28.10.06

Preisgekrönt

Ein offener Brief der deutschen Gestalterin Juli Gudenus hat diesen Sommer in PAGE und im FontBlog einiges ausgelöst. Sie stellte die berechtigte Frage, warum man zur Teilnahme am «Designpreis der Bundesrepublik Deutschland» eingeladen wird, um dann gleich zur Kasse gebeten zu werden. 210 Euro für die Einreichung, 2.900 Euro für Preisträger. Ob da gewinnen überhaupt noch Spaß macht? Im Internet-Fernsehsender Ehrensenf vermutete man jedenfalls eine geschickte Aktion zur Wiederbefüllung der deutschen Staatskasse.

In 4c ist nun zu lesen, dass die Dortmunder Anwältin Sabine Zentek als Reaktion auf solche Zustände den Verein «FIDIUS» gegründet hat. Die Idee: Ein Preis soll faire Designwettbewerbe auszeichnen und miese brandmarken. Denn bei Wettbewerben wird laut Zentek nicht nur Abzocke, sondern auch fleißig Ideenklau betrieben. «Gut 80 Prozent der uns vorliegenden Wettbewerbe sind nur Nepp», erklärte Zentek gegenüber 4-c. Demnächst sollen auch die österreichischen Designpreise unter die Lupe genommen werden. Wir sind gespannt auf die Resultate.

Design-Wettbewerbe sind in der Theorie dazu da, guten Designern die Möglichkeit zu geben, die eigenen Arbeiten bekannt zu machen. Womöglich sogar jenen, die noch nicht so bekannt sind. Leider funktioniert das eher selten. Die Hürden sind zu groß. Finanzielle Hürden, wie beim Deutschen Designpreis, aber auch inhaltliche. Wer noch nicht bekannt ist, hat auch keine großen Kunden und damit selten die Möglichkeit, alle gestalterischen Mittel auszuschöpfen. Wenn man mit einem kleinen Logo für ein Kleinunternehmen gegen das Corporate Design eines Multis antritt, stehen die Chancen schlecht, selbst wenn die Qualität der Arbeit internationales Format hat. Die Folge: Die großen Namen gewinnen die großen Preise, sitzen im folgenden Jahr in der Jury und hieven wiederum die Kollegen aufs Podest.

Vielleicht sollte man sich als kleines Corporate-Design-Büro ja auch einfach aus dem Preisgeschäft zurückziehen. Was unsereiner entwickelt, sollen schließlich taugliche Werkzeuge für den Unternehmensauftritt sein. Die machen sich nicht so gut auf einem Designdiplom, verhelfen dem Kunden aber zu einer wirksamen Präsenz am Markt. In diesem Sinne: Genug gejammert und an die Arbeit!

Corporate Design
Fidius

12.10.06

Design ist effizient

Der Begriff Effizienz wird von Kreativen nicht gerne in den Mund genommen. Möglicherweise aus Angst davor, im Namen der Effizienz beim kreativen Prozess beschnitten zu werden und die besten Ideen den Zeit- und Geldbudgets der Auftraggeber opfern zu müssen. Was da aber unter dem Titel «Effizienz» passiert, ist in Tat und Wahrheit Verschleuderung von Ressourcen.

Effizienz bedeutet, dass Aufwand und Nutzen in einem guten Verhältnis zueinander stehen. Man möchte also einen möglichst hohen Nutzen mit möglichst geringem Aufwand erreichen. Ein Ziel, das die Überschrift für jedes Corporate-Design-Projekt sein könnte. Dabei sollte allerdings die Betonung auf dem maximalen Nutzen liegen; einem konkreten unternehmerischen Nutzen, der für jedes Projekt genau definiert werden muss. Es sind Dinge wie maximale Sichtbarkeit und Präsenz am Markt, Differenzierung von den Mitbewerbern, Zielgruppenaffinität der Geschäftsunterlagen, Visualisierung der Unternehmensbotschaften, rasche Einsatzfähigkeit von Werbemitteln, kostengünstige Druckproduktion und viele mehr.

Zu viele vermeintliche Effizienzdenker legen jedoch die Betonung auf den minimalen (finanziellen und zeitlichen) Aufwand und nehmen damit bewusst oder unbewusst in Kauf, dass es mit dem Nutzen nicht weit her ist. Oft spielt sich dann folgender Teufelskreis ab: Was man gerade braucht, zum Beispiel eine Website, wird so schnell und so billig wie möglich produziert. Danach muss ein Logo her und natürlich eine Visitenkarte. Schnell und billig. Das neue Logo führt allerdings zu einem Redesign der Website, weil beides nicht zusammenpasst. Leider knittert der Visitenkartenkarton und neue Mitarbeiter gibt es auch. Also alles neu, bitte. Aber billig!

