurden. Denn die typografische Tücke liegt im Detail.

Wir haben an dieser Stelle oft und gerne über die Macht der Bilder gesprochen. Kann man mit reiner Schrift denn überhaupt mehr als nur den Produkt- oder Firmennamen kommunizieren? Man kann. Einerseits lässt sich das Schrift-Bild, der optische Charakter einer Schrift, dafür nutzen, auch in Kombination mit anderen Fonts. Andererseits kann die äußere Form des Schriftzugs selbst zum Bild werden.

Ein Beispiel: Das Logo der Kleidungsmarke Boss besteht aus der Kombination zweier verschiedener Schriftarten. Eine eher klassisch wirkende Serifenschrift für den großen „Boss“ und eine schlanke, moderne Sans-Serif für „Hugo Boss“. Klassische Mode für den modernen Boss. Das ganze ist in ein Rechteck eingeschrieben, das ungefähr die Größe eines Kleidungsetiketts hat. Das fette, schwarze „Boss“ signalisiert Selbstbewusstsein – ein echtes Macho-Logo. Der Verzicht auf Farben ist ein Hinweis darauf, wie die Business-Mode von Boss aussieht. Da kommt doch in wenigen Buchstaben einiges an. Wenn wir das mit dem Schriftzug von Milka vergleichen, wissen wir auch, wie groß die Bandbreite typografischer Logos ist.

Viele typografische Logos haben nicht die Aussagekraft von Boss oder Milka, und damit steigt die Gefahr von Verwechslungen. Besonders stark und sinnvoll sind Typo-Logos dann, wenn das erste Ziel eines Unternehmens ist, seinen Namen bekannt zu machen. Ziel des Logos ist es dann, den Namen optimal in Szene zu setzen. Zusätzliche Symbole oder Icons könnten da sogar störend sein. Die Voraussetzung dafür ist allerdings ein starker, aussagekräftiger Name. Das schönste Typo-Logo nützt also nichts, wenn wir damit nur Buchstabensalat kommunizieren.

3.4.06

Die Kraft der Symbole

Die zweite Strategie, mit Logos zu kommunizieren, ist jene der Symbolik. Was ist ein Symbol? Ein Symbol ist ein Zeichen, das für eine bestimmte Bedeutung steht. Wichtig ist, dass das Symbol selbst mit der Bedeutung nichts zu tun hat. Das Herz pumpt Blut durch unseren Körper und hat als physisches Ding nichts mit Liebe zu tun. Das Kreuz steht für die Werte des Christentums, nicht für das Folterinstrument an sich. Daraus ergibt sich, dass wir die Bedeutung von Symbolen lernen müssen, wenn auch eher passiv. Wir wachsen mit ihnen auf.

Was bedeutet das nun für symbolische Logos? Die große Chance dieser Zeichen besteht darin, dass sie bereits auf eine Bedeutung verweisen. Wir müssen sie nicht erst aufladen oder mit viel Kommunikationsleistung vermitteln, wofür sie stehen. Dazu kommt, dass die meisten Symbole sehr alt und tief im kollektiven Unbewussten einer Gesellschaft verankert sind. Wer diese Dynamik zu nutzen weiß, schafft kraftvolle Logos.

Wer mit starken Energien spielt, kann sich aber auch die Finger verbrennen. Leichtfertig eingesetzte Symbole können falsch interpretiert werden und so die Marke in eine falsche Richtung lenken. Symbole sind zudem kulturell gebunden, werden also in Japan anders gedeutet als in Europa. Und umgekehrt: Wer weiß schon hierzulande, dass das Mitsubishi-Logo ein starkes Symbol aus dem asiatischen Kulturkreis ist? Zudem gibt es eine lange Geschichte von Symbolen, die missbraucht, umgedeutet oder überbenutzt wurden. Das Beispiel „Herz = Liebe“ hat heute einen äußerst schalen Beigeschmack, weil es banal geworden ist. Germanische Runen, auf der anderen Seite, sind seit der Nazizeit mehr oder weniger tabu. Das sind eindeutige Beispiele; in der Corporate-Design-Praxis geht es jedoch oft um Nuancen, die nicht so klar und nur durch genaue Recherche festzumachen sind.

Symbolische Logos sind selten geworden. Der Grund: Es braucht Mut, auf die riskante Energie der Symbole zu setzen. Erfolgreiche Beispiele wie „Red Bull“ zeigen aber, welches Potenzial in Symbolen steckt.

