28.4.08

Eiserne Gesetze

Mein Freund Ilja, seines Zeichens Universalgelehrter, machte mich mit den Parkinsonschen Gesetzen vertraut. Der Mann hat nichts mit der Krankheit zu tun, sondern war Soziologe – allerdings einer mit Sinn für Humor. Er formulierte in den 40er- und 50er-Jahren zwei so genannte Gesetze, die in Wirklichkeit natürlich eher feinsinnige Beobachtungen sind.

1. Arbeit dehnt sich in genau dem Maß aus, wie Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht – und nicht in dem Maß, wie komplex sie tatsächlich ist.

2. In Diskussionen werden die Themen am ausführlichsten diskutiert, von denen die meisten Teilnehmer eine Ahnung haben – und nicht die Themen, die am wichtigsten sind.

Das Beispiel zum zweiten Satz ist auch berühmt: Beim Planen eines Atomkraftwerks werden sich Manager und Politiker relativ schnell über die Konstrution des Reaktors einigen, weil sowieso keiner eine Ahnung hat, wie dieser funktioniert. Sie können aber stundenlang debatieren, welche Farbe der Fahrradschuppen für die Mitarbeiter haben soll. Da hat jeder etwas zu sagen.

In unsere Branche übersetzt kommt mir das sehr, sehr bekannt vor. Wenn es um komplexe drucktechnische Abläufe und unter Umständen hohes finanzielles Risiko geht, ist die Sache schnell durch. Wir können aber stundenlang darüber diskutieren, ob ein Name auf der Visitenkarte einen Millimeter weiter links oder rechts stehen soll.

Man kann die Regel sogar auf Projektvolumen herunterbrechen. Je kleiner das Projekt, desto größer das Palaver. Geschäftsberichte werden mit lockerem Handschlag abgesegnet, über einem Flyer wird stundenlang gebrütet.

Ich würde das Gesetz allerdings folgendermaßen abändern: «... werden jene Themen am ausführlichsten diskutiert, von denen die meisten Teilnehmer GLAUBEN eine Ahnung zu haben». Gerade beim Thema Corporate Design kennt sich ja jeder irgendwie ein bisschen aus und muss dementsprechendes Gewicht in die Diskussion werfen. Erstaunlich ist auch der Umkehrschluss: Je mehr Ahnung die Auftraggeber tatsächlich von der Materie haben, desto mehr vertrauen sie unseren Vorschlägen. Letztlich haben diese anderen, allzu kleinteiligen Diskussionen wohl am ehesten mit Unsicherheit zu tun. Wir versuchen das abzufedern, indem wir von Anfang an so viel Information, Hintergrund und Wissen weitergeben. Das muss man aber auch nehmen wollen.

21.4.08

Pandamarke

Eine Entschuldigung vorweg: Wegen eines Festplattencrashes war ich ein paar Tage weg vom Fenster. Ja, auch in Macs steckt fehlbare Hardware. Der Unterschied ist nur, dass das Neuaufsetzen wesentlich komfortabler ist. Jedenfalls bin ich jetzt wieder live mit dabei.

Die Nachricht zum Tage: Der Newsletter des Österreichischen Patentamtes meldet einen Markenrechtsstreit Fu Long, das Pandababy im Schönbrunner Tiergarten. Populär ist es ja, wie ich gestern vormittag feststellen konnte. Die Schlange vor dem Gehege war mit zwei kleinen Kindern jedenfalls nicht zu machen. Populär war auch das Prozedere zur Namensfindung: Per Internet-Voting wurde «Fu Long» gekürt. Am 2. November 2007 war das fix, erst am 30. November meldete der Tiergarten den Namen als Marke an. Ein Kärtner war dem Zoo zuvorgekommen, wohl auf den Sieger des Votings spekulierend. Gegen diese Meldung läuft jetzt eine Löschungsklage von Seiten des Tiergartens.

