30.10.07

Corporate Design

Wer hat sich nochmal über die Qualität kostenlos zur Verfügung gestellter Publikationen im Internet beschwert? Das kann man getrost lassen, denn es gibt Profis, Studenten und Professoren, die an das Prinzip des geteilten Wissens glauben.

Absolut zu empfehlen ist die Corporate-Design-Reihe der Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd. Die ersten zwei Teile behandeln Form und Farbe bei der Logogestaltung. Gute und vor allem systematische, wissenschaftliche Literatur zum Thema Corporate Design ist rar, gerade deshalb ist die Reihe doppelt willkommen. Die Autorinnen und Autoren versuchen sich darin, Logo-Farben und -Formen zu systematisieren und ihre Wirkung, soweit möglich, einzugrenzen. Dabei vergessen sie aber nie, dass zum Beispiel Farbwirkung nichts ist, was man locker im Lexikon nachschlagen kann. Es geht auch nicht darum, Kochrezepte für das perfekte Logo zu schreiben. Statt dessen wird das Thema sowohl empirisch als auch qualitativ analysiert, was gerade für Logodesigner (und bitte auch für Auftraggeber!) ausgesprochen inspirierend ist.

via Fontblog

25.10.07

Typokunst

Der Newsletter der Medienwerkstatt Wien hat mich auf den Künstler Jörg Piringer aufmerksam gemacht. Unter seinen Projekten sind auch anspruchsvolle Videos, die mit abstrakten Soundcollagen und animierter Typografie arbeiten. Dazu kommt «Visuelle Poesie» – Typo/Grafische Collagen irgendwo zwischen Konkreter Poesie und Postmoderne. Ein Blick ins Portfolio lohnt sich. Jörg Piringer wird gemeinsam mit Andres Ramirez Gaviria am kommenden Montag ein Werkstattgespräch zum Thema Schriftbilder bestreiten. Um 20 Uhr in der Medienwerkstatt Wien, Neubaugasse 40a, 1070 Wien

Martini Stylish Glass Competition

In den vergangenen Jahren hat der Spirituosenhersteller Martini jeweils renommierte Designer wie Jason Brooks engagiert, um limitierte Sonderausgaben von je drei Martinigläsern zu gestalten. Für das Jahr 2008 werden die Gläser jedoch als Designwettbewerb ausgeschrieben, um, wie es heißt, jungen Kreativen eine Chance zu geben. Das Siegerdesign wird rund 150.000 Gläser gedruckt, die Schachteln wird der Namen des Schöpfers/der Schöpferin zieren. Außerdem gibt's 3.000 Euro zur Abgeltung der Rechte

Das ist natürlich ein günstiger Handel für Martini, aber dafür sind die Wettbewerbsbedingungen recht fair. Ein Fachjury entscheidet nach vorgegebenen Kriterien über das Gewinnerdesign. Und ganz wichtig: Nur der/die Gewinner/-in überlässt die Nutzungsrechte an den Designs. Wer nichts gewinnt, kriegt zwar keine Abgeltung, kann aber auch davon ausgehen, dass seine Ideen nicht abgestaubt werden. Wir werden wohl nicht mittun, weil wir nicht so illustrativ veranlagt sind und kaum mehr als Nachwuchsdesigner durchgehen (Altersgrenze ist 35, das hätten wir noch geschafft). Wer Interesse hat: Anmeldeschluss ist der 19. November, anmelden kann man sich hier.

22.10.07

Maerklang live

Ein Veranstaltungshinweis, der für einmal nur peripher etwas mit Design zu tun hat: Morgen abend gibt es eine Gelegenheit, Maerklang live zu sehen. Maerklang ist die Kombination von Märchen und Harfe mit der Märchenerzählerin Christa Schmollgruber und dem Harfenisten Georg Baum. Wir hatten die Freude, für die beiden drei CD-Booklets, drei Logos und drei Netzpräsenzen zu gestalten. Und Maerklang live ist ein Erlebnis für Ohr, Auge und Herz. Wer's noch nicht weiß: Märchen sind kein Kinderkram

23. Oktober 2007

Maerklangs «Vom Adler, der glaubte ein Huhn zu sein» - Märchen von Wandlung und Befreiung

Wenn Frauen wissen, was sie wollen und Prinzen sich in Blumen verlieben, wenn Ängste überwunden werden und unerschütterlicher Glaube gegen Ignoranz obsiegt, ist die Zeit der Wandlung und Befreiung gekommen.

