27.1.09

Logo-Trends 09

Die Kollegen von Logoorange haben sich einmal mehr die Mühe gemacht, derzeitige Trends im Logo-Design ausfindig zu machen. Wichtig ist das allemal, weil gerade Logo-Designer ein ausgesprochenes Gespür für Trends, gemischt mit einer gesunden Dosis Skepsis, brauchen. Trendy zu sein ist für Corporate Design eine gefährliche Route, allzu schnell landet man da entweder auf der Copycat-Schiene oder rennt einem Trend nach, der bereits ein Ablaufdatum hat. Die Werbung und teilweise auch das Produkt-Branding ist da anders gepolt: Beide müssen, um einen entsprechenden Impact zu generieren, möglichst einen Schritt voraus sein, die Trends kapern, kurz bevor oder kurz nachdem sie den Massen bekannt werden. Im Corporate Design galt zumindest lange Zeit das Dogma der Zeitlosigkeit: CD muss jahrelang, wenn nicht jahrzehntelang halten. Das ist allerdings graue Theorie, denn wir alle sind ein Stück weit in unserer Zeit gefangen und produzieren ja Gebrauchsgrafik für die Jetztzeit. Letztlich ist es immer ein Spagat.

Das zeigt besonders der Trendbericht 2009. Da gibt es Dinge, die eindeutig vorbei sind, wie die so genannten «Web-2.0-Logos», farben- und verlaufsfrohe flickr-ebay-Google-Klone, denen in Österreich ja immer noch nachgerannt wird. Dennoch haben sie einen Einfluss gehabt: Im Logo-Design ist immer mehr erlaubt. Praktische, produktionstechnische Probleme werden in Kauf genommen für eine höhere Einzigartigkeit, für mehr Impact. Frei nach dem Motto: Hauptsache auffallen, auch auf Kosten z.B. der Lesbarkeit. Hat natürlich seine Berechtigung. Wie immer gibt es aber auch den Gegentrend, zurück zur klassischen Moderne mit ihren klaren Formen, ihren Icons, ihrem Minimalismus, ihrer Zweidimensionalität. Ein Schritt, den nicht zuletzt die Großen wie Coca-Cola, Pepsi und Mercedes im letzten Jahr vorgemacht haben.

Mit der wichtigste Trend fehlt für mich in der Auflistung der Kollegen: Der Trend weg vom Logo. Ein Logo, das immer gleich bleibt und einfach überall in die rechte obere Ecke geklebt wird, wird es immer weniger geben. Die innovativeren Corporate Designer schaffen heute (und auch gestern) flexible Konzepte, die in ihrer grafischen Wiedererkennbarkeit weniger vom Logo als Einzelelement abhängen, die das Logo zum Teil völlig dekonstruieren, um neue Formen der grafischen Identität zu schaffen, wie das Beispiel von Saks Fifth Avenue zeigt. Dahin geht es für mich: Identity Design statt Logoentwicklung.

8.1.09

Design-Trend Steampunk

Bild: Datamancer.net

Ich war schon immer ein Freund und Verfechter der Populärkultur. Meine Diplomarbeit in englischer Literatur habe ich über einen amerikanischen Science-Fiction-Autor geschrieben, Philip K. Dick. Mein allererstes Proseminar behandelte das Thema Horror. Und ich hatte immerhin mal ein Bewerbungsgespräch als Fantasy-Lektor bei einem großen Wiener Verlag (war dann doch nix).

Das Internet und die unglaubliche Verbreitung von populären Medien zum Beispiel über DVD haben Teile dieser ehemaligen Subkulturen, der vormals weggesperrten Schundliteratur zum Mainstream werden lassen. Insbesondere Filme wie «Matrix» oder «Der Herr der Ringe» und TV-Serien wie «Battlestar Galactica» oder «Lost» haben ihren Teil dazu getan. Noch faszinierender ist es, wie schnell heute ein kultureller bzw. ästhetischer Trend oder auch nur eine bestimmte Story den Weg durch die Medien macht. Aus dem Film «Alien» wird ein Comic, dann ein Crossover-Comic mit dem Franchise «Predator», darauf basiert ein Videospiel, das wiederum verfilmt wird, dazu gibt's eine passende Romanserie. Pop-Kultur schließt nicht nur Kreise, sie zieht Spiralen.

