8.5.07

Top 10 Logo-Klischees

Ein weiser Kollege hat einmal gesagt, ein völlig neuartiges Logo zu gestalten sei, wie in einen Wald zu schießen und keinen Baum zu treffen. Dennoch gibt es Ideen, die etwas zu sehr auf der Hand liegen. Sie werden so oft eingesetzt, dass sie bereits Klischees sind. Logos, die auf solche abgenutzten Bilder setzen, werden schnell verwechselbar und sind oft wenig aussagekräftig.

Dennoch werden immer wieder die gleichen Logos gemacht. Mangels Erfahrung, Wissen und Recherche oder weil der Kunde es will - ich nehme uns selbst da nicht aus. Um das Problem zu illustrieren, habe ich eine Top 10 der beliebtesten Logo-Klischees zusammengestellt. Die Zusammenstellung ist nicht repräsentativ und hat keinen quantitativen Hintergrund, Basis dafür waren die Arbeit der letzten fünf Jahre und offene Augen. Die Reihenfolge der Klischees ist mehr oder weniger austauschbar. Bewusst sind bekannte und unbekannte, professionell gestaltete und selbst gebastelte Logos in den Beispielen gemischt. Es geht nicht darum, ein Werturteil über diese Logos zu sprechen, sondern eine Tendenz darzustellen, die im Markt erkennbar ist.

1. Der Globus

In Zeiten der Globalisierung und des Internets, mit dem man sich die Welt bequem auf den heimischen Schirm holen kann, ist der Globus längst nicht mehr Fluglinien, Speditionen und den Vereinten Nationen vorbehalten. Globales Denken und globale Ansprüche (so anmaßend sie meist auch sind) haben einmal mehr ins Logodesign Einzug gehalten und bescheren uns Weltkugeln ohne Ende. Das typische Meridian-Gitter sieht man seltener, dafür haben dynamische Pinselstriche, Bänder und die web-2.0-typischen Transparenz-Effekte Hochkonjunktur. Nicht alle Ansätze eignen sich gut für Logos, gerade realistisch gehaltene Erdkugeln mit Schattierungen werden in kleiner Darstellung auf verschwommene Kleckse reduziert.

2. Männchen

«Der Mensch steht im Mittelpunkt» ist ein beliebter Satz in Unternehmensleitbildern, dementsprechend nahe liegt die Idee, den Menschen stilisiert ins Logo zu setzen. Zu nahe, vor allem für die Branchen Medizintechnik und Therapie, Sport und Sportartikel. Hier hüpfen die immer gleichen Männchen herum und schaffen das Gegenteil von Differenzierung. Bis auf MySpace haben jedoch die meisten Social Networking Tools im Internet der Versuchung widerstanden.

3. Bögen

Bögen bringen Dynamik in ein Logo-Icon, schaffen Verbindung, bauen Brücken, machen Tempo. Klar, das wollen doch irgendwie alle. Dazu kommen noch all jene, die einfach so aussehen wollen wie Nike. Auch keine gute Basis für ein einzigartiges Logo, wobei ich zugeben muss, dass es einige Beispiele gibt, die wirklich gut aussehen.

4. Initialen

Ein Klassiker aus der Zeit der Siegelringe und Standeswappen: Man nehme einen oder zwei Anfangsbuchstaben und arbeite damit ein Zeichen aus, dass über eine gewisse Identifikationskraft verfügt. Besonders beliebt ist dieses Verfahren heute noch dort, wo der gute Name zählt: bei Modedesignern, Anwälten, Steuerberatern. Mindestens so oft werden Initialen aber nur hergenommen, weil jegliche andere Idee fehlt.

5. Mutierte Buchstaben

Verwandt mit Platz 4: Hier werden einzelne und mehrere Buchstaben eines Schriftzuges vergrößert, gekippt, illustriert oder anderweitig verändert, um herauszustechen. Auch das ein beliebtes Mittel, wenn einem die Ideen ausgehen. Das Verfahren kann schöne Resultate zeitigen, gefährdet jedoch oft die Leserlichkeit, wenn einzelne Buchstaben zu sehr aus dem Wortbild herausfallen. Außerdem handelt es sich oft um einen Effekt um des Effektes willen, der mit der Botschaft der Marke hinter dem Logo nichts zu tun hat.

