27.10.08

Ausstellung: Schwanger sein.

Ulrike Wieser ist seit frühesten Zeiten unsere liebste Kooperations-Partnerin, wenn es um Fotos geht. Sie hat nicht nur technisch alles drauf, sondern auch diesen besonderen Blick für Menschen. Im Tagesgeschäft hat sie sich auf zwei besonders schöne und schwierige Themen spezialisiert: Schwangerschaft und Kinder.

Jetzt gibt es einige ihrer Bilder in einer Ausstellung zu bewundern: Die Vernissage findet am 31. Oktober 2008 um 17 Uhr im Nanaya statt (Zollergasse 37, 1070 Wien). Entstanden sind diese Bilder aus einer Zusammenarbeit mit der Künstlerin Christina Regorosa, die Erfahrungen aus ihrer eigenen Schwangerschaft in Texte verarbeitet hat. Fotografisches Thema der Ausstellung (und des dazu gehörigen Bildbandes) ist das neue weibliche Körperbewusstsein, das aus der einzigartigen Situation des Schwangerseins entsteht. Entstanden sind ehrliche, authentische Bilder, die von dem so ganz anderen, natürlichen Schönheitsideal der Schwangeren erzählen.

Übrigens: Auch für jeden Mann, der diese wundersame Verwandlung einmal miterlebt hat (oder es einmal vor hat), eine empfehlenswerte Veranstaltung.

15.10.08

Typografie-Tipps 3: Blocksatz

Eine immer noch stark verbreitete Binsenweisheit ist: Linksbündiger Flattersatz ist besser als Blocksatz. Grundsätzlich. Das stimmt so nicht, ich kann mir aber denken, woher die Faustregel kommt: Beim Blocksatz kann man viel mehr falsch machen.

Wenn wir einfach in unserem Textverarbeitung- oder Satzprogramm auf den Blocksatz-Knopf klicken und uns nicht weiter darum kümmern, sind meistens Löcher die Folge. Löchriger Blocksatz entsteht, wenn die Wortabstände zu unregelmäßig werde, die Wörter in einzelnen Zeilen also zu weit auseinander stehen (wie im zweiten Absatz des Beispiels). Verhindern kann man das durch drei Maßnahmen. Erstens müssen wir die automatische Silbentrennung einschalten. Blocksatz ohne Trennung funktioniert nicht, weil uns sonst jedes längere Wort die Wortabstände auseinanderzerrt. Man sollte zwar nicht mehr als drei Trennungstriche untereinander stehen haben oder zu kurze Wörter (unter fünf Buchstaben) trennen, aber selbst das ist weniger störend als die Löcher im Textfluss.

Zweitens dürfen die Zeilen im Blocksatz nicht zu kurz sein. Unter 40 Anschlägen wird es einfach haarig, weil uns bei so wenig Platz einfach die Optionen ausgehen. Wir müssen dann meistens hässlich trennen und Löcher in Kauf nehmen, wie auf dem zweiten Bild zu sehen ist. Bei kurzen Zeilen ist Flattersatz also angebracht.

Die dritte Maßnahme macht nun etwas Arbeit: Wir dürfen uns nicht auf die Routinen der Satzprogramme verlassen, weil diese weder sehen noch lesen können. Unschöne Löcher und problematische Trennungen müssen also immer noch von Hand ausgeglichen werden (bitte mit bedingtem Trennstrich, nicht einfach ein Minus reinhauen – das bleibt dann am Schluss immer irgendwo mitten in der Zeile über).

Wenn wir diese drei Tipps befolgen, müssen wir auch nicht auf schmutzige Tricks zurückgreifen. Gemeint ist vor allem das unschöne Ausweiten der Buchstabenabstände, wie wir es aus der Bezirkszeitung kennen (siehe Absatz drei in den Bildern). Sperren ist eine Wortauszeichnung, dadurch irritieren komplett gesperrte Zeilen (oder gar einzelne Wörter, die plötzlich eine ganze Zeile füllen) im Text sehr. Manche Textverarbeitungen machen das automatisch, also dringend abdrehen!