27.3.06

Angewandte Ikonografie

Es gibt Millionen Logos, aber nur vier Strategien, um mit diesen Zeichen zu kommunizieren. Die erste und scheinbar einfachste ist, mit einem grafischen Zeichen jene Dinge darzustellen, um die es geht. Solche beschreibenden Logos sind uralt. Schon im Mittelalter bezeugten die Handwerker ihre Zugehörigkeit zu einer Zunft mit stilisierten Zeichen: die Brezel für den Bäcker, der Amboss für den Schmied, die Schere für den Schneider.

Solche beschreibenden Zeichen nennt der Semiologe Icons. Sie stellen etwas dar, das in einem direkten Zusammenhang mit dem Unternehmen steht, und sind ohne Erklärung kulturübergreifend verständlich. Diese Klarheit ist der größte Vorteil eines beschreibenden Logos. Mit dem bildlichen Hinweis auf Produkte, Werkzeuge, Gebäude oder den Produktnutzen versteht jeder, worum es geht.

Die Eindeutigkeit beschreibender Logos hat aber auch ihre Nachteile. Ein Icon kann schnell zur Banalität werden. Wenn das Logo zu eindeutig ist, keinerlei Irritation stattfindet, fällt es weniger auf. Die Verankerung im Gedächtnis fehlt, dementsprechend niedrig ist der Wiedererkennungswert des Zeichens. Dazu kommt die Verwechslungsgefahr. Wenn alle Physiotherapeuten ein Strichmännchen und alle EDV-Anbieter einen Computer im Logo haben, dann wird die Eindeutigkeit zum Einheitsbrei.

Wichtiger als das „Was“ ist hier oft das „Wie“. Selbst das fadeste Logo-Icon kann durch eine spannende Gestaltung zum Eye-Catcher werden. Dann, wenn die Augen der Betrachter herausgefordert, Sehgewohnheiten durchbrochen werden. Gepaart mit der klaren Botschaft des Icons entstehen so wirksame beschreibende Logos.

13.3.06

Innere Werte

Dass Corporate Identity nicht künstlich von außen eingeführt und von oben verordnet werden kann, habe ich an dieser Stelle schon erwähnt. Schon gar nicht mit einem neuen Corporate-Design-Handbuch, das den Mitarbeitern verteilt wird und von ihnen ab sofort einzuhalten ist.

Tatsächlich kann Corporate Design die Identität eines Unternehmens stärken. Dann nämlich, wenn sich Unternehmer, Mitarbeiter und Kunden mit dem neuen CD identifizieren. Ein Logo, Visitenkarten oder ein beschrifteter Firmenwagen machen das abstrakte Konstrukt „Firma“ greifbarer, geben ihm eine physische Realität. Es ist einfach ein ganz anderes Gefühl, mit der Image-Broschüre in der Hand sagen zu können: „Das ist mein Unternehmen.“ Wenn dabei etwas Stolz mitschwingt, dann wird Corporate Identity gelebt.

Voraussetzung für dieses Phänomen, das beim Einzelunternehmer genau so zu beobachten ist wie bei großen Firmen, ist, dass möglichst viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Prozess der CD-Entwicklung miteinbezogen werden. Nicht erst bei der letzten Logo-Entscheidung, sondern vor allem dann, wenn die Inhalte und Werte des neuen Auftritts diskutiert werden. Genau so wichtig ist, alle am neuen CD teilhaben zu lassen. Die Putzfrau mag zwar keine Visitenkarten brauchen. Aber wie motivierend wirkt es, wenn sie trotzdem 100 Stück erhält?

Wenn Aspekte wie Gruppendynamik, Motivation und Teambuilding Teil einer CD-Entwicklung werden, dann entsteht mehr als schöner Schein. Dann wächst Identität.

6.3.06

Gesehen werden

Alleine wegen seinem Corporate Design hat noch kein Unternehmen einen Kunden gewonnen. Zumindest nicht direkt. Es läuft eher umgekehrt: Potenzielle Kunden kommen gar nicht erst auf die Idee, ein bestimmtes Unternehmen zu kontaktieren, wenn dieses keinen wirkungsvollen Auftritt hat.

Corporate Design ist keine Werbung, die mit hohem Einsatz von Mitteln kurzfristig Aufmerksamkeit und damit viel Umsatz generieren kann. CD braucht Zeit, um Aufmerksamkeit zu generieren, wirkt dann aber auch nachhaltiger. Gutes CD schafft eine klare Präsenz am Markt für ein Unternehmen, sorgt dafür, dass es über Jahre hinweg stetig wahrgenommen wird. Wenn das Unternehmen klar positioniert ist und das Logo diese Botschaft stärkt, dann werden mit dem Firmenauftritt auch Werte und Inhalte verbunden.