Zeit/Ort: 19.30 Uhr, Interkulttheater, Filgradergasse 16, 1060 Wien

19.10.07

Spiekermann sprach

Er war da, ich war da, alle waren da. Das hat die Typografische Gesellschaft Austria noch nie erlebt. Schon eine halbe Stunde vor Vortragsbeginn stand eine Traube von 50 Leuten vor dem kleinen Auditorium im Museumsquartier. 15 Minuten später war der letzte Platz besetzt. Der Chef plädiert um Geduld und um 19:20 Uhr beginnt der Vortrag von Erik Spiekermann endlich – vor mindestens so viel Stehenden wie Sitzenden.

Trotz Krankheit plauderte Spiekermann eine Stunde und zwanzig Minuten lang über sich, seine Arbeit und seine Mama. Es war, im positiven Sinn, wie ein witziger Diavortrag von Onkel Erik. Chaotisch, improvisiert und durchsetzt von Bonmots, die manchmal nur lustig, manchmal unglaublich treffend waren. Fast schon Aphorismen. Der Mann wirkt mit seinen 60 keinen Tag älter als 45 Jahre, spricht wie ein Maschinengewehr und nimmt kein Blatt vor den Mund. Was ihn stört, ist, wortwörtlich, Scheiße. Gewisse Macken kann man ihm als Arroganz auslegen, etwa das ständige Bemühen, sich selbst als Mittelmaß darzustellen und die eigene Arbeit als simpel und banal. Auch die übermäßige Nutzung des Unwortes «Rödeln» (was heißt das überhaupt?) war eher grenznervig. Ansonsten: Spiekermann, von dir lässt sich lernen!

Ich habe hier aus dem Gedächtnis ein paar Zitate zusammengestellt, die ich für verschriftlichungswürdig halte:

Design ist Haltung, Wissen, Zusammenarbeit und Leute.

Wir reden nicht von Kunden, sondern von Auftraggebern. Ein Kunde weiß, was er will, er geht zum Fleischer und kriegt ein Kilo Hackfleisch. Wir müssen für unsere Auftraggeber neue Dinge entwickeln. Deswegen sind sie keine Kunden.

Powerpoint ist ja der Weltstandard. Aber Scheiße riecht auch in jedem Land gleich.

Akkurat ist sowas wie eine handgezeichnete Helvetica. Meine Mutter würde sagen, das ist eine Helvetica mit einem komischen «g«. Aber das ist meine Mutter.

Keiner lizenziert Schriften. Schriften schwirren irgendwo in der Atmosphäre herum und manifestieren sich irgendwann auf der Festplatte.

Corporate-Design-Ideen sind immer einfach, sonst versteht sie keiner und dann funktionieren sie nicht.

In meiner Kellerdruckerei hatte ich nur drei «a»s. Du musste ich mir halt etwas überlegen. So habe ich skizzieren gelernt.

Das Redesign von «The Economist» habe ich mit Bescheidenheit gewonnen. Ich habe gesagt: «The Economist», wow, da hab ich Schiss. Die anderen sind reinmarschiert und haben erzählt, sie schütteln das aus dem Ärmel.

Mir hat's gefallen, sehr sogar! Danke, Erik Spiekermann, und gute Besserung. Wer sich eine Idee holen will, wie der Vortrag sonst so war, bitte.

17.10.07

Spiekermann in Wien

Ein dringlicher Veranstaltungstipp für heute: Kein geringerer als Erik Spiekermann spricht heute abend um 19 Uhr im MQ Designforum zum Thema «Typomanie ist unheilbar, aber nicht tödlich.» Jede/r, der/die kann, sollte da hin, auch wenn es 8 Euro kostet. Warum?

1. Der Mann ist eine lebende Designlegende.
Man könnte manchmal wirklich glauben, dass Spiekermann in allem, was in deutschsprachigen Landen (und nicht nur dort) designmäßig passiert ist, die Finger drin hatte. Er hat unter anderem MetaDesign und Fontshop mitbegründet, werkelte u.a. am Corporate Design von Volkswagen und Audi, gestaltete weiters mit ITC Officina und FF Meta zwei Klassiker der modernen Typografie. Der Mann ist, nota bene, erst 60 Jahre alt.