Unternehmerisch gesehen ist das das Gegenteil von Effizienz. Der schnell zusammengeschusterte, in sich nicht stimmige Auftritt bringt weder Nutzen, noch spart er in Summe Kosten. Das geht nach dem etwas in Vergessenheit geratenen Motto «Wer billig kauft, kauft teuer.»

Effizientes Corporate Design bedeutet, einmal genügend Zeit und Geld zu investieren, um danach ohne Folgekosten von hohem Nutzen zu profitieren. Wenn einmal das Fundament eines passenden, stimmigen und praktischen Corporate-Design-Konzepts besteht, kann das ganze Marketing über viele Jahre und Jahrzehnte hinweg darauf aufbauen. Das betrifft auch die Effizienz des täglichen Geschäfts: Von der Ausstattung des neuen Mitarbeiters über die Aktualisierung der Website bis hin zum Messestand - alles geht schneller, günstiger und besser, wenn das Design-Fundament bereits steht.

Kosteneffizienz im besten Sinne ist also etwas, das gutem Corporate Design eigen ist. Es ist also unsere Aufgabe als Design-Unternehmen, die Scheu vor dem Begriff «Effizienz» zu verlieren und ihn statt dessen als gutes Verkaufsargument zu nutzen.

3.10.06

Forget Feng Shui

«Business Feng Shui» ist ein Schlagwort, das schon seit längerer Zeit durch die CD-Szene geistert. Dementsprechend verlangen auch immer mehr Kunden, den Aspekt Feng Shui in die Gestaltung von Logos mit einzubeziehen. Auch wenn man der ursprünglich chinesischen Philosophie einiges abgewinnen kann, führt dieser Trend doch klar in die falsche Richtung.

Feng Shui hat sich in der Gestaltung von Räumen bereits sehr breit gemacht. In der ursprünglichen Idee keine schlechte Sache, geht es doch darum, den Fluss von «Energie» in Räumen sicher zu stellen. Weniger esoterisch ausgedrückt: Unsere Umgebung beeinfluss unser Leben, deshalb ist es sinnvoll, Platz, Raum und Luft zu schaffen. Auch ohne Philosophie, mit etwas Nachdenken und Bauchgefühl kommt man darauf, dass Möbel nicht im Weg herumstehen sollten und Spiegel über dem Bett dem Schlaf nicht zuträglich sind.

Die westliche Esoterik-Welle hat unter dem Titel «Feng Shui» allerdings ein Set von Faustregeln aufgestellt, in denen das Applizieren von Windspielen und ähnlicher Hokuspokus eine große Rolle spielen. Wände werden gemäß Geburtsjahr und -element gestrichen, Bilder dem korrekten Symbolgehalt entsprechend aufgehängt. So wird aus einer Philosophie eine bunte Hexenküche mit Selbstbedienung.

Nicht anders im «Business Feng Shui». Selbstverständlich ist es wichtig, den symbolischen Gehalt eines Logos genau so zu beachten wie eine dynamische Linienführung. Logisch können scharfe Kanten und spitze Winkel negativ wirken, wenn sie falsch eingesetzt werden. Und natürlich passen gewissen Farben besser zu einem Unternehmen als andere. Dazu brauche ich keine Philosophie außer jene des sorgfältigen Designs.

Die Hexenküche des Business Feng Shui schreibt jedoch fixe Zutaten für Firmenfarben und Firmenlogos vor, die sich nach dem Geburtsjahr der Gründerin oder des Gründers und deren/dessen Position im chinesischen Elementesystem richten. Dazu kommt ein sehr beschränktes Set asiatischer Symbole, bei denen man sich je nach Erfolgswunsch bedienen kann. Die Folge davon: Alle «Feng Shui Logos» sehen ungefähr gleich aus. Sie sind meistens rund, blau und verwenden dazu Metalltöne wie Silber und Blau. Sie sind damit verwechselbar, schlecht reproduzierbar und alles andere als individuell. Aber was für ein Qi!

Patentrezepte wie jene der westlichen Feng-Shui-Esoterik sind kontraproduktiv. Sie verstellen Unternehmern wie Designern den Blick auf das, worum es eigentlich geht; mit aller Kreativität Zeichen zu schaffen, die auf einzigartige Weise die Botschaft des Unternehmens kommunizieren. Ob das Resultat gut ist oder nicht, das sollte aufgrund von objektiven Kriterien gemessen werden, nicht mit dem «I Ging».