Der erwünschte Effekt ist der Einzug ins „Relevant Set“ der Zielgruppe. Das heißt: Wenn ich einen Bodenleger oder Steuerberater oder Autohändler brauche, dann fällt mir das Unternehmen ein, das ich gesehen, erkannt und wieder erkannt habe. Mit dem entscheidenden Quäntchen Vorschussvertrauen gehe ich dorthin und lasse mir ein Angebot machen. Schließlich gibt es die Firma offensichtlich schon eine Weile und – sie schaut professionell aus.

Diesen Kunden hat das Unternehmen (auch) wegen seines Corporate Design gewonnen. Das zu belegen ist schwierig, da CD als Erfolgsfaktor kaum von anderen strategischen Entscheidungen und Investitionen zu isolieren ist. Genau so klar ist jedoch, dass Unternehmen, die ihren Auftritt vernachlässigen, viel Potenzial verschenken.

23.2.06

Konsequent flexibel

Corporate-Design-Manuals sind bei den wenigsten Grafikern beliebt. Die Regelwerke der CD-Macher drängen einen, so denken sie, in ein Korsett, das an allen Ecken und Enden zwickt. Wie sagte es der Agenturgründer Konstantin Jacoby? „Regeln sind für die Werbung so hilfreich wie Krücken beim 100-Meter-Lauf.“ Auf der anderen Seite steht der berechtigte Wunsch von Unternehmen und ihren Marketing-Verantwortlichen, so konsequent und einheitlich wie möglich aufzutreten.

Regeln und Kreativität, Konsequenz und Flexibilität müssen sich jedoch nicht zwingend widersprechen. Der schlechte Ruf der CD-Manuals kommt nur daher, dass Corporate Design allzu oft mit dem Geist des Buchhalters betrieben wird: Der Computer kommt ins Anlagevermögen. Das Logo in die rechte obere Ecke. Die Umsatzsteuer beträgt 20 Prozent. Der Seitenrand 15 Millimeter.

So sehr Genauigkeit angebracht ist; das ist nicht der Sinn eines CD-Konzeptes. Es geht darum, grafische Leitplanken festzulegen, zwischen denen sich ein Gestalter frei bewegen kann. Diese Flexibilität ist notwendig, denn auch ein 100-seitiges CD-Manual kann nicht jede Eventualität voraussagen und vorherbestimmen. Eine Visitenkarte ist eben nicht dasselbe wie ein Plakat oder eine Autobeklebung.

Gutes Corporate Design schafft eine grafische Leitlinie, die den Spielraum festlegt und Möglichkeiten schafft statt Optionen zu verbieten. Das Ziel ist nicht, dass immer alles gleich ausschaut. Ziel ist ein „Look and Feel“. Das heißt: Jeder Mensch wird spontan aus zehn vorgelegten Drucksorten jene herausgreifen können, die zusammen gehören. Und das wird nur dann funktionieren, wenn das CD-Konzept ebenso flexibel wie konsequent ist.

7.2.06

High Concept

Der Begriff „High Concept“ kommt aus dem Hollywood der Siebzigerjahre und hängt eng mit der Erfindung des Blockbusters zusammen. High-Concept-Filme haben eine klare, leicht verständliche Handlung, die man in ein, zwei Sätzen zusammenfassen kann. Der Plot des Films wird geradlinig verfolgt, und jeder Charakter, jeder Dialog, jede Szene treibt ihn weiter. Dieser Reduktion auf der Produktionsseite steht eine Erweiterung auf der Marketingseite gegenüber. Die Idee des Films wird in einem groß angelegten Hype auf alles übertragen, was denkbar ist. Soundtracks, Spielzeug, Bücher, Events und Müslipackungen tragen die Story des Films in unseren Alltag. „Star Wars“ ist das berühmteste Beispiel.

Corporate Design sollte auch „High Concept“ sein. Die „Story“, also die zentrale Botschaft des Unternehmens, muss ebenso klar, einfach, nachvollziehbar und faszinierend sein wie jene eines Blockbusters. Eine Reduktion auf den Kern der Unternehmensidentität ist die Voraussetzung für ein gutes Logo, sonst bleibt es ziellos und inhaltsleer. Der Designer muss jedoch vor dem ersten Entwurf seinen Blick so weit machen wie es die Marketingleute in Hollywood tun. Wer wird das Design sehen? In welchen Medien wird es eingesetzt werden? Wie stehen die Mitarbeiter dazu? Welche Entwicklungen stehen in naher Zukunft an? Wie schaut der Mitbewerb aus? Welche Klischees und falsche Auffassungen kursieren über das Unternehmen? Lauter Fragen, die einen Einfluss auf das Designkonzept haben.

