10.6.08

Steve – Das Buch

Nachdem Apples Gründer und CEO Steve Jobs gestern wieder einen großen Auftritt gehabt hat, nutze ich die Gelegenheit für eine Buchvorstellung: «Inside Steve's Brain» von Leander Kahney. Es handelt sich dabei weder um eine Biografie, noch um ein Interview in Buchlänge. Kahney, seines Zeichens Journalist bei Wired und Autor des Blogs Cult of Mac, versucht eher, die Essenz eines Masterminds zu destillieren, eben in Steve's Gehirn einzudringen und daraus Prinzipien zu formulieren, die über den Einzelfall Jobs oder das Phänomen Apple hinausgehen. Gerade das macht das Buch interessant – auch für Leute, die keinen Computer mit Apfel besitzen. Kahney ist dabei zu gleichen Teilen Apple-Fanboy und gründlicher Journalist; Jobs-Bashing wird man hier nicht finden, auch wenn die negativen Seiten seiner Persönlichkeit durchaus vorkommen.

Der Autor widmet sich besonders einem essentiellen Moment in der Firmengeschichte Apples, der Rückkehr des Gründers Steve Jobs zum Unternehmen als iCEO (i für interimistisch), Jahre nachdem er vom eigenen Vorstand hinausgeekelt worden war. Apple musste sich von einem in die Jahre gekommenen, aufgeblasenen Hippie ohne Vision innerhalb kürzester Zeit zu einem schlanken, modernen Unternehmen mit klaren Zielen wandeln. Jobs hatte alles für diesen Job: die Vision, die Klarheit, die Härte. In dieser Zeit entstand der Ausdruck «to be steved» im Slang des Silicon Valley, weil meinen: entlassen, gestoppt, abgedreht werden. Apple machte zu dieser Zeit von allem ein bisschen, eine breite Masse an Rechnern, Laserdrucker, Monitore, einen PDA und viel, viel mehr – machte aber damit kaum Profit. Steve Jobs wollte zurück zu den Grundwerten von Apple: durchdachtes, benutzerfreundliches Produktdesign mit perfekt integrierter Hardware und Software. Und er konzentrierte sich, ein Schock für viele, auf vier Maschinen; je einen Standrechner und einen Laptop für Heimanwender und Profis. Alle vier wurden Hits und moderne Designklassiker: iBook und Powerbook, iMac und G3. Durch radikales Fokussieren (und den radikalen Sprung zu Mac OS X) hat sich Apple aus der Krise gerettet.

Den zweiten großen Teil von Kahneys Buch nimmt die Suche nach dem Geheimnis von Apples Design- und Innovationsprozess ein. Er zeigt auf, dass bei Apple nur die besten Leute arbeiten, immer unter großem Leistungsdruck, aber auch hoch motiviert und überzeugt davon, am größten Ding schlechthin zu arbeiten. Die Teams sind klein und nicht hierarchisch organisiert, jede gute Idee zählt. Typisch für Apple sind die endlosen Reihen von Prototypen, eine an Besessenheit grenzende Vorliebe für kleine Details und die manische Unzufriedenheit des obersten Steve. Erst wenn das Ding perfekt ist, geht es in Produktion.

Als Fallstudie kommt der iPod zum Zug, das Produkt des frühen 21. Jahrhunderts, mit dem Apple sich endgültig saniert hat. Hier konnte Jobs sämtliche seiner Obsessionen ausleben, vom Fokus auf das Userinterface bis zur totalen Kontrolle über Software, Hardware und Content (iTunes Musicstore). Kahneys erstaunlicher Schluss aus der Fallstudie: Apple hat eigentlich immer dasselbe gemacht und gewollt, seit dem ersten Macintosh im Jahre 1984. Doch erst nach dem Jahr 2000, mit der durchdringenden Digitalisierung unseres täglichen Lebens, gab es den dringenden Bedarf für das integrierte Designmodell der Marke Apple. Erst heute brauchen wir ein digitales Zentrum, das dafür sorgt, dass Digitalkamera, Telefon, Walkman, Handycam und Fernseher zusammenspielen und die Daten frei hin- und zurück fließen. Die Welt hat sich zum «Digitalen Lifestyle» hin gewandelt – und Apple scheint das Unternehmen zu sein, dessen Produktphilosophie am besten dazu passt.

Krieg ich jetzt ein iPhone?

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