25.7.07

Against Line Extensions

In der aktuellen «Brand Eins» gibt es wieder einmal etwas zu lernen. Ja, ich weiß, ich zitiere das Magazin etwas häufig, was wohl daran liegt, dass es das einzige Wirtschaftsmagazin ist, das ich wirklich lese. Weil es das einzige ist, das wirklich etwas bringt. Dieser Artikel zeigt einmal mehr auf, was vom Phänomen der Line Extension zu halten ist. Kurz gesagt geht es darum, dass die Marke Blend-a-Med durch die Einführung vieler neuer Geschmackssorten vollkommen verwässert und geschwächt wurde, während Elmex und Aronal mit der selbst auferlegten Beschränkung auf diese zwei Marken langfristig erfolgreich war.

Line Extension bedeutet, eine Marke auf mehrere Produkte auszuweiten, entweder durch neue Sorten oder durch den Transfer der Marke auf gänzlich andere Produkte (z.B. Parfums einer Modemarke). Ersteres wird vor allem von den großen Markenartiklern bis zum Umfallen betrieben. Die immer kürzer werdenden Produktzyklen verleiten die Konzerne dazu, neue Produkte gleich in fünf verschiedenen Varianten (z.B. Geschmacksrichtungen) herauszubringen und dann im Quartalsrhythmus nachzulegen. Das führt zwischenzeitlich dazu, dass ganze Regale im Supermarkt von einer einzigen Marke gefüllt werden.

Das Problem dieser Dach-, Sub- und Subsubsubmarken ist, dass die eigentliche Funktion einer Marke verloren geht: Marken sollen für Orientierung sorgen, ein einzigartiges Versprechen abgeben. Wenn dieses Versprechen dann plötzlich für zwölf verschiedene, ständig variierende Produkte gelten soll, geht irgendwann die Glaubwürdigkeit verloren. Ich zum Beispiel könnte mein Haargel niemandem empfehlen, weil ich einfach den Namen nicht aus dem Kopf rezitieren kann. Ich hab's nachgeschaut, es heißt:

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Eine «Marke» also mit mindestens vier Untertiteln. Das, wo jeder Webdesigner weiß, dass die meisten Menschen spätestens bei der dritten Ebene einer Informationshierarchie aussteigen. Überforderung pur. Also das Gegenteil von Marke.

Die Geschichte erinnert mich an einen Pepsi-Spot aus den 80ern. Ein Mann geht in eine Bar und will ein Cola bestellen. Der Barkeeper fragt: «Was darf es denn sein? Coke, Coke Classic, Cherry Coke, Diet Coke, Koffeinfrei? Oder einfach Pepsi?»

Was ist die Alternative zu diesem Markenwahnsinn? Mit einem Wort: Fokus. Die langfristige Konzentration auf eine Marke und ein dazugehöriges Produkt. Wie es die ebenfalls von mir ständig zitierte Marke Red Bull vorgemacht hat. Das Unternehmen Red Bull ist mehrmals mit neuen Getränken gescheitert, hat aber niemals Schaden davon getragen, weil diese nicht «Red Bull» hießen. Mit der Einführung eines Light-Produkt hat man jahrelang zugewartet, um keinesfalls die Identität der Marke zu gefährden. Keine Experimente, sondern an Sturheit grenzende Konsequenz der Markenführung. Das ist der Weg, um nicht den kurzen Produktzyklen nachzuhecheln, sondern selbst dafür zu sorgen, dass die Zyklen länger werden. Was nur mit starken Marken geht.

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