27.3.06

Angewandte Ikonografie

Es gibt Millionen Logos, aber nur vier Strategien, um mit diesen Zeichen zu kommunizieren. Die erste und scheinbar einfachste ist, mit einem grafischen Zeichen jene Dinge darzustellen, um die es geht. Solche beschreibenden Logos sind uralt. Schon im Mittelalter bezeugten die Handwerker ihre Zugehörigkeit zu einer Zunft mit stilisierten Zeichen: die Brezel für den Bäcker, der Amboss für den Schmied, die Schere für den Schneider.

Solche beschreibenden Zeichen nennt der Semiologe Icons. Sie stellen etwas dar, das in einem direkten Zusammenhang mit dem Unternehmen steht, und sind ohne Erklärung kulturübergreifend verständlich. Diese Klarheit ist der größte Vorteil eines beschreibenden Logos. Mit dem bildlichen Hinweis auf Produkte, Werkzeuge, Gebäude oder den Produktnutzen versteht jeder, worum es geht.

Die Eindeutigkeit beschreibender Logos hat aber auch ihre Nachteile. Ein Icon kann schnell zur Banalität werden. Wenn das Logo zu eindeutig ist, keinerlei Irritation stattfindet, fällt es weniger auf. Die Verankerung im Gedächtnis fehlt, dementsprechend niedrig ist der Wiedererkennungswert des Zeichens. Dazu kommt die Verwechslungsgefahr. Wenn alle Physiotherapeuten ein Strichmännchen und alle EDV-Anbieter einen Computer im Logo haben, dann wird die Eindeutigkeit zum Einheitsbrei.

Wichtiger als das „Was“ ist hier oft das „Wie“. Selbst das fadeste Logo-Icon kann durch eine spannende Gestaltung zum Eye-Catcher werden. Dann, wenn die Augen der Betrachter herausgefordert, Sehgewohnheiten durchbrochen werden. Gepaart mit der klaren Botschaft des Icons entstehen so wirksame beschreibende Logos.

13.3.06

Innere Werte

Dass Corporate Identity nicht künstlich von außen eingeführt und von oben verordnet werden kann, habe ich an dieser Stelle schon erwähnt. Schon gar nicht mit einem neuen Corporate-Design-Handbuch, das den Mitarbeitern verteilt wird und von ihnen ab sofort einzuhalten ist.

Tatsächlich kann Corporate Design die Identität eines Unternehmens stärken. Dann nämlich, wenn sich Unternehmer, Mitarbeiter und Kunden mit dem neuen CD identifizieren. Ein Logo, Visitenkarten oder ein beschrifteter Firmenwagen machen das abstrakte Konstrukt „Firma“ greifbarer, geben ihm eine physische Realität. Es ist einfach ein ganz anderes Gefühl, mit der Image-Broschüre in der Hand sagen zu können: „Das ist mein Unternehmen.“ Wenn dabei etwas Stolz mitschwingt, dann wird Corporate Identity gelebt.

Voraussetzung für dieses Phänomen, das beim Einzelunternehmer genau so zu beobachten ist wie bei großen Firmen, ist, dass möglichst viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Prozess der CD-Entwicklung miteinbezogen werden. Nicht erst bei der letzten Logo-Entscheidung, sondern vor allem dann, wenn die Inhalte und Werte des neuen Auftritts diskutiert werden. Genau so wichtig ist, alle am neuen CD teilhaben zu lassen. Die Putzfrau mag zwar keine Visitenkarten brauchen. Aber wie motivierend wirkt es, wenn sie trotzdem 100 Stück erhält?

Wenn Aspekte wie Gruppendynamik, Motivation und Teambuilding Teil einer CD-Entwicklung werden, dann entsteht mehr als schöner Schein. Dann wächst Identität.

6.3.06

Gesehen werden

Alleine wegen seinem Corporate Design hat noch kein Unternehmen einen Kunden gewonnen. Zumindest nicht direkt. Es läuft eher umgekehrt: Potenzielle Kunden kommen gar nicht erst auf die Idee, ein bestimmtes Unternehmen zu kontaktieren, wenn dieses keinen wirkungsvollen Auftritt hat.

Corporate Design ist keine Werbung, die mit hohem Einsatz von Mitteln kurzfristig Aufmerksamkeit und damit viel Umsatz generieren kann. CD braucht Zeit, um Aufmerksamkeit zu generieren, wirkt dann aber auch nachhaltiger. Gutes CD schafft eine klare Präsenz am Markt für ein Unternehmen, sorgt dafür, dass es über Jahre hinweg stetig wahrgenommen wird. Wenn das Unternehmen klar positioniert ist und das Logo diese Botschaft stärkt, dann werden mit dem Firmenauftritt auch Werte und Inhalte verbunden.

Der erwünschte Effekt ist der Einzug ins „Relevant Set“ der Zielgruppe. Das heißt: Wenn ich einen Bodenleger oder Steuerberater oder Autohändler brauche, dann fällt mir das Unternehmen ein, das ich gesehen, erkannt und wieder erkannt habe. Mit dem entscheidenden Quäntchen Vorschussvertrauen gehe ich dorthin und lasse mir ein Angebot machen. Schließlich gibt es die Firma offensichtlich schon eine Weile und – sie schaut professionell aus.

Diesen Kunden hat das Unternehmen (auch) wegen seines Corporate Design gewonnen. Das zu belegen ist schwierig, da CD als Erfolgsfaktor kaum von anderen strategischen Entscheidungen und Investitionen zu isolieren ist. Genau so klar ist jedoch, dass Unternehmen, die ihren Auftritt vernachlässigen, viel Potenzial verschenken.