Nur so kann ein Konzept entstehen, das einen roten Faden durch den Auftritt eines Unternehmens zieht, das über Jahre und Jahrzehnte bestehen und sich in dieser Zeit auch weiterentwickeln kann. Sollte die erste Frage ihres Grafikers also „Wie soll das Logo denn aussehen?“ lauten, dann wäre das etwas zu kurz gegriffen. Corporate Design braucht das „High Concept“.

Mixed Messages

Wie entscheiden wir, ob uns ein Unternehmen sympathisch ist? Faszinierend ist ja, das wir das überhaupt tun, schließlich sind Unternehmen oft komplexe Gebilde, die nicht eine, sondern viele Persönlichkeiten haben. Nennen wir das mal Corporate Schizophrenia. Tatsächlich reduzieren wir als Konsumenten Unternehmen auf eine einzige Einheit, was ja das Glück aller Corporate-Identity-Strategen ist.

Mögen wir nun diese Persönlichkeit oder nicht? Viele Faktoren haben Einfluss auf diese Entscheidung. Am wichtigsten ist sicher, ob mir die Menschen, die für das Unternehmen arbeiten, sympathisch sind. Das hängt stark von ihrem Verhalten ab. Nehmen sie mich wahr? Hören sie mir zu? Helfen sie mir weiter? Dann gibt es die Eindrücke, die wir aus den Medien und von anderen Menschen mitnehmen: Werbung, Artikel, Berichte, Mundpropaganda. Und schließlich kann auch eine Farbe, ein Zeichen oder ein Bild darüber entscheiden, wie nahe uns ein Unternehmen ist.

Das Ziel eines Unternehmens ist es, bei seinem Zielpublikum ein einheitliches, positives Bild zu schaffen. Das geht nur dann, wenn das Unternehmen seine Identität kennt, seine Stärken in eine zentrale Botschaft verpackt und diese Botschaft konsequent kommuniziert. Das heißt, die drei Kommunikationskanäle (Verhalten, Werbung und Design) zu steuern und auf eine Linie zu bringen.

Wenn das nicht geschieht, sendet man widersprüchliche Botschaften. Wenn die Werbung Modernität versprüht, im Geschäft jedoch Alte-Tanten-Mief herrscht, dann ist das kontraproduktiv. Wenn das Erscheinungsbild positiv und freundlich ist, die Mitarbeiter aber wegen des schlechten Betriebsklimas unleidlich, wird das schöne Logo nichts nützen.

Corporate Identity zu kommunizieren heißt also, alle Kanäle (Corporate Behavior, Corporate Communication, Corporate Design) zu pflegen und konsequent eine Botschaft zu senden. Kurz: Halten Sie, was Sie versprechen.

Identitätskrise

„Ach, ihr macht Corporate Identity!“ So wird oft und gerne reagiert, wenn kreisrot im Gespräch ist. Die Reaktion ist verständlich, sie liegt aber ganz falsch. Wir machen keine Corporate Identity. Nicht, weil wir es nicht könnten, sondern weil niemand Corporate Identity „macht“.

Corporate Identity, also die Identität eines Unternehmens, existiert, wird gelebt und im besten Fall auf irgendeine Art und Weise beschrieben. CI ist etwas Abstraktes, das mit der Kultur und den Werten, der Geschichte und den Zielen eines Unternehmens zu tun hat. Sie ist der Charakter oder die Seele eines Unternehmens. Corporate Design „machen lassen“ würde heißen, zum Frisör zu gehen, um sich eine neue Persönlichkeit machen zu lassen.

Corporate Identity wird meistens mit den Werkzeugen verwechselt, mit denen ein Unternehmen seine CI kommuniziert. Die wichtigsten sind die Schulung, Betreuung und Förderung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Corporate Behavior), Kommunikation auf allen Ebenen (Corporate Communication, also z.B. Werbung, PR, Publicity, Promotion) und der optische Unternehmensauftritt (Corporate Design). Mit anderen Worten: das Verhalten, die Sprache und das Gesicht eines Unternehmens.

Die Verwechslung von Form und Inhalt geschieht nicht zufällig. Viele Unternehmen betreiben Corporate Identity tatsächlich nach der Frisör-Methode. Eine Telefonleitfaden für die Sekretärin, eine nette Werbekampagne und ein fetziges Logo, fertig ist die Corporate Identity. Tatsächlich schafft man so nur ein sehr oberflächliches Image, das oft in sich widersprüchlich ist und mit der gelebten Realität des Unternehmens nichts zu tun hat. Schon ein feines Kratzen an der Schminke bringt die hässliche Wahrheit ans Licht.

Das geschieht, wenn man Corporate Identity „macht“, statt sie zu leben.