Das sollte uns als Designer interessieren, denn solche Phänomene prägen auch ästhetische Welten, prägen unsere Wahrnehmung und Sensibilität. Ein besonders prominenter Trend dieser Art ist für mich derzeit Steampunk. Als Prototyp des Genres gilt der 1990 veröffentlichte Roman The Difference Engine von den Cyberpunk-Größen William Gibson und Bruce Sterling. Die Geschichte erzählt von einem alternativen Viktorianischen England, wo ein auf der Dampfmaschine basierender Computer erfunden und damit gleichzeitig die Industrielle Revolution als auch das Zeitalter der Informationstechnologie losgetreten wurde. Es ist eine Welt der Uhrwerke, der Zahnräder, des Schmieröls, der Luftschiffe, der Nieten und Bolzen. Es zischt, dampft und rattert in allen Ecken, während gleichzeitig noch die rigide Moral, Etikette und Kleidung des späten 19. Jahrhunderts herrschen.

Diese Mischung aus Geschichte, Science Fiction und der Romantik eines Jules Verne oder H.G. Wells inspirierte Autoren, Zeichner, Filmemacher, Fans, Künstler und nicht zuletzt Designer. Alan Moores Graphic Novel «The League of Extraordinary Gentlemen, leider von Hollywood auf grausame Weise filmartig entstellt, machte das Genre beim Fanboy-Publikum beliebt. Es folgte und folgt noch immer die gesamte Medienpalette: PC-Games wie Arcanum, Anime wie Steamboy, Rollenspiele, eine ganze Reihe von durch die Steampunk-Bewegung beeinflussten Romanen wie Perdido Street Station von China Miéville oder auch die ebenfalls schlechte verfilmte Trilogie beginnend mit «The Golden Compass von Philip Pullman. Es gibt sogar Steampunk-Bands und, selbstverständlich für eine Pop-Subkultur, Steampunk-Conventions.

Hier kommt wieder das Thema Design ins Spiel: Die Mischung aus Nostalgie, High-Tech und Low-Tech ist einfach faszinierend. Grafisch entstand daraus zum Beispiel das beindruckende, kostenlose SteamPunk Magazine. Noch spannender finde ich die Arts-and-Crafts-Bewegung im Steampunk: Unglaublich talentierte Amateure, die tatsächlich brauchbare Elektronik von heute mit viel gebürstetem Messing, Zahnrädern und Stahlfedern auf Steampunk umbauen, zu sehen u.a. hier, hier und hier.

Warum ist das ganze interessant? Einerseits aus der kulturhistorischen Perspektive. Man kann am Steampunk wunderbar beobachten, wie eine Idee von der Sub- über die Popkultur langsam in den Mainstream wandert, wo Steampunk sicher noch nicht ganz angekommen ist. Andererseits aus der Design-Perspektive: Hier ist ein reicher ästhetischer Schatz, aus dem man schöpfen kann (und muss, bevor er ganz im Mainstream angekommen ist und abgenutzt wirkt). Und letztlich auch als inspirierendes Beispiel dafür, was geschehen kann, wenn sich Künstler, Designer und Fans kreativ mit Ideen spielen, die niemand als geistiges Eigentum für sich beanspruchen kann und will. Es fühlt sich an wie ein globales Kollektiv der Kreativen, die, mit oder ohne kommerzielle Interessen, gemeinsam an einer Idee weiter feilen. Open Source Art.

Wer Lust hat auf mehr, dem sei das Blog Clockworker.de empfohlen.