Die Faustregeln für den Blocksatz sind also:

  • Blocksatz immer mit Silbentrennung
  • Zeilen nicht kürzer als 40 Anschläge
  • Trennungen manuell ausgleichen
  • Sperren hilft nicht

7.10.08

Typografie-Tipps 2: Zeilenlänge

Mindestens so oft, wie ich zu engen Zeilenabstand sehe, kommen mir zu lange Zeilen unter. Der Folder im Bild ist mir gestern zugesteckt worden. Ganz abgesehen von der entstellten Typografie des Logos, dem auspixelnden Bild, dem Logofriedhof am rechten Rand und der für Lesetexte absolut ungeeigneten Kapitälchenschrift «Bank Gothic» sind die Zeilen viel zu lang, gehen sie doch (über zwei Falzungen hinweg) quer über fast eine ganze A4-Seite. Der Effekt ist folgender: Wenn meine Augen am Ende einer Zeile angekommen sind, können sie den Anfang der nächsten kaum mehr finden. Der Weg ist einfach zu weit. Weil wir aus Büchern und Magazinen so lange Zeilen nicht gewohnt sind, ist die Versuchung groß, in der Mitte der Zeile gleich zur nächsten zu springen. Leserlichkeit ist anders.

Auch in einer wenigen extremen Ausprägung fallen lange Zeile negativ auf. Schuld ist mal wieder MS Word, das sehr sparsame Seitenränder und damit recht lange Zeilen voreingestellt hat. Wer sehr auf Leserlichkeit achtet, zum Beispiel weil er oder sie Bücher setzt, hält sich an folgende Faustregel: Eine Zeile sollte nicht mehr als ungefähr zehn Wörter bzw. rund 60 Anschläge haben. Darüber wird es mühsam, darunter geht es eher. Kurze Zeilen sind wir aus Magazinen und Zeitungen gewohnt; sie sind für diese Art von mehrspaltigen Rasterlayouts einfach notwendig. Hier ist wieder der Ausgleich des Zeilenabstands wichtig, denn sehr schmale Spalten müssen enger gesetzt werden, damit der Text noch kompakt wirkt. Natürlich dürfen in schmalen Spalten auch die Zeichen selbst nicht zu groß sein, sonst werden zusammengehörige Satzteile über zu viele Zeilen verteilt.

Wie also sind zu lange Zeilen zu verhindern? Eine Möglichkeit ist das Anpassen des Schriftgrads (der Schriftgröße) – die Zeile bleibt gleich, aber ihr Inhalt wird damit geringer. Das führt jedoch oft zu übertrieben großen Schriftgraden, die der Leserlichkeit nicht zwingend dienlich sind. Besser ist meistens, entweder auf mehrspaltigen Satz umzusteigen und/oder die Seitenränder massiv zu vergrößern. Entgegen der volkstümlichen Meinung dient dieser großzügigere Satzspiegel nicht allein dem Strecken von Seminararbeiten, sondern vor allem der Leserlichkeit. Weißraum und der mittelgraue Textblock werden so ausbalanciert, das Auge geführt, Ablenkung links und rechts des Blattes minimiert.

Die Faustregeln für Satzbreite bzw. Zeilenlänge lauten also:

  • Zeilen nicht länger als ca. 60 Anschläge setzen
  • Lange Textblöcke sind mehrspaltig oft übersichtlicher
  • Großzügige Seitenränder sorgen für Übersicht und angenehme Spaltenlänge

Damit verabschiede ich mich für den Rest der Woche. Heimaturlaub!

2.10.08

Typografie-Tipps 1: Zeilenabstand

Viele Satzfehler passieren bei den banalsten Dingen. Zum Beispiel beim Zeilenabstand, im Fachjargon auch Durchschuss genannt. Die aus MS Word bekannten Kategorien einfacher, 1,5-facher und doppelter Zeilenabstand sind etwas unpräzise. Doch selbst bei Word kann man genauer einstellen: Im Menü Format-Absatz einfach «genau» oder «mindestens» auswählen und dann eine Punktgröße einstellen. Die Punkte beziehen sich allerdings nicht eigentlich auf den Abstand, sondern auf die Zeilenhöhe. Stellt man bei einer 10-Punkt-Schrift also 13 Punkt Zeilenabstand ein, hat man tatsächlich 3 Punkt Durchschuss.

