24.4.06

K.I.S.S.

Zunächst ein Hinweis in eigener Sache: Wir gratulieren unserem Kunden REiNTEGRA zum silbernen Columbus, dem österreichischen Direct-Marketing-Preis 2005 für ihr Mailing "Kugelschreiber". Die Marke "REiNTEGRA" wurde im Sommer 2005 als Nachfolger der "Wiener Geschützten Werkstätten" neu eingeführt. Name, Logo und das Corporate Design Konzept wurden von kreisrot corporate design entwickelt. Wir freuen uns, dass auf dieser Basis effektive und preiswürdige Marketingmaßnahmen entstehen.

Nun zum Thema dieser Woche:

Das Wort "Qualität" nehmen Designer gerne in den Mund, wenn es um den (monetären) Wert ihrer Arbeit geht. Der Begriff an sich ist schwammig – jeder reklamiert schließlich für sich, Qualität zu bieten. Dabei lässt sich Qualität gerade im Bereich Corporate Design und Logo Design an einigen ganz objektiven Kriterien festmachen.

Eines dieser Kriterien ist, so banal es klingt, Sichtbarkeit. Logos müssen sich heute in einem äußerst aggressiven Umfeld behaupten. In einer typischen Sponsorenliste drängen sich die Logos auf kleinstem Raum. Auf den ersten Blick wird hier klar, welche Logos aus praktischer Sicht funktionieren und welche nicht. Sichtbarkeit ist die Voraussetzung für alles andere: Ein Logo mag noch so einzigartig, kreativ und kommunikativ sein – wenn es nicht gesehen wird, ist es sinnlos. Sichtbarkeit lässt sich relativ leicht testen. Verkleinern wir das Logo, kopieren es auf Schwarz-Weiß und schicken es durch ein Fax. Von problematischen Logos bleibt nach dieser Tortur nur noch graue Schlieren übrig, gute Logos bleiben leserlich.

Logos mit hoher Sichtbarkeit entstehen, wenn man sich an die KISS-Formel hält: "Keep it simple, stupid!" Einfachheit und Reduktion ist die oberste Regel für Logo-Designer, da überladene oder zu komplexe Logos einfach zu wenig schnell wahrgenommen und verstanden werden. Das bedeutet übrigens nicht, dass es leicht ist, zu einer einfachen Lösung zu finden. Um es mit Konrad Adenauer zu sagen: "Man muss die Dinge so tief sehen, dass sie einfach werden."

Ein hervorragendes Beispiel ist das Logo der debra-austria, jener Organisation, die den Begriff Schmetterlingskinder bekannt gemacht hat. Diese Kinder leiden unter der seltenen Hautkrankheit Epidermolysis Bullosa (kurz: eb), einer erblichen, unheilbaren Krankheit. Ein komplexes Thema, das jedoch mit dem Bild der "Schmetterlingskinder" (die Haut der Kinder ist so empfindlich wie der Flügel eines Schmetterlings) auf den Punkt gebracht wird. Ein einfaches Bild ist auch das Logo: Zwei Striche, zwei Buchstaben, zwei Farben ein Schmetterling. Dieses Beispiel zitiere ich gerne, wenn Unternehmen ihre Botschaften für "zu komplex" für ein einfaches Logo halten.

20.4.06

Abstract Art

Logos können auf beschreibende, symbolische oder typografische Art ihre Botschaft kommunizieren. Der vierte Ansatz für den Logo-Designer ist die Abstraktion. Man entwirft also ein Zeichen, das nichts darstellt. Statt dessen steht die Grafik für sich; geometrische Formen werden so kombiniert, dass sich bestimmte visuelle Effekte ergeben. Ein Quadrat bleibt ein Quadrat, ein Kreis ein Kreis.

Klingt noch etwas abstrakt? Ist es in Wirklichkeit nicht. Aus der Sicht des Betrachters gibt es nämlich kaum abstrakte Logos. Menschen haben diesen unstillbaren Drang, alles und jeden zu interpretieren. Man könnte im Logo von Audi einfach vier Kreise sehen, die einander überschneiden. Statt dessen fragt man sich, wofür die Kreise stehen, interpretiert die Überlappung als Kette, Synergie oder Zusammenschluss. Jeder halbwegs mit der Automarke vertraute Konsument wird Ihnen auch erklären können, was das Audi-Zeichen bedeutet. Viele abstrakte Logos kommen mit solchen Geschichten.

Das ist das Interessante an abstrakten Logos – der Betrachter (und auch der Designer) sieht sie nicht als reine geometrische Formen, sondern deutet sie als Symbole oder Icons. Das Quadrat wird zum Rahmen, der Kreis zum Kopf. Gute abstrakte Logos legen solche Deutungen nahe, lassen aber auch genügend Platz für individuelle Assoziationen. Wenn der Funke zwischen dem Zeichen und dem Markennamen springt, öffnet das abstrakte Logo den Raum zu ganzen Bilderwelten. Das Logo der Olympischen Winterspiele in Turin ist ein gutes Beispiel dafür. Was sehen Sie? Schneeflocken oder weiße Punkte? Ein zweidimensionales oder dreidimensionales Gebilde? Einen Berg, eine Schneepiste, einen Pfeil oder gar die Gemeinschaft der Nationen? Viele Deutungen sind möglich, alle passen zu den Winterspielen, dennoch bleibt das Zeichen nicht beliebig.

Langfristig eingesetzt werden durch diesen Interpretationsdrang und die Geschichte, die mit dem Logo mitlaufen, aus abstrakten Logos neue, individuelle Symbole und Icons, die für eine bestimmte Qualität stehen. Heute würde wohl niemand mehr den Mercedes-Stern als abstrakt bezeichnen. Er ist zu einem Symbol unserer Kultur geworden, das die Botschaft „Prestige“ verinnerlicht hat. So sehr, dass es einige Jugendliche für prestigeträchtig halten, den Stern in Form der Kühlerfigur zu stehlen. Wenn sie schon nicht den Wagen selbst haben können, so doch wenigstens das Symbol.

10.4.06

Einfach Typo

In unserer kleinen Logo-Typologie kommen wir nun zur Typografie. Typografische Logos kommunizieren mit Schriftzeichen, ohne Symbole oder Icons. Das heißt aber noch lange nicht, dass solche Logos entstehen, indem man einfach eine Schriftart auswählt und den Firmennamen rechts oben aufs Briefpapier schreibt. Interessanterweise sieht man gerade den vermeintlich simplen Typo-Logos schnell an, ob sie von professioneller Hand gestaltet wurden. Denn die typografische Tücke liegt im Detail.

Wir haben an dieser Stelle oft und gerne über die Macht der Bilder gesprochen. Kann man mit reiner Schrift denn überhaupt mehr als nur den Produkt- oder Firmennamen kommunizieren? Man kann. Einerseits lässt sich das Schrift-Bild, der optische Charakter einer Schrift, dafür nutzen, auch in Kombination mit anderen Fonts. Andererseits kann die äußere Form des Schriftzugs selbst zum Bild werden.

Ein Beispiel: Das Logo der Kleidungsmarke Boss besteht aus der Kombination zweier verschiedener Schriftarten. Eine eher klassisch wirkende Serifenschrift für den großen „Boss“ und eine schlanke, moderne Sans-Serif für „Hugo Boss“. Klassische Mode für den modernen Boss. Das ganze ist in ein Rechteck eingeschrieben, das ungefähr die Größe eines Kleidungsetiketts hat. Das fette, schwarze „Boss“ signalisiert Selbstbewusstsein – ein echtes Macho-Logo. Der Verzicht auf Farben ist ein Hinweis darauf, wie die Business-Mode von Boss aussieht. Da kommt doch in wenigen Buchstaben einiges an. Wenn wir das mit dem Schriftzug von Milka vergleichen, wissen wir auch, wie groß die Bandbreite typografischer Logos ist.

Viele typografische Logos haben nicht die Aussagekraft von Boss oder Milka, und damit steigt die Gefahr von Verwechslungen. Besonders stark und sinnvoll sind Typo-Logos dann, wenn das erste Ziel eines Unternehmens ist, seinen Namen bekannt zu machen. Ziel des Logos ist es dann, den Namen optimal in Szene zu setzen. Zusätzliche Symbole oder Icons könnten da sogar störend sein. Die Voraussetzung dafür ist allerdings ein starker, aussagekräftiger Name. Das schönste Typo-Logo nützt also nichts, wenn wir damit nur Buchstabensalat kommunizieren.

3.4.06

Die Kraft der Symbole

Die zweite Strategie, mit Logos zu kommunizieren, ist jene der Symbolik. Was ist ein Symbol? Ein Symbol ist ein Zeichen, das für eine bestimmte Bedeutung steht. Wichtig ist, dass das Symbol selbst mit der Bedeutung nichts zu tun hat. Das Herz pumpt Blut durch unseren Körper und hat als physisches Ding nichts mit Liebe zu tun. Das Kreuz steht für die Werte des Christentums, nicht für das Folterinstrument an sich. Daraus ergibt sich, dass wir die Bedeutung von Symbolen lernen müssen, wenn auch eher passiv. Wir wachsen mit ihnen auf.

Was bedeutet das nun für symbolische Logos? Die große Chance dieser Zeichen besteht darin, dass sie bereits auf eine Bedeutung verweisen. Wir müssen sie nicht erst aufladen oder mit viel Kommunikationsleistung vermitteln, wofür sie stehen. Dazu kommt, dass die meisten Symbole sehr alt und tief im kollektiven Unbewussten einer Gesellschaft verankert sind. Wer diese Dynamik zu nutzen weiß, schafft kraftvolle Logos.

Wer mit starken Energien spielt, kann sich aber auch die Finger verbrennen. Leichtfertig eingesetzte Symbole können falsch interpretiert werden und so die Marke in eine falsche Richtung lenken. Symbole sind zudem kulturell gebunden, werden also in Japan anders gedeutet als in Europa. Und umgekehrt: Wer weiß schon hierzulande, dass das Mitsubishi-Logo ein starkes Symbol aus dem asiatischen Kulturkreis ist? Zudem gibt es eine lange Geschichte von Symbolen, die missbraucht, umgedeutet oder überbenutzt wurden. Das Beispiel „Herz = Liebe“ hat heute einen äußerst schalen Beigeschmack, weil es banal geworden ist. Germanische Runen, auf der anderen Seite, sind seit der Nazizeit mehr oder weniger tabu. Das sind eindeutige Beispiele; in der Corporate-Design-Praxis geht es jedoch oft um Nuancen, die nicht so klar und nur durch genaue Recherche festzumachen sind.

Symbolische Logos sind selten geworden. Der Grund: Es braucht Mut, auf die riskante Energie der Symbole zu setzen. Erfolgreiche Beispiele wie „Red Bull“ zeigen aber, welches Potenzial in Symbolen steckt.