7.4.08

Ermessensfrage

Es ist mal wieder Zeit, zur «Aktion Lebendiges Deutsch» zu verweisen, wo monatlich zur Eindeutschung sinn- und gedankenlos verwendeter Ausdrücke aus dem Englischen aufgerufen wird. Zitat:

«Essen nach Ermessen», das ist deutscher als «All you can eat». Ist es nicht auch hübscher? fragt die Aktion «Lebendiges Deutsch», die diesen aus 578 verschiedenen Vorschlägen ausgewählt hat.

Sehr fein! Eigentlich wäre ja die Übersetzung fremdsprachlicher Ausdrücke für neue Phänomene bzw. Ideen ein Quell sprachlicher Produktivität. Statt dessen beschränken wir uns meistens darauf, oft falsch verwendetes Englisch (bzw. Pseudoenglisch, wie «Handy» für Handfernsprecher) in unsere Sprache zu flechten, was gerade bei Verben zu schlimmen Ergebnissen führt. Heißt es jetzt upgedated, geupdated oder upgedatet? Oder einfach aktualisiert?

Fremdsprachen und Fremdwörter haben grundsätzlich einen positiven, produktiven Einfluss auf unsere Sprache, aber nur dann, wenn kreativ mit ihnen umgegangen wird. Max Goldt hat in einer Kolumne im Übrigen zurecht darauf hingewiesen, dass englisch-deutsche Lehnübersetzungen noch omnipräsenter und damit ärgerlicher sind, als eingestreute englische Vokabeln. «Es macht Sinn» oder «ich denke, dass» haben sich ins Deutsche geschlichen und verdrängen schöne Redewendungen wie «es ist sinnvoll» oder «meiner Meinung nach».

Das Resultat all dieser Entwicklungen zeigt die feine Diplomarbeit von Udo Schäfer namens «Anglizismus und Konsequenz».

Was ist also zu tun? Ver- und Gebote sind natürlich der falsche Weg, konsequente Schulbildung könnte helfen, ein etwas strengerer Duden auch. Am wichtigsten ist aber, dass wir als Sprachnützer und -schöpfer kreativ bleiben und Begriffe schaffen, wenn sie uns fehlen. Hier sucht die Aktion Lebendiges Deutsch nun ein deutsches Wort für «canceln». Mitmachen!

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