Hier zeigt sich ein weiterer Nachteil von «Crowdsourcing»: die schiere Öffentlichkeit des Namensfindungsprozesses. Nur nachträglich kann man Dritte daran hindern, sich Namen oder Namensmöglichkeiten zu sichern. Man darf gespannt sein, wie das österreichische Patentamt mit diesem prominenten Fall umgeht.

7.4.08

Ermessensfrage

Es ist mal wieder Zeit, zur «Aktion Lebendiges Deutsch» zu verweisen, wo monatlich zur Eindeutschung sinn- und gedankenlos verwendeter Ausdrücke aus dem Englischen aufgerufen wird. Zitat:

«Essen nach Ermessen», das ist deutscher als «All you can eat». Ist es nicht auch hübscher? fragt die Aktion «Lebendiges Deutsch», die diesen aus 578 verschiedenen Vorschlägen ausgewählt hat.

Sehr fein! Eigentlich wäre ja die Übersetzung fremdsprachlicher Ausdrücke für neue Phänomene bzw. Ideen ein Quell sprachlicher Produktivität. Statt dessen beschränken wir uns meistens darauf, oft falsch verwendetes Englisch (bzw. Pseudoenglisch, wie «Handy» für Handfernsprecher) in unsere Sprache zu flechten, was gerade bei Verben zu schlimmen Ergebnissen führt. Heißt es jetzt upgedated, geupdated oder upgedatet? Oder einfach aktualisiert?

Fremdsprachen und Fremdwörter haben grundsätzlich einen positiven, produktiven Einfluss auf unsere Sprache, aber nur dann, wenn kreativ mit ihnen umgegangen wird. Max Goldt hat in einer Kolumne im Übrigen zurecht darauf hingewiesen, dass englisch-deutsche Lehnübersetzungen noch omnipräsenter und damit ärgerlicher sind, als eingestreute englische Vokabeln. «Es macht Sinn» oder «ich denke, dass» haben sich ins Deutsche geschlichen und verdrängen schöne Redewendungen wie «es ist sinnvoll» oder «meiner Meinung nach».

Das Resultat all dieser Entwicklungen zeigt die feine Diplomarbeit von Udo Schäfer namens «Anglizismus und Konsequenz».

Was ist also zu tun? Ver- und Gebote sind natürlich der falsche Weg, konsequente Schulbildung könnte helfen, ein etwas strengerer Duden auch. Am wichtigsten ist aber, dass wir als Sprachnützer und -schöpfer kreativ bleiben und Begriffe schaffen, wenn sie uns fehlen. Hier sucht die Aktion Lebendiges Deutsch nun ein deutsches Wort für «canceln». Mitmachen!

1.4.08

Kleiner Scherz

Wir sind ja normalerweise selbst lustige Kerle, aber hier sollen mal die anderen zu Wort kommen und melden, was es am 1. April so zu melden gibt:

So ist tief in den Archiven der Enkelin von Max Miedinger ein Entwurf für die HELVETICA SERIF aufgetaucht, die heute erstmals von FontFont herausgebracht wird, berichtet The Serif. Endlich, mir ist die neutrale Schnörkellosigkeit der Helvetica schon auf die Nerven gegangen.

Die Kollegen von JohnsonBanks müssen sich heute für ihren viel gelobten Logo-Entwurf für den Microsoft-Mouse-Preis entschuldigen. Dummerweise hat bereits ein Schampoohersteller, der nicht genannt werden darf, praktisch dasselbe Logo registriert. Hmmm, Freunde, darüber macht man aber echt keine Scherze! *schauder*

Der Mac-Blogger Apfelquak führt ein innovatives neues System zur Finanzierung von Blogs ein: Vergesst Werbung, Pay-per-Use ist die Zukunft. Eine kleine Spende, und man kriegt statt der Vorschau den gesamten Artikel zu sehen.

Und noch einmal Apple: Bei MacLife hat man erfahren, dass das nächste Mac-Betriebssystem «Gepard» heißen wird. Es unterstützt bahnbrechende neue Funktionen wie die Maussteuerung per Augenbewegung. Die Eye-Sight-Kamera kann auch Mimik und Gestik interpretieren: Ein Lächeln öffent iChat! Toll...