2. Der Mann kann schreiben
Einen Vortrag habe ich noch nie erleben dürfen, aber alleine Spiekermanns Bücher sprechen dafür, dass er nicht nur ein gestalterisches, sondern auch ein rhetorisches Talent ist. Für mich ist er eine Art typografischer Alleinunterhalter der mit seinem Witz und seiner Begeisterung auch den letzten Comic-Sans-Benutzer von der mikrotypografischen Ästhetik einer Renaissance-Antiqua-Serife überzeugen kann.

3. Der Mann ist Typomane
Wer schon angesteckt ist, muss bei einer öffentlichen Zelebrierung dieser Krankheit definitiv mit dabei sein.

Aber wehe, ihr schnappt mir den letzten Platz weg!

8.10.07

MAK Design Nite

Ein weiterer Höhepunkt der Desigwochen dräut am Horizont: Die MAK Design Nite. Das Museum für angewandte Kunst ist sowieso immer einen Besuch wert, allein das Gebäude ist wunderbar. Dafür verzeihen wir den Organisatoren sogar die «trendige» Orthografie. Es wird diskutiert und gefeiert, vor allem aber werden hochinteressante Beleuchtungskörper von Ross Lovegrove enthüllt, die so genannten Solar Trees. Hier das Programm von heute abend laut MAK:

20.30 Uhr Eröffnung der Ausstellung >> DesignShowcases 2007 AXIOME – Beispiel einer Gegenstrategie. Buchegger, Denoth, Feichtner DESIGN
MAK DESIGN SPACE

21.15 Uhr Gesprächsrunde >> Design für die Stadt – Aufbruch in die urbane Wirklichkeit
Gerald Bast (Rektor, Universität für angewandte Kunst Wien), Ernesto Gismondi (Präsident, Artemide S.p.A.), Ross Lovegrove (Designer, Studio Ross Lovegrove, London), Peter Noever (Direktor, MAK), Deyan Sudjic (Direktor, Design Museum London)

22.15 Uhr Erstmals in Österreich >> Präsentation des Swarovski Crystal Aerospace
Modell eines solarbetriebenen Autos von Ross Lovegrove für Swarovski Crystal Palace

22.45 Uhr Weltpremiere vor dem MAK >> Enthüllung des SOLAR TREE
Ein solarbetriebener Beleuchtungskörper für die Stadtbeleuchtung Wiens nach einem Entwurf von Ross Lovegrove, entstanden auf Initiative von Peter Noever

Quelle/Bild: mak.at

4.10.07

Ikea überall

Als überzeugter Öffi-Fahrer war es mir heute morgen unmöglich, gewisse blau-gelbe Botschaften zu übersehen. Ich entschuldige mich für die hässlichen Fotos, hatte nur die Handykamera dabei. Der Absender dürfte wohl ein bekanntes skandinavisches Möbelhaus sein. Zuvor hatte schon H&M ganze U-Bahnstationen zugekleistert. Werbung erobert auch noch den letzten Quadratmillimeter öffentlichen Raumes. Sie penetriert großflächig, wiederholt und hämmert ihre Botschaften ein. Irgendwann demnächst wird wohl jemand die noble Zurückhaltung, die höfliche Konsumenteninformation für die Werbung entdecken. Einfach um anders zu sein.

2.10.07

Staatspreis Design

Heute sind die Preisträger des «Adolf Loos Staatpreis Design» bekannt gegeben worden. Hier die Preisträger im Überblick:
Michaela Martinek für die Gläserserie «Wein & Wasser»
Christian Walch, Andreas Moll und Dietmar Kohler mit dem «Walchfenster 04»
Designbüro memux für den «Betonvorhang»
Robert Rüf für den Stapelstuhl «Links»
Elisabeth Krainer für die Gebirgsbahn «Luftzug»
Christina Zwittag für den Biwak «The Ritz» (PDF 1,8 MB)
Talia Radford für die orthopädische Bekleidung «Ergoskin»
Die ausgezeichneten Beiträge sind von 4. Oktober bis 8. November im MQ-designforum ausgestellt. Herzliche Gratulation!

