7.10.08

Typografie-Tipps 2: Zeilenlänge

Mindestens so oft, wie ich zu engen Zeilenabstand sehe, kommen mir zu lange Zeilen unter. Der Folder im Bild ist mir gestern zugesteckt worden. Ganz abgesehen von der entstellten Typografie des Logos, dem auspixelnden Bild, dem Logofriedhof am rechten Rand und der für Lesetexte absolut ungeeigneten Kapitälchenschrift «Bank Gothic» sind die Zeilen viel zu lang, gehen sie doch (über zwei Falzungen hinweg) quer über fast eine ganze A4-Seite. Der Effekt ist folgender: Wenn meine Augen am Ende einer Zeile angekommen sind, können sie den Anfang der nächsten kaum mehr finden. Der Weg ist einfach zu weit. Weil wir aus Büchern und Magazinen so lange Zeilen nicht gewohnt sind, ist die Versuchung groß, in der Mitte der Zeile gleich zur nächsten zu springen. Leserlichkeit ist anders.

Auch in einer wenigen extremen Ausprägung fallen lange Zeile negativ auf. Schuld ist mal wieder MS Word, das sehr sparsame Seitenränder und damit recht lange Zeilen voreingestellt hat. Wer sehr auf Leserlichkeit achtet, zum Beispiel weil er oder sie Bücher setzt, hält sich an folgende Faustregel: Eine Zeile sollte nicht mehr als ungefähr zehn Wörter bzw. rund 60 Anschläge haben. Darüber wird es mühsam, darunter geht es eher. Kurze Zeilen sind wir aus Magazinen und Zeitungen gewohnt; sie sind für diese Art von mehrspaltigen Rasterlayouts einfach notwendig. Hier ist wieder der Ausgleich des Zeilenabstands wichtig, denn sehr schmale Spalten müssen enger gesetzt werden, damit der Text noch kompakt wirkt. Natürlich dürfen in schmalen Spalten auch die Zeichen selbst nicht zu groß sein, sonst werden zusammengehörige Satzteile über zu viele Zeilen verteilt.

Wie also sind zu lange Zeilen zu verhindern? Eine Möglichkeit ist das Anpassen des Schriftgrads (der Schriftgröße) – die Zeile bleibt gleich, aber ihr Inhalt wird damit geringer. Das führt jedoch oft zu übertrieben großen Schriftgraden, die der Leserlichkeit nicht zwingend dienlich sind. Besser ist meistens, entweder auf mehrspaltigen Satz umzusteigen und/oder die Seitenränder massiv zu vergrößern. Entgegen der volkstümlichen Meinung dient dieser großzügigere Satzspiegel nicht allein dem Strecken von Seminararbeiten, sondern vor allem der Leserlichkeit. Weißraum und der mittelgraue Textblock werden so ausbalanciert, das Auge geführt, Ablenkung links und rechts des Blattes minimiert.

Die Faustregeln für Satzbreite bzw. Zeilenlänge lauten also:

  • Zeilen nicht länger als ca. 60 Anschläge setzen
  • Lange Textblöcke sind mehrspaltig oft übersichtlicher
  • Großzügige Seitenränder sorgen für Übersicht und angenehme Spaltenlänge

Damit verabschiede ich mich für den Rest der Woche. Heimaturlaub!

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