Einen «richtigen» Zeilenabstand zum quer Drüberbügeln gibt es nicht. Je nach Schriftgrad, Schriftart, Textmenge und Zeilenlänge ist mehr oder weniger davon erforderlich. Wenn ich mir Amateurtexte anschaue, ist da aber meistens zu wenig Durchschuss.

Wie entwickelt man nun ein Auge für den richtigen Zeilenabstand? Grundsätzlich ist der Zeilenabstand dafür da, dass die Augen beim Lesen auf der Zeile bleiben und nicht hoch oder runter hüpfen. Dafür sollte der optische Abstand zwischen den Zeilen mindestens so groß sein wie der Abstand zwischen den Wörter, eher etwas größer. So wie im ersten Absatz unseres Beispiels.

Ist der Durchschuss zu klein bzw. negativ, können die Unterlängen der oberen Zeile und die Oberlängen der unteren Zeile kollidieren, so wie das «p» und das «l» im zweiten Absatz. Das ist hässlich, stört den Lesefluss und verleitet zum Zeilenspringen.

Reichlich Zeilenabstand verbessert also die Leserlichkeit eines Textes und ist fast wichtiger als die Schriftgröße (Jargon: der Schriftgrad). Ein alter Designerschmäh ist jener: Kunde wünscht größere Schrift, Designer macht Schrift kleiner und Zeilenabstand größer, Kunde freut sich über die größere Schrift.

Größer ist natürlich nicht immer besser: Wenn der Zeilenabstand zu groß ist, fallen die Zeilen auseinander, es gibt keinen schönen Textblock mehr und es fällt schwer, vom Ende der einen zum Anfang der nächsten Zeile zu springen. So wie im untersten Beispiel.

Der richtige Zeilenabstand ist also immer relativ. Die Faustregeln dafür lauten:

  • Je kleiner die Schrift, desto größer der Zeilenabstand
  • Je länger die Zeile, desto größer der Zeilenabstand
  • Umgekehrt: Je kürzer die Zeile, desto kleiner der Zeilenabstand
  • Unterlängen und Oberlängen dürfen sich nicht berühren
  • Der Textblock soll einheitlich erscheinen, von der Ferne betrachtet weder schwarz noch weiß sein, sondern mittelgrau

Typografie-Tipps

Jeder kann heute Texte schreiben, setzen und drucken. Oder sagen wir es so: Die Werkzeuge dafür sind allen zugänglich. Das Problem dabei ist nur, dass man, um mal ein Bild zu bemühen, noch lange kein toller Koch ist, bloß weil man einen teuren Herd hat. Bei der Typografie ist die Sache noch tückischer, denn die meisten Augen sind nicht für dieses Handwerk geschärft. Und weil alles dank Computer scheinbar so leicht ist, machen wir es uns so. Leicht.

Nun war die Heimtypografie bisher auf kleine Auflagen beschränkt: Handzettel, Einladungen, Briefe, Handouts. Dank Digitaldruck und Print-on-Demand schaut die Sache heute anders aus. Jeder kann seinen Namen auf einen Buchdeckel drucken lassen, ohne große Investitionen, ohne Risiken; aber auch ohne Lektor und Setzer. Selbst bei klassischen Verlagen wird es immer üblicher, solche Arbeiten den Autoren zu überlassen und sich auf Produktion und Marketing zu konzentrieren. Das Resultat: Alles ist möglich, aber vieles läuft falsch. Dabei hat das System, in Verbindung mit den individuellen Vertriebsmöglichkeiten des Internets, ein großes Potenzial. Dieser neue Aufschwung des Selbstverlages kann dazu führen, dass auch Publikationen unters Volk kommen, die eben nur eine sehr kleine Gruppe interessieren.

In diesem Sinne starten wir hier jetzt eine kleine Reihe, die weniger für die geneigten Kollegen der Branche gedacht ist, sondern ganz bewusst für all jene, die ihre Inhalte veröffentlichen wollen, sich aber kein professionelles Layout leisten wollen oder können. Es geht um Typografie-Faustregeln für den Hausgebrauch. Im nächsten Post geht es los!