(Quelle: Horizont.at)

1.10.07

Bawag: Neues Logo

Heute hat die BAWAG die Katze also aus dem Sack gelassen: Neue Bawag, neues Logo, neues Design, neue Werbung. Inhaltlich wird es die gute, alte Konzentration auf die Kernkompetenzen. Optisch hat sich einiges getan, auch wenn die Änderungen subtiler sind, als man hätte erwarten können.

Das alte Logo hatte doch etwas Häuslbauer-Mief angesammelt, hatte aber eine klare und unverwechselbare Form. Das Redesign (ich nehme an durch die neue Agentur Dirnberger De Felice) nimmt die bekannten Dreiecke auf und bastelt daraus tangrammäßig ein Segel oder eine Flamme, die über dem diskreteren Schriftzug züngelt. Nichts, was einen auf den ersten Blick aus den Socken wirft. Das sollte ein gutes Bankenlogo aber auch nicht. Für mich hat das Redesign den neuen Geist der Bawag (so er denn real ist) gut getroffen und eine gute Mischung zwischen alt und neu gefunden. Solide, praktikabel, wirksam. Es wird sicher Häme geben, weil es eine einfache Lösung ist, aber die Menschen lernen schnell. Mit gelben Dreiecken lässt sich dann übrigens endlich auch die PSK vernünftig ins Bawag-Logo integrieren. Weniger wirksam ist das Logo in der Quer-Version, weil dort das nach oben Strebende des Designs verloren geht.

Optisch sehr überzeugend finde ich den neuen Netzauftritt der Bawag. Der rote Rahmen ist gewichen, es dominiert der weiße Hintergrund und Fotos mit versetzten rot-transparenten Balken für die Botschaften. Auch hier hat man wohl nach all den Skandalen Leichtigkeit und Durchsichtigkeit gesucht. Das ist durchaus gelungen und wird wohl auch im Printbereich gut aussehen. Bleibt nur zu hoffen, dass dieser Wechsel mitten im Bawag-Prozess auch glaubwürdig wirkt. Und dass er genügend Abstand schafft zu dem, was war.

Vienna Design Weeks

Diese Woche gibt sich Wien als Design-Hauptstadt Europas: Die Vienna Design Weeks beginnen am Mittwoch. Bis zum 21. Oktober wird das Thema Design auf verschiedensten Ebenen abgehandelt: in Ausstellungen, Vorträgen, Diskussionen und Partys. Parallel dazu findet an der Angewandten am 8. und 9. Oktober die Konferenz Design 07 statt. Thema ist hier «Die Mitte», einerseits als gesellschaftliches (Mittelstand, Durchschnittsbürger), andererseits als gestalterisches Phänomen (Goldener Schnitt, ausgewogenes Design). Aus CD-Sicht ist vielleicht Patrick Cox der interessanteste Sprecher, hat er doch das viel diskutierte Logo der Olympischen Spiele in London 2012 konzipiert. Die Akkreditierung kostet halt 90 Euro.

Zwei Höhepunkte aus dem weiteren Programm der Design Weeks: Zum einen präsentiert sich mit der Schweiz erstmals ein Gastland. Die Ausstellung «belle vue – Junges Schweizer Design» im Museumsquartier werde ich mir schon aus rein patriotischen Gründen geben. Und hier berichten. Der zweite Pflichttermin ist ein Vortrag von Erik Spiekermann, einem der wichtigsten lebenden Schriftdesigner der Welt. Er wird am 17. Oktober um 19 Uhr im designforumMQ zum Thema «Typomanie ist unheilbar, aber nicht tödlich» referieren. Wer sein Buch «ÜberSchrift» gelesen hat, weiß, was er meint.

Ich hoffe, dass die Designwochen ein positives Echo bei Medien und Publikum erfahren. Leider wurde meiner Meinung nach zu spät und unvollständig über diese Veranstaltung informiert. Ich zum Beispiel habe davon zuerst im Fontblog erfahren, musst also den Umweg über Deutschland nehmen. Auf der durchgeflashten Website ist außer dem Programm und den Lokalitäten kaum etwas zu erfahren, da muss man schon die Presseseite besuchen. Außerdem empfinde ich auch als störend, dass einmal mehr das Stichwort «Design» zu 95 Prozent für Möbel- und Produktdesign steht, die Grafik also unter ferner liefen abgehandelt wird. Aber möglicherweise irre ich mich da und habe nur das Programm nicht verstanden.