6. Pfeile

Wir sind zielstrebig, führen das Projekt nach oben, bringen die Dinge auf den Punkt - und das pfeilschnell. Das gilt doch für jedes Unternehmen, zumindest im Selbstbild. Deshalb muss ein Pfeil ins Logo, auch wenn man sich dadurch in einer langen Reihe ähnlicher Markenzeichen hinten anstellen muss. Vielleicht lohnt es sich doch, eine originellere Idee zu suchen?

7. Interpunktion

Ein Liebkind der Typografen, das zur Zeit des Dotcom-Booms heftig durch die Logosphäre grassierte. An allen möglichen und unmöglichen Orten fanden sich Punkte, Doppelpunkte, Schrägstriche und alles, was das Sonderzeichenreservoir so hergibt. Eigentlich schade, dass das Thema Interpunktion so überbenutzt und dadurch banalisiert wurde. Es gibt zum Glück heute wieder schöne, weil überraschende und sinnstiftende Logos aus dieser Ideenschublade.

8. Smiley

Der Smiley hat schon 43 Jahre auf dem Buckel, die Technoszene und das Emoticon :-) haben ihm neues Leben eingehaucht. Gleichzeitig sind wir alle seit frühester Kindheit darauf programmiert, Gesichter zu suchen und zu erkennen. Schon Säuglinge reagieren auf einen Pappteller mit aufgemalten Augen und lächelndem Mund. Lächelnde Logos funktionieren deshalb blendend, solange sie nicht zu omnipräsent werden.

9. Sonne

Die Sonne ist eines der ältesten Symbole der Menschheit und steht meist für eine Gottheit. Heute bedeutet das Symbol oft Lebensfreude, Lebendigkeit und Energie - im wörtlichen wie übertragenen Sinne. Besonders wenn es um Kinder geht, scheint ein Sonnenlogo unvermeidlich zu sein. Die Folge ist eine Banalisierung des Symbols, das heute fast nur noch abgeschmackt wirkt. Das Logo von «bp» zeigt für mich, dass man daraus mit dem richtigen Konzept trotzdem noch etwas machen kann.

10. Yin Yang

Wenn wir korrekt sein wollen, heißt dieses Symbol «Taiji». Es stellt die sich ergänzenden Gegensätze Yin und Yang aus der daoistischen Philosophie dar, und nach diesen wird es normalerweise auch benannt. Mit den Lehren, Praktiken und Therapien kam die Symbolik der traditionellen chinesischen Medizin nach Westeuropa und damit auch eine Flut von Logos, die sich dieser Symbolik bedienen. Wenn Konfuzius darauf ein Geschmacksmuster angemeldet hätte …

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Unter Punkt 5 würde dann auch wohl das Allofin Logo fallen, nehme ich an ?

Jedenfalls kann ich keine "Botschaft der Marke hinter dem Logo" bei selbigem entdecken, insofern muss ich wohl davon ausgehen, dass es sich hier nur "um einen Effekt um des Effektes willen" handelt..

Anonym hat gesagt…

Der Ausdruck "Klischee" beinhaltet schon eine (negative) Wertung. Dafür sind mir doch viele wirklich gute Logos darunter. Wahrscheinlich findet man kaum ein Logo, das sich nicht irgendwo in diese Top 10 einordnen ließe, mir fällt zumindest gerade keines ein. Ich würde das Ganze deswegen vielleicht eher als Top 10 Logo-*Kategorien* bezeichnen.
Und: bei 6. (Pfeile) fehlt mir noch das FedEx-Logo (als Beispiel für eine IMHO gelungene Umsetzung).

Markus Widmer hat gesagt…

Wie erwähnt, auch ich will, kann und muss manchmal mit den altbekannten Drehs arbeiten, die ich hier Klischees genannt habe. Das ist vielleicht etwas zu pauschal, aber durchaus auch selbstkritisch gemeint. Es gibt aber durchaus Lösungen jenseits dieser Kategorien, wie z. B. WWF, UBS, Apple, ...
FedEx ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie man ein Klischee (Pfeil für Paketdienst) nimmt und etwas Großartiges daraus macht. Indem der Pfeil versteckt wird. Deswegen habe ich das Beispiel nicht reingenommen; die meisten Leute sehen den Pfeil spontan einfach nicht.