18.11.08

Typografie-Tipps 5: Textvorbereitung

Nach der Lektüre unserer letzten Typografietipps mag mancher darauf kommen, dass er/sie/es den Satz eines Textes vielleicht doch lieber einem Profi überlässt. Erst mal: Gute Entscheidung! Wir müssen ja auch leben, unsere Kinder sind hungrig. Aber auch hier gibt es einige Dinge zu beachten, um den Arbeitsaufwand und damit die Fehleranfälligkeit für alle Beteiligten so gering wie möglich zu halten. Das betrifft insbesondere die Zulieferung von Texten und Bildern bzw. Layout-Vorlagen.

Powerpoint-Vorlagen

Powerpointfolien sind zwar anschaulich, bringen fürs Layout aber sehr wenig. Insbesondere dann, wenn die Texte noch dazu in Textrahmen eingebettet sind. Wir können die Texte nicht importieren, sondern muss jeden Textrahmen einzeln per Copy/Paste ins Indesign-Dokument einfügen. In Powerpoint eingebettete Bilder sind fürs Layout wertlos, sie wurden beim Einbetten für Powerpoint optimiert. Schneller und nützlicher sind (durchaus handgekritzelte) Skizzen der einzelnen Seiten Sinne von: Text hierher, Bilder hierher.

Texte

Alle Texte für ein Layout sollten gemeinsam in ein Word- oder TXT-Dokument, und zwar möglichst unformatiert. Das heißt: Bei Überschriften zum Beispiel nicht fette Schrift auswählen, sondern z.B. ### Ü1 ### dazuschreiben, damit wir wissen, was wie zu formatieren ist. Moderne Layoutprogramme können allerdings die Formatvorlagen von Word importieren und ihnen die angepassten Formatvorlagen des Layouts zuweisen. Man kann also auch die Überschrift 1 als «Überschrift1» formatieren, das aber möglichst konsequent. Der Normalfall ist immer noch, dass beim Import eines Textdokuments sämtliche Formatierungen wegfallen.

Der Text sollte einerseits korrekturgelesen sein, denn Korrekturen im fertigen Layout können die Arbeit verdoppeln, wenn es zum Beispiel um die händische Korrektur von Zeilenumbrüchen geht. Andererseits sollte der Text so «sauber» wie möglich sein, also: keine doppelten Leerzeichen, keine doppelten Zeilenschläge (Leerzeilen werden besser mit Abständen vor dem Absatzformat erzeugt, so kann man sie auch anpassen), keine Leerzeichen vor Satzzeichen, keine Textblöcke, keine Tabulatoren, keine Notizen oder nachverfolgten Änderungen. Einfach nur sauberer Text. Den können wir dann unter Umständen mit einem Mausklick automatisiert über die vorgefertigten Masterseiten fließen lassen. Wieder mal Deppenhacken gespart.

Bilder

Sämtliche Bilder sollten als JPG, TIFF oder PSD vorliegen, jeweils mit einer Auflösung von 300 DPI und im Farbmodus CMYK. Beides lässt sich in Photoshop eruieren bzw. einstellen. Bitte nicht wundern, wenn die riesigen 72-DPI-Bilder plötzlich so klein werden. Wir brauchen die hohe Auflösung für den Druck, und die Anzahl Pixel wird bei größerer Auflösung nicht höher. Vierfärbige Bilder sollten übrigens nie als GIF abgespeichert werden, da GIFs nur 256 Farben haben und damit der Großteil der Farbinformation verloren geht. Die Bilder kommen in einen eigenen Ordner, möglichst aussagekräftig benamst und nicht ins Word-Dokument eingebettet. Es gehört zu unseren Job, die Bilder noch etwas zu bearbeiten und fürs jeweilige Druckprodukt zu optimieren. Kleine JPGs aus dem Internet sind aber, abgesehen von den urheberrechtlichen Problemen, kaum je zu gebrauchen; da hilft aller Photoshop-Zauber nichts. Auch hier besser etwas Geld in die Hand nehmen, einen Fotografen engagieren oder in den mittlerweile sehr günstigen Stockfoto-Archiven wie iStockphoto.com hochauflösendes Material einkaufen.

Abgesehen von der möglicherweise aufwändigeren Bildrecherche sollten diese Tipps den Arbeitsaufwand beider seiten nicht erhöhen, sondern drastisch reduzieren. Es ist eine klare Arbeitsteilung: Inhalte und eventuell Skizzen von den Auftraggebern, Layout und Druckvorlagen vom Grafikbüro. Damit kümmern sich beide um das, was sie am besten können und bringen sich entsprechend ein. Eine generell brauchbare Definition guter Teamarbeit.

13.11.08

Typografie-Tipps 4: Flattersatz

In unserem Artikel über Blocksatz könnte der Eindruck entstanden sein, dass der linksbündige Flattersatz die völlig problemlose Alternative ist. Dem ist nicht ganz so. Auch der Flattersatz hat seine Tücken.

Eingesetzt werden kann der Flattersatz praktisch überall: im ein- und mehrspaltigen Satz, für Prosatexte, Lyrik, lange Texte, kurze Texte. Wie beim Blocksatz wird er schöner, wenn die Zeilen lang genug sind. Aber gerade bei kurzen Zeilen ist der Flattersatz absolut notwendig, da diese nur löchrigen Blocksatz hergeben. Abgesehen davon ist die Entscheidung zwischen Flattersatz und Blocksatz vor allem Geschmackssache. Manche mögen das rhythmische Flattern am rechten Rand und die regelmäßigen Wortabstände des Flattersatzes, andere haben lieber die rigiden Rechtecke des Blocksatzes.

Zu den Tücken. Die meisten Textverarbeitungs-Programme und selbst viele Layout-Programme beherrschen den Flattersatz nicht. Sie können eigentlich nur Rauhsatz. Das heißt: Sie füllen die Zeile so weit, bis das Textfenster zu Ende ist. Keine Zauberei, aber eben Rauhsatz, der manchmal wie ein schlecht gemachter Blocksatz aussieht.

Im eigentlichen Flattersatz wechseln sich idealerweise kurze und lange Zeilen ab, und es gibt eine mehr oder weniger breite Flatterzone zwischen der kürzesten und der längsten Zeile. Dieser Effekt lässt sich durch zwei Maßnahmen erreichen: Erstens wird die automatische Zeilentrennung abgedreht. Im Flattersatz trennt man händisch und schön, also nur dort, wo es inhaltlich einen Sinn ergibt. Wörter unter fünf Buchstaben sollte man zum Beispiel nicht trennen. Zweitens: Korrektur per Hand. Wenn man der Automatik vertraut, können unerwünschte Effekte eintreten, zum Beispiel ungewollter Formsatz. Es kann irritieren, wenn das, was eigentlich flattern sollte, plötzlich wie eine Kurve oder eine Nase aussieht. Hin und wieder ein erzwungener Zeilenwechsel bringt die notwendige Korrektur.

Man sieht schon: Flattersatz ist keine faule Lösung, sondern, wenn man es ordentlich macht, aufwändiger als Blocksatz. Jedenfalls braucht es dafür Schriftsetzer, die auch den Text lesen.

5.11.08

Von Obama lernen

Barack Obama wird also der neue US-Präsident. Und das mit einem Sieg, den trotz Prognosen in dieser Klarheit keiner erwarten konnte. Natürlich hat er als Person und mit seinen Inhalten überzeugt, natürlich kamen ihm die Anti-Bush-Stimmung und die Finanzkrise zupass. Dennoch: Dieser überragende Erfolg ist vor allem auch das Resultat einer modernen Marketing-Kampagne, wie es sie in dieser Form noch nie gegen hat. Ich bin kein Insider, dennoch nehme ich mir einige Lektionen mit, inspiriert durch Blog-Artikel der Marketing-Gurus Seth Godin und Laura Ries.

Schon in den ersten Analysen wird klar, warum Obama rein rechnerisch gewonnen hat. Er konnte neue Schichten und wesentlich mehr Menschen als in den Wahlen zuvor dazu motivieren, wählen zu gehen. Angeblich hat er unter den NeuwählerInnen (vor allem den -Innen) sogar einen Anteil von 70 Prozent erreicht. Wie hat er das geschafft, und was können wir auch vom Scheitern seines Gegners McCain lernen?

Lektion 1: Klare Botschaften, Konsequenz bis hin zur Sturheit. Obama hat seit dem Tag seines Eintritts ins Kandidatenrennen eine Botschaft gehabt, ein Stichwort besetzt: «Change», vielleicht noch ergänzt durch «Hope». Diese Botschaft hatte einerseits den Vorteil, dass sie fast jeder wollte, andererseits verkörpter Obama den Anspruch auf ein neues Amerika wie kein anderer. Er ist jünger, hat eine andere Hautfarbe, spricht anders, denkt anders als das Bush-Establishment. Und sein Programm unterscheidet sich radikal von jenem der Republikaner. Das ist auch ein Pluspunkt für Obama: Er hat sich nie als besserer Republikaner, sondern immer als eher liberal denkender Demokrat positioniert, mit Themen wie Gesundheitsversorgung, Umverteilung, Energiewende. Durchaus mutig, wenn man weiß, wie man sich mit diesen Themen in den USA lange Zeit ins radikale Eck hatte stellen lassen müssen.

Doch es war klar, dass Obama nicht nur mit den Stimmen der registrierten Demokraten gewinnen konnte. Er brauchte neue Wähler. Jene nämlich, die bisher nicht oder wechselnd gewählt haben. Junge Menschen, Frauen, Unabhängige. Sie zu mobilisieren war das klare Ziel der Kampagne. Obamas Team hat es geschafft, indem es von Anfang an den Weg der «Grassroots» gegangen ist. Das heißt: Der viel zitierte Kleine Mann sollte nicht nur Zielgruppe sein, der über die klassischen Medien mit Werbung abgefüttert wird, er sollte selbst Wahlhelfer werden. Das Obama-Team hat, wie Seth Godin beschreibt, von Anfang an eine Liste mit Menschen geführt, die sich für Informationen über Obama interessieren. Diese wurden gezielt (und nicht übermäßig oft) mit relevanten Informationen versorgt und dazu motiviert, weitere Engagierte zu finden. Gleichzeitig hat Obama wie kein anderer vor ihm die neuen Medien genutzt. Weblogs, Twitter, YouTube und viele anderen Services waren voll mit Inhalten, die von den Usern selbst (und vom Obama-Team) geschaffen wurden. Berühmt geworden ist das iPhone-Tool, das im Adressbuch des Users Freunde in den so genannten Swing-States herausgesucht hat, mit der Bitte, diese doch von Obama zu überzeugen. Wie viel mächtiger ist es, wenn ein begeisterter Freund mich anruft, als wenn (wie bei McCain) ein Automat vom Band über Obama herzieht.

Das ist für mich die zweite wichtige Lektion aus dem US-Wahlkampf: Negativwerbung geht meistens schief. McCain hat versucht, sich selbst als den wahren Reformer hinzustellen – «Change» war aber schon von seinem Gegner besetzt. Dann blieb nur noch der Schmutzkübel mit dem Versuch, Obama ins linksextreme Eck zu stellen. Das hat beim letzten Wahlkampf noch gut funktioniert, dieses Mal aber nicht. Obama war schon positioniert, McCain nicht. Er hat mehr oder weniger gesagt: «Wählt nicht den da.» Er hatte aber sonst kein Argument für «Wählt mich». Wir lernen daraus: Botschaften zu klauen funktioniert nicht, und wer attackiert, sollte auch eine echte Alternative bieten. Weiters hat McCains Team nicht mit der Macht der Grassroots gerechnet: Obamas Anhänger identifizierten sich mit seiner Bewegung. Jeder Angriff McCains war ein Angriff auf sie und nur noch mehr Motivation, ihrem Kandidaten zum Sieg zu verhelfen

Letzte Lektion: Das Spiel ist erst gewonnen, wenn es vorbei ist. Obama hat angeblich seinem Team immer gesagt: Wir arbeiten so, als lägen wir zehn Prozent hinter McCain in den Umfragen. Hoffnung alleine reicht nicht, die Menschen müssen auch hingehen zur Wahl, unter Umständen stundenlang anstehen. Die Devise war also: Mobilisieren bis zum letzten Tag. Was auch in diesem YouTube-Video schön zum Ausdruck kommt:

So ist es ja nun nicht gekommen. Wir dürfen also gespannt sein auf den Präsidenten Barack Obama. Aber da zeigt sich die letzte Lektion, die wir von ihm lernen können: Obama hat bei seinem Wahlkampf immer auch an seine Präsidentschaft gedacht. Er hat immer gesagt: «Ich bin nicht perfekt, ich habe viel zu lernen, es gibt viel zu tun.» Gleichzeitig gab es aber immer seine Visionen, Ziele und Projekte: Abzug aus Irak, Reform des Gesundheitswesens, Steuerreform zugunsten des Mittelstandes. Die Basis, die Obama für sich geschaffen hat, wird ihm Zeit geben für seine Projekte, wird ihm Fehler verzeihen, ihn aber auch an seine Visionen erinnern, sollten sie links liegen bleiben. Gute Aussichten für ein neues politisch-gesellschaftliches Klima in den USA. Den Vergleich mit den Wahlen in Österreich spare